Blockchain im E-Commerce und warum der stationäre Handel verlieren könnte

Die Marktdaten zum Shopping-Verhalten sind ein wesentlicher Treiber des dynamischen Wachstums im E-Commerce, sagt Maurice Glißmann, CEO von Amszscale.

Kaum ein Wirtschaftsbereich ist so stark in Bewegung wie der E-Commerce. Der Online-Handel ist dabei, die stationären Geschäftskonzepte zu verdrängen. Die Aussicht auf Beteiligung an einem Billionenmarkt treibt Brand-Entwickler und Investoren in Richtung E-Commerce. Wie sich die Branche entwickeln wird, vor welchen Herausforderungen der analoge Handel steht und warum der Begriff Demokratisierung von Bedeutung ist, erklärt Maurice Glißmann, Gründer und CEO von Amszcale im Interview.

Herr Glißmann, der Online-Handel ist auch im ersten Quartal 2022 wieder gewachsen. Welche Dynamik im E-Commerce ist für 2023 zu erwarten?
Hier würde ich die Relevanz von Daten als wichtigsten Faktor nennen. Die Marktdaten über das Shopping-Verhalten von Kunden sind die Grundlage für das Geschäftsmodell vieler junger Brands und ein wesentlicher Treiber des dynamischen Wachstums im E-Commerce. Durch den Informationsgewinn werden sich On- wie Offline-Handel noch stärker an Kundenbedürfnissen orientieren und Konversionsraten steigern müssen. Dazu gehören Themen wie Nachhaltigkeit oder Knappheit an Gütern, Stichwort Chipmangel und geschädigte Lieferketten. Hier entsprechende Resilienzen aufzubauen, bleibt ein wichtiger Wettbewerbsfaktor im Online-Handel.

Wird das Zusammenspiel von Online- und Offline-Handel, der Hybride Commerce, trotz Lockerungen zum Standard werden? Welche Fallstricke lauern bei der Erweiterung des analogen Angebots durch digitale Lösungen?
Ich denke nicht, dass dieses Zusammenspiel zum Standard wird. Auch der Handelsverband Deutschland hat zu Beginn des Jahres von einem Existenzkampf für lokale Händler gesprochen. Dies ist auf die schnelllebige und starke Entwicklung des Online-Handels zurückzuführen. Technische Möglichkeiten wie künstliche Intelligenz und speziell angepasste Algorithmen können mittlerweile auch schon online haptische Erfahrungen sowie das Testen von Produkten kompensieren. Analoge Angebote mit digitalen Lösungen zu erweitern, ist meiner Meinung nach bestenfalls eine Übergangslösung, die sich auf Dauer aber nicht durchsetzen wird. Denn für viele Konsumenten ist es mittlerweile zum Standard geworden ihre Einkäufe lieber online durchzuführen. Dank des datengetriebenen Online-Handels ist eine enorme Produktvielfalt und -verfügbarkeit gegeben, welche für ein analoges Angebot kaum realisierbar ist.

Wie sieht es mit Augmented Reality im Online-Handel aus?
Augmented Realitybesitzt das Potenzial, im E-Commerce Produkte und Marken noch näher an den Kunden heranzubringen. Sie zeigt eine virtuelle Version der Ware und erleichtert den Kunden so die Kaufentscheidung. Zudem darf man auch auf die Entwicklungen von Megatrends wie dem Metaverse gespannt sein.

Aber auch dieer Demokratisierung des E-Commerce Marktes wird 2023 und in den Folgejahren das zentrale Thema sein. Wir befinden uns gerade erst am Anfang dieses neuen Trends und erwarten mit Spannung, welchen immensen Einfluss dieser geschaffene Zugang zu diesem unglaublich spannenden Investmentmarkt mit sich bringt.

Es ist also nicht länger nur den großen Händlern vorbehalten, eine leistungsfähige Präsenz im Online-Handel aufzubauen. Welche Rolle spielt die Blockchain für E-Commerce Investments bei der Demokratisierung im E-Commerce?
In Form von sogenannten Security Token spielen sie eine sehr zentrale Rolle. Token, also Einheiten auf Blockchain-Basis, stellen einen Vermögenswert bzw. ein Wirtschaftsgut dar und werden als digitaler Genussschein ausgegeben. Das von uns genutzte Konzept der Tokenisierung kann als digitale Verbriefung von echten Vermögenswerten betrachtet werden. Dazu gehören auch immer alle Rechte und Pflichten, die mit dem zugehörigen Wert verbunden sind, seien es Gewinne oder sogenannte Exit-Erlösrechte. Durch die Tokenisierung werden E-Commerce-Brands zu einer ganz neuen Asset-Klasse. Somit können Anleger, ganz ohne den sonst notwendigen Verwaltungsaufwand durch Vertragsverhandlungen oder Notartermine, ihr Geld direkt in die favorisierten E-Commerce-Brands investieren.

Die Blockchain ist also gleich in zweifacher Hinsicht nützlich. Einerseits ermöglicht sie es Anlegern jeglicher Herkunft, in erfolgreiche E-Commerce-Marken zu investieren und auf diese Weise von ihrer Beteiligung zu profitieren. Auf der anderen Seite hilft die Tokenisierung den E-Commerce-Marken, schnell und vor allem auch unbürokratisch an das so essenzielle Working Capital zur Finanzierung der Produktion ihrer Waren zu gelangen. Unbürokratisch funktioniert diese Methode auch deshalb, weil der Investor die Security Token direkt von der Marke selbst erwirbt. Es braucht also keine Bank als Zwischenhändler und keinen Notar mehr, welche die Hürde und den Zugang zu diesem unglaublich spannenden und rasant wachsenden Investmentmarkt für jedermann zugänglich machen.

Seit 6 Jahren beschäftigen Sie sich mit dem Aufbau schlüsselfertiger Amazon-Marken. Was würden Sie jetzt jemanden empfehlen, der mit Amazon-Handel beginnen möchte?Wer jetzt neu beginnen möchte, braucht ein gewisses Know-how und ausreichende Kapital vor dem Start in den E-Commerce. Generell sind die Problemstellungen, die der wachsende E-Commerce-Markt für Marken bereithält, enorm groß. Herausforderungen in der Supply-Chain und der Vorfinanzierung machen den Einstieg immer schwieriger. Vor allem zu Beginn würde ich somit jedem einen kompetenten Geschäftspartner ans Herzen legen, der einem beim Einstieg unterstützt und berät.

 

Maurice Glißmann
gründete kurz nach seinem Abitur seine erste eigene eCommerce-Firma. Mit dem einfachen Handel von Fremdmarken baute er sich sein erstes Eigenkapital auf. Darauf folgten die ersten Eigenmarken und der internationale Vertrieb. Mit den ersten Beteiligungen fing er an weitere Gesellschaften mit zu gründen und aufzubauen. Nach den ersten Verkäufen spezialisierte er sich neben der grundlegenden Geschäftskonzeptionierung besonders auf den Bereich des Marketings und des Vertriebs.