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Deutschland hinkt bei Digitalisierung des Gesundheitswesens hinterher

Das neue Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hebt den erheblichen Rückstand Deutschlands bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens hervor: „Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Digitalisierung weit hinter anderen europäischen Ländern zurück. Gerade die aktuelle Coronakrise hat schonungslos aufgezeigt, dass das deutsche Gesundheitssystem massive Defizite bei der Digitalisierung aufweist“, so Prof. Dr. Irene Bertschek, Forschungsbereichsleiterin am ZEW in Mannheim und Mitglied der Expertenkommission.

Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern

Sie verweist auf die großen Innovations- und Wertschöpfungspotenziale, die mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens verbunden sind: „Unsere Analyse zeigt, dass digitale Technologien die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern können. Zudem eröffnet die zunehmende Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten in Verbindung mit modernen digitalen Analyseverfahren neue und weitreichende Möglichkeiten für eine stärker personalisierte Diagnostik und Therapie.“

Diese hohen Potenziale werden in Deutschland bisher allerdings verschenkt. So stellt die Expertenkommission fest, dass die Struktur des Gesundheitssystems in Deutschland ein zentrales Hemmnis für die Digitalisierung darstellt. „Die Vielzahl von Akteuren mit verteilten Verantwortlichkeiten behindert die Digitalisierung im Gesundheitswesen ungemein“, so Prof. Dr. Uwe Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission. Zudem erschwert die bisher noch geringe Akzeptanz bei Leistungserbringern die flächendeckende Nutzung digitaler Gesundheitsanwendungen. „Bei Gesundheitsdaten besteht, mehr als in anderen Bereichen, ein Spannungsverhältnis zwischen IT-Sicherheit und Datenschutz auf der einen und den Potenzialen der Datennutzung auf der anderen Seite,“ so Uwe Cantner. „Innovationen im Bereich der personalisierten Medizin und weitreichende Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung werden so ausgebremst.“

Digitalisierungsstrategie entwickeln und rasch umsetzen

Aufgrund der angeführten Hemmnisse empfiehlt die Expertenkommission der Bundesregierung, eine „Digitalisierungsstrategie rasch zu entwickeln und umzusetzen und dabei alle relevanten Akteursgruppen des Gesundheitswesens einzubeziehen“ betont Irene Bertschek. „Um die Interoperabilität zwischen IT-Systemen zu gewährleisten, muss folglich insbesondere der Etablierung interoperabler Standards im Rahmen der Strategie ausreichend Raum gegeben werden.“

Vor dem Hintergrund der bestehenden Hemmnisse bei der Weitergabe und Nutzung von Gesundheitsdaten „befürwortet die Expertenkommission ausdrücklich das im Koalitionsvertrag angekündigte Gesundheitsdatennutzungsgesetz zur besseren wissenschaftlichen Nutzung von Gesundheitsdaten“, so Irene Bertschek. Dabei ist die DSGVO-konforme Nutzung von Gesundheitsdaten für Wissenschaftler*innen so zu gestalten, dass der administrative Aufwand für diese möglichst gering ist. „Um die mit den Daten aus der elektronischen Patientenakte verbundenen Potenziale – wie zum Beispiel passgenaue Diagnosen – ausschöpfen zu können, sollte die Möglichkeit der Freigabe der Daten, insbesondere für Forschungszwecke, möglichst niederschwellig ausgestaltet werden“, so Uwe Cantner.

Nutzung von Telemedizin voranbringen

Telemedizin und digitale Gesundheitsanwendungen können die Gesundheitsversorgung verbessern. Damit die Möglichkeiten der Telemedizin stärker genutzt werden, sind nach Ansicht der Expertenkommission ausreichende finanzielle Anreize für die Leistungserbringer erforderlich. So spricht sich Uwe Cantner dafür aus, „telemedizinische Leistungen in der Einführungsphase mit denselben Honoraren wie vergleichbare konventionell erbrachte Leistungen zu vergüten.“ Um die Akzeptanz von digitalen Gesundheitsanwendungen und Telemedizin zu erhöhen, sollte besser über Funktionsweise, Handhabung und Mehrwert dieser Anwendungen informiert werden.

Roger Homrich

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