Echter Wandel fängt beim Einzelnen an
Der abrupte Wechsel von Präsenzkultur und festen Arbeitszeiten auf Hybrid Work, digitale Zusammenarbeit und Vertrauensarbeitszeit darf nicht von oben oktroyiert werden.
Wer hätte zu Beginn des Jahres 2020 gedacht, dass uns eine der größten Krisen der vergangenen 50 Jahre bevorstehen würde. Die Wirtschaft sowie Politik und Bildungseinrichtungen standen vor – auf den ersten Blick – fast unüberwindbaren Hindernissen. Dabei stellte sich die Pandemie jedoch nach dem ersten Lockdown als dringend notwendiger Digitalisierungsschub für Deutschland heraus. Unternehmen und Behörden wurden gezwungen, den Status Quo zu hinterfragen und über Jahrzehnte hinweg gewachsene – und in vielen Fällen auch ebenso lange verkrustete – Strukturen aufzubrechen. Schulen und andere Bildungseinrichtungen wurden auf einen Schlag ins 21. Jahrhundert katapultiert. Mittlerweile funktioniert hier sogar der digitalisierte Unterricht – zumindest größtenteils.
New Normal ist tot – es lebe Never Normal
Jetzt müssen sich die Verantwortlichen jeden Tag aufs Neue fragen, wie man im Arbeitsalltag agil bleiben und sämtliche Arbeitsweisen und -abläufe für maximale Resilienz und Flexibilität gestalten kann. Entscheider müssen den Mut haben, auch augenscheinlich funktionierende Prozesse regelmäßig zu hinterfragen. Denn es gibt überall Optimierungspotenzial und gerade in der Wirtschaft herrscht durch Corona und die diversen anderen Krisen, die seither gefühlt an der Tagesordnung sind, ein maximaler Anpassungsdruck an die jeweiligen Gegebenheiten – frei nach Charles Darwin: „Survival of the Fittest“, nur die Angepasstesten überleben.
Man könnte tatsächlich sogar sagen, dass wir uns mittlerweile in einer Ära des „Unternehmensdarwinismus“ befinden. Es reicht nicht, sich auf dem gerade erreichten Status des „New Normal“ auszuruhen. Stattdessen ist es notwendig, zu erkennen, dass mittlerweile das „Never Normal“ an der Tagesordnung ist – also ein ständiges Hinterfragen des Status Quo und die Bereitschaft über alle Ebenen hinweg, diesen jeden Tag aufs Neue über den Haufen zu werfen.
Ein Beispiel dafür ist ein großer IT-Dienstleister, der seinen ganzheitlichen Beratungsansatz anpasst und auf das sogenannte „Wicked Problem Solving“ (WPS) als Grundlage umstellen wird. WPS ist eine universelle Problemlösungsmethode, die das PMI (Project Management Institute) entwickelt hat und sich nahtlos in die unterschiedlichsten Arbeitsweisen und Projektmanagementansätze integrieren lässt. Dadurch ist sie optimal dafür geeignet, selbst die komplexesten Herausforderungen zu meistern.
Allerdings erfordert ein solcher Change-Prozess nicht nur die passenden Werkzeuge, sondern vor allem die Mitarbeit der gesamten Belegschaft sowie deren Bereitschaft zum Wandel. So müssen sämtliche Mitarbeiter sowie die Unternehmensführung dazu bereit sein, altbewährte Arbeitsweisen und Ansätze über den Haufen zu werfen und sich darauf einlassen, sich an die wandelnden Bedingungen des Post-Corona-Zeitalters anzupassen.
Die Rolle von Projektmanagement
Oftmals starten Unternehmen Change-Initiativen in dem Glauben, dass ein effektives Projektmanagement dafür sorgen wird, dass das Ergebnis stimmt. Dabei sind Projekt- und Change-Management nicht dasselbe. Sie sind jedoch eng miteinander verknüpft, und ihr Erfolg hängt vom Erfolg des jeweils anderen ab. Während das Projektmanagement darauf abzielt, die gewünschten Ergebnisse für das jeweilige Projekt zu erzielen, zielt das Changemanagement darauf ab, die Menschen in der Organisation (sowie die Interessengruppen außerhalb der Organisation) bereit, willens und fähig zu machen, auf neue Weise zu arbeiten.
Ein systematischer Prozess zur Bewältigung des Wandels sollte mit dem Projektmanagement verbunden werden. Ein besonderer Schwerpunkt sollte auf der Unterstützung der beteiligten Personen liegen. Ein effektives Changemanagement bindet die beteiligten Mitarbeitenden auf allen Ebenen ein, sorgt dafür, dass die Menschen im Unternehmen verstehen und sich dafür interessieren, wie sich der Wandel auf ihre Arbeit auswirkt, und stellt sicher, dass die Mitarbeiter über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um die neue Arbeit zu erledigen.
Während der Schwerpunkt des Projektmanagement-Teams im Allgemeinen auf dem Stakeholder Management, der Projektplanung, der Verfolgung von Problemen, der Budgetüberwachung und der Problemlösung liegt, konzentriert sich das Changemanagement-Team auf das Verhalten, die potentiellen Widerstände, das Engagement der Beteiligten, das Führungsverhalten, die Kommunikation und die Unterstützung und Verstärkung der Infrastruktur.
Mut zur Veränderung
Erfolgreiche Veränderungen werden von Projektmanagern mit koordinierten Prozessen sorgfältig und durchdacht zum gewünschten Ergebnis geführt. Die Projektmanager verwenden dabei ihre Erfahrungen und Werkzeuge, um diese Arbeit zu erledigen, z.B. Arbeitspläne, Dokumentationen zum Projektumfang und Risikobewertungen.
Unternehmensweiter Wandel erfordert Mut. Denn gerade die Entscheider müssen dazu bereit sein, sich aus ihrer Komfortzone heraus zu bewegen. Außerdem müssen sie dafür sorgen, dass sämtliche Mitarbeiter dazu befähigt werden, ihren Teil zu einem nachhaltigen und fortwährenden Change-Prozess beizutragen. Denn echter Wandel – sei es nun im Unternehmen, in einer Behörde oder sonst wo – kommt nicht von oben, sondern von innen.
„Don’t be in the change, be the change!“
Bodo Giegel
ist Business Head DACH beim Berufsverband PMI (Project Management Institute). Er hat durch leitende Funktionen als Berater, Projektmanager und Key Account Manager persönlich Erfahrungen zur Bedeutung von Teamarbeit, Teambuilding und Zusammenarbeit.