Die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen birgt eine 42 Milliarden Euro-Chance – pro Jahr. Das entspricht rund 12 Prozent der gesamten jährlichen Gesundheits- und Versorgungskosten von zuletzt 343 Milliarden Euro. Durch den Einsatz digitaler Technologien können Versorgungsqualität und Kosteneffizienz erhöht und gleichzeitig Behandlung und Betreuung von Patienten sowie die Arbeitssituation des Personals im Gesundheitswesen verbessert werden. Das größte Potenzial bieten dabei die elektronische Patientenakte (ePA), Online Interaktionen und -Terminvereinbarungen zwischen Arzt und Patient sowie die Fernüberwachung und -unterstützung von chronisch Erkrankten. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie von McKinsey & Company mit dem Titel “Digitalisierung im Gesundheitswesen: die 42-Miliarden-Euro-Chance für Deutschland”.
“Das Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen hat sich innerhalb von vier Jahren um rund 8 Mrd. Euro oder 24% erhöht”, erläuterte McKinsey Junior Partnerin Kristin Tuot. “Davon wurden in den vergangenen Jahren nur rund 1,4 Mrd. Euro realisiert”, stellte Kristin Tuot fest. Das seien zwar erste, aber noch keine einschneidenden Erfolge. Zudem sei das Potenzial angesichts weiter steigender Gesundheitsausgaben und der dynamischen Entwicklung der Digitalisierung seither gestiegen.
Für die Studie hat McKinsey das Nutzenpotenzial von 26 digitalen Gesundheitstechnologien analysiert und in sechs Lösungskategorien zusammengefasst:
Online-Interaktionen
Telekonsultation oder Fernüberwachung und Managment chronisch Erkrankter. Diese Lösungen reduzieren vor allem den Zeitaufwand bei Patienten und Ärzteschaft: 12,0 Mrd. Euro (2018: 8,9 Mrd. Euro)
Umstellung auf papierlose Datenverarbeitung
Elektronische Patientenakte und eRezept: 9,9 Mrd. Euro (2018: 9,0 Mrd. Euro)
Arbeitsabläufe/Automatisierung
Mobile Vernetzung von Pflegepersonal oder die auf Barcodes basierte Verabreichung von Medikamenten: 6,7 Mrd. Euro (2018: 6,1 Mrd. Euro)
Entscheidungsunterstützung durch Datentransparenz
Einsatz von Software, um Doppeluntersuchungen von Patienten zu vermeiden: 6,4 Mrd. Euro (2018: 5,6 Mrd. Euro)
Patientenselbstbehandlung
Gesundheits-Apps oder digitale Diagnosetools: 4,6 Mrd. Euro (2018: ebenfalls 4,6 Mrd. Euro)
Patienten-Self-Service Onlineportale zur Terminvereinbarung: 2,5 Mrd. Euro (2018: ebenfalls 2,5 Mrd. Euro).
Das Potenzial von 42 Milliarden Euro setzt sich McKinsey zufolge aus verschiedenen Komponenten zusammen, von denen alle Akteure im Gesundheitswesen profitieren – durch Produktivitätssteigerung einerseits bei den Leistungserbringern (61%) und und durch Nachfragereduzierung (39%) andererseits. Die Produktivitätssteigerungen bei den Leistungserbringern (25,8 Mrd. EUR) verteilen sich auf die stationäre Krankenhausversorgung (12,4 Mrd. EUR), die ambulante (hausärztliche) Versorgung (11,1 Mrd. EUR) und andere Bereiche (2,3 Mrd. EUR), z.B. die Langzeitpflege. Die Ressourcenverwaltung durch Radiofrequenz-Identifikation (RFID) etwa verbessere die Effizienz des Personals und reduziere Inventarverluste in Akutkrankenhäusern. “Das kommt den Patienten zugute, da ärztliches und anderes medizinisches Personal mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten hat”, stellte Stefan Biesdorf fest.
Die Verringerung des medizinischen Bedarfs (16,4 Mrd. EUR) resultiere aus der Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen oder einer Verlagerung hin zu weniger invasiven Untersuchungsmethoden. Das verbessere gleichzeitig die Qualität der Behandlung und die Patientenerfahrung. Als Beispiel nannte Kristin Tuot die Reduzierung der stationären Krankenhausaufenthalte chronisch kranker Menschen dank Fernüberwachung.
Die Digitalisierung verspreche darüber hinaus einen Nutzen auch für angrenzende Bereiche der Wertschöpfungskette. Ein besserer Datenaustausch z.B. eröffne die Möglichkeit einer gezielteren pharmazeutischen Forschung und Entwicklung mit einer entsprechend höheren Wirksamkeit von Therapien.
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