Ausbau der Glasfaserinfrastruktur in Deutschland kommt zu langsam voran

EWE TEL-Mitarbeiter verlegen ein Glasfaserkabel für das lokale Telefonnetz. (Bild: friso gentsch / eye-work.com)

EY-Studie: Mehrheit der Landkreise bewertet den Stand des Ausbaus der Glasfaserinfrastruktur als unzureichend.

Der Ausbaustand des Glasfasernetzes in Deutschland ist weiterhin unzureichend: 68 Prozent der Breitbandkoordinationsstellen (BBK) in Deutschland bewerten die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen, die die leistungsfähigste Technologie für die Breitbandversorgung darstellen, als schlecht bis sehr schlecht. Dazu passt, dass 75 Prozent der Haushalte in Deutschland über gar keinen Glasfaseranschluss verfügen.

Unabhängig von der jeweils eingesetzten Technologie halten die Koordinationsstellen in Deutschland die Breitbandversorgung in den Landkreisen zwar derzeit für ausreichend, allerdings ist die Glasfasertechnologie nach Ansicht der BBK Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Breitbandversorgung in Deutschland – 89 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage zu. Der flächendeckende Ausbau sei dabei der wichtigste Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Erweiterung der Glasfaserinfrastruktur. 

Das sind Ergebnisse einer Studie von EY zum Glasfaserausbau in Deutschland, für die 111 Breitbandkoordinationsstellen befragt wurden. Beim Ausbau von Glasfaseranschlüssen bis zum Kunden steht Deutschland auf den letzten Plätzen im OECD-Vergleich – 75 Prozent der Haushalte haben gar keinen Glasfaseranschluss. 

Förderprogramme sollen Versorgungslücken bei Glasfaser schließen

Rund 70 Prozent der befragten BBK planen, am „Graue-Flecken-Programm“ teilzunehmen – eine Förderung des Bundes, die die Kommunen beim Glasfaserausbau unterstützt. Ohne staatliche Förderprogramme wird der Glasfaserausbau nicht schnell genug vorankommen, vor allem in Regionen, in denen ein eigenwirtschaftlicher Ausbau unrentabel ist. Das Problem: Bisher nahm das Programm nur die „hellgrauen Flecken“ in den Blick, was bedeutet, dass nur Adressen berücksichtigt werden konnten, die eine Geschwindigkeit von weniger als 100 MBit/s im Download erreichen. Aus Sicht der BBK ist diese Schwelle jedoch wenig attraktiv, weshalb 60 Prozent der Verantwortlichen in den Kreisen auf den Jahresbeginn 2023 warten – dann soll die Aufgreifschwelle für förderfähige Ausbaumaßnahmen auf eine Datenrate von 200 Mbit/s im Down- und Upload angepasst werden. Somit werden also deutlich mehr Adressen förderfähig. 

Bei der Wahl des Fördermodells ist es wenig überraschend, dass alle BBK, die in der Vergangenheit auf eine Förderung im Betreibermodell gesetzt haben, auch künftig dieses Modell präferieren. Mit 68 Prozent der befragten BBK setzt auch künftig der Großteil auf das Wirtschaftlichkeitslückenmodell. Einige erwägen für die Zukunft aber auch einen Wechsel des Modells, weg von der Wirtschaftlichkeitslücke, hin zum Betreibermodell, was die Anzahl der Betreibermodelle um 20 Prozent ansteigen lassen könnte.

BBK können außerdem mithilfe sogenannter Markterkundungsverfahren (MEV) durch Abfrage des eigenwirtschaftlichen Ausbauinteresses von Telekommunikationsunternehmen (TKU) eine Steigerung in Bezug auf die Flächenabdeckung erzielen. Im besten Fall folgt dem MEV eine koordinierte Zusammenarbeit bei der Umsetzung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus. Und aus Sicht der BBK funktioniert diese Zusammenarbeit überwiegend gut: 41 Prozent der Befragten bewerten die Kooperation mit den Unternehmen positiv, nur 23 Prozent sind nicht zufrieden. 

Strategien zum Ausbau sind gefragt

Beim Ausbau einer möglichst eigenwirtschaftlichen und von Förderprogrammen unabhängigen Breitbandinfrastruktur sind für die Landkreise andere Faktoren relevant. „Insbesondere zuverlässige Partner und zukunftsfähige Konzepte sind wichtige Bausteine für die Eigenwirtschaftlichkeit eines öffentlichen Unternehmens“, erklärt Olaf Riedel, Leiter des Sektors Technologie, Medien & Telekommunikation in Deutschland und Autor der Studie. Der mit Abstand wichtigste Faktor ist aber die Flächendeckung des Ausbauangebots. Um echte Glasfaseranschlüsse für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen zu generieren, lehnen die BBK den reinen Ausbau attraktiver Zentralbereiche mehrheitlich ab. „Das sogenannte Cherry-Picking der TKU geht mit dem Risiko später deutlich höherer Förderbedarfe zur Herstellung einer echten FTTH-Flächendeckung einher. Daher müssen die Kommunen und die BBK auf die Flächendeckung der eigenwirtschaftlichen Ausbauangebote der TKU achten“, so Korbinian Kraus, Senior Manager bei EY und ebenfalls Autor der Studie

Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur fällt in Deutschland in den Kompetenzbereich der Länder. Daher unterscheidet sich die Struktur und Umsetzung der Breitbandkoordination von Bundesland zu Bundesland, weshalb auch das Engagement rund um die Betreuung variiert. 

Um den Ausbau zu beschleunigen, gab es im letzten Jahr Zusagen für über 60 Milliarden Euro Investitionen von Telekommunikationsunternehmen für den eigenwirtschaftlichen Ausbau. Aber auch die Förderung ansonsten nicht wirtschaftlich erschließbarer Gebiete ist ein Instrument, um Abhilfe zu schaffen. Am 19. Oktober vermeldeten die Projektträger des BMDV nun allerdings, dass der aktuelle Fördertopf leer sei. „Das zeigt: Wie die Fortsetzung des Programms aussieht, ist ungewiss“, so Kraus. Zwar gab es im vergangenen Jahr so viel Zuwachs an Glasfaseranschlüssen wie noch nie, „doch wie die tatsächliche Lage in einer Kommune oder einem Kreis aussieht, unterscheidet sich stark und wird auch von der Organisation und Umsetzung der Arbeit auf der Ebene der Koordinierungsstellen der rund 400 Kreise beeinflusst“, ergänzt Kraus.