Neue Cyber-Angriffstechnik stiehlt Daten von Air-gapped-Systemen
Die Angreifer nutzen vom Ziel-System erzeugte elektromagnetische Strahlung. Sie benötigen jedoch physischen Zugriff auf das zu kompromittierende System.
Cybersicherheitsforscher haben eine neue Angriffstechnik demonstriert, die es Bedrohungsakteuren ermöglichen könnte, besonders gut geschützte IT-Systeme zu kompromittieren. Die Methode richtet sich gegen sogenannte Air-gapped-Systeme, die aufgrund der von ihnen verarbeiteten und gespeicherten kritischen Daten weder mit dem Internet, noch mit restlichen Unternehmensnetzwerk verbunden sind.
Forschern der Ben-Gurion University of the Negev ist es jedoch gelungen, auch solche isolierten Systemen auszuspähen. Sie nutzen dafür niederfrequente elektromagnetische Felder, die vom Ziel-System erzeugt werden.
“Die Attacke ist hochgradig ausweichend, da sie von einem gewöhnlichen Prozess auf Benutzerebene ausgeführt wird, keine Root-Rechte erfordert und sogar innerhalb einer virtuellen Maschine wirksam ist”, schreibt Mordechai Guri, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung des Cyber Security Research Center an der Ben-Gurion-Universität, in einem kürzlich veröffentlichten Forschungspapier.
Für den Covid-Bit genannten Angriff ist es ein physischer Zugang zum Ziel-System erforderlich. Dabei muss eine Schadsoftware über einen USB-Stick eingeschleust werden – man geht davon aus, dass beispielsweise auch Stuxnet auf diesem Weg im Jahr 2010 die iranischen Anlagen zur Urananreicherung infiltriert hat.
Der eingeschleuste Schadcode wiederum missbraucht die Stromversorgung eines Computers und manipuliert die Auslastung der CPU-Kerne. Dabei werden den Forschern zufolge elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich zwischen 0 und 60 KHz erzeugt. Die Strahlung soll es schließlich erlauben, vertrauliche Informationen wie Dateien, Verschlüsselungsschlüssel, biometrische Daten und Tastatureingaben – inklusive Anmeldedaten und private Schlüssel für Bitcoin Wallets auszuspähen.
Aufgrund der niedrigen Frequenzen weisen die Forscher darauf hin, dass vor allem die Übertragung größerer Datenmengen viel Zeit benötigt. Empfangen lassen sich die Daten beispielsweise mit einem mit einer kleinen Zusatzantenne versehenen Smartphone in einem Umkreis von rund zwei Metern um das Zielsystem. Der Empfänger kann sich den Forschern zufolge auch in einem Nachbarraum befinden, da die elektromagnetischen Strahlen auch Wände durchdringen.
Erkennen lassen sich solche Angriffe unter anderem über Sicherheitsanwendungen, die ungewöhnliche CPU-Muster erfassen. “Sicherheitssysteme wie Anwendungen zum Schutz und zur Erkennung von Malware können überwachen, wie laufende Threads die CPU-Kerne nutzen, um verdächtige Muster zu erkennen. Im Falle von COVID-Bit würden Threads, die die CPU-Auslastung dauerhaft verändern, für weitere forensische Untersuchungen gemeldet werden”, erklärte Guri.