Mit dem richtigen Mindset zum Ziel
Wie Unternehmen 2023 verantwortungsvoll erfolgreich sind, erklärt Gastautor Bodo Giegel vom Project Management Institute.
Wer auf die letzten 12 Monate zurückblickt, weiß, einiges hat die Welt in Atem gehalten: Von Klimaprotesten, über hitzige Debatten zum Thema Menschenrechte bis hin zu langanhaltenden Diskussionen über Energiepolitik und nicht zu vergessen COVID-19 – unerwartete Veränderungen beeinflussten dabei den Alltag auf unterschiedlichste Art und Weise.
Was aber wird bleiben und welche Lektionen können Unternehmen für 2023 mitnehmen? Welches Mindset hilft bei der Bewältigung von digitaler Disruption, Klimakrise und demographischem Wandel und sorgt für verantwortungsvolles Wirtschaften? Basierend auf eigenen Studien sowie Reports wagt das Project Management Institute (PMI), als weltweit führender Berufsverband im Bereich Projektmanagement, einen Ausblick und verrät, welche Fähigkeiten für Unternehmen im neuen Jahr erfolgsentscheidend werden.
Mitarbeitende befähigen
Betriebe weltweit mussten sich auf eine Abwanderung von Mitarbeitenden und somit dem Verlust von institutionellem Wissen einstellen. Und auch in Deutschland schrumpft der Talentpool nicht nur aufgrund der demographischen Entwicklung. In Anbetracht dieser Schwierigkeiten setzen bereits viele Unternehmen auf Weiterbildung und Umschulung bestehender Talente. Die wirtschaftlichen Vorteile eines solchen Ansatzes liegen auf der Hand, und immer mehr Betriebe erkennen den positiven Einfluss, den dies auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben kann.
Dass eine Korrelation zwischen Mitarbeiterfähigkeiten und dem Projekterfolg besteht, zeigt auch der Pulse of the Profession Bericht 2023 von PMI. Dabei können vier Kernkompetenzen gängige Negativergebnisse im Projektmanagement ins Positive umkehren: Kommunikation, Problemlösung, kooperative Führung und strategisches Denken. Diese Fähigkeiten zählt PMI zu den sogenannten Power Skills, also den kritischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, um langfristig und nachhaltig erfolgreich zu sein.
Umso erstaunlicher ist es, dass Unternehmen weiterhin jede zweite Weiterbildungsstunde (46 %) in den Auf- und Ausbau von technischen Fähigkeiten investieren und nur knapp jede dritte in die Entwicklung von Power Skills fließt (29 %). Obwohl neun von zehn Projektmitarbeitende angaben, dass Power Skills ihnen dabei helfen, intelligenter zu arbeiten, wird sich ihrer Meinung nach nicht viel im Hinblick auf Weiterbildungsangebote ändern. Insbesondere die Kosten für Seminare, Schulungen und Zertifikate werden hier allgemein als größtes Hindernis für die Mitarbeiterentwicklung gesehen, dicht gefolgt von einem fehlenden Bewusstsein für den Wert von Weiterbildung in der Praxis. Denn der Aufbau einer effektiven Lernkultur erfordert Zeit, Ressourcen und oft ein Umdenken in der Organisation. Und auch wenn dies herausfordernd klingen mag, können Maßnahmen zur Weiterbildung einen langfristigen Nutzen besonders für junge Fachkräfte und die künftige Richtung des Unternehmens bringen.
Verantwortungsvoll wirtschaften
Soziale Proteste und die Klimakonferenz der UN (COP27) führten 2022 noch einmal eindringlich vor Augen, wie wichtig verantwortungsvolles Wirtschaften ist. Im Gegensatz zu vielen anderen unternehmerischen Herausforderungen ist Nachhaltigkeit eine, mit der sich Mitarbeitende aller Generationen identifizieren können, wobei z.B. für die Gen Z der Fokus auf Nachhaltigkeit ein Muss ist. In Zukunft wird die Politik zunehmend von Unternehmen fordern, Nachhaltigkeitspraktiken in Projekte und Prozesse einzubinden – vor allem wenn die Auswirkungen der globalen Erwärmung gestoppt werden sollen.
Ein solch ehrgeiziges Ziel bringt jedoch auch Herausforderungen in der Praxis mit sich. Die grüne Vision für die Zukunft ist erstrebenswert, aber eine Netto-Null-Wirtschaft kann nicht von Menschen ohne grüne Fähigkeiten umgesetzt werden. Grüne Kompetenzen, ob nun im ESG-Bereich oder ganz allgemein, müssen in die Organisationskultur eingebettet werden, bis eine nachhaltige Arbeitsweise zum Standard wird. Zum unverzichtbaren Know-how gehört hierbei kreatives Problemlösen, kritisches Denken sowie Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, mit verschiedenen Interessengruppen zu interagieren.
Der Aufbau grüner Kompetenzen zahlt sich dabei für Unternehmen aus: Der ESG Imperative Report von PMI zeigt auf, dass bereits heute jede zweite Organisation einen höheren Return On Invest (ROI) verzeichnet, wenn es ESG-Ansätze berücksichtigt. In den kommenden 24 Monaten rechnen sogar zwei von drei Firmen damit, ihren Umsatz zu erhöhen. Durch den Einsatz der vier Power Skills – Kommunikation, Problemlösung, kooperative Führung und strategisches Denken – kann zudem ein Scheitern bei etwa 80 Prozent der Projekte vermieden werden. Unternehmen müssen dabei einen adaptiven Ansatz wählen und sich systematisch mit der Problemstellung auseinandersetzen, bevor sie sich auf das Erreichen von Ergebnissen konzentrieren.
Datennutzung optimieren und künstliche Intelligenz integrieren
Die Digitalisierung war in den letzten Jahren ein solider Pfeiler, der stetige Verbesserungen bei Abläufen und Prozessen lieferte. Als Katalysator für die digitale Transformation hat die Corona-Krise den Strukturwandel noch einmal beschleunigt und etwa auch die Arbeitsorganisation in Richtung Homeoffice verschoben. Das führte zu radikalen Veränderungen in ganzen Branchen und wird die traditionellen Mittel der Wertschöpfung auf den Kopf stellen.
Für die Unternehmen, die auf ihrem digitalen Weg bereits erfolgreich sind, ist die Optimierung der Datennutzung ein nächster logischer Schritt. Für Projektmanager:innen ist die intelligente Nutzung von Daten und künstlicher Intelligenz wie z.B. ChatGPT der Schlüssel, um die Produktivität zu steigern, Zeit einzusparen und Innovationen zu fördern. 2022 hat PMI gemeinsam mit PwC den PMO Maturity Report erstellt, in dem ermittelt wurde, was die zehn besten Prozent der weltweiten Projektmanager:innen von ihren Kolleg:innen unterscheidet: In Bezug auf Datennutzung übertrafen führende Projektmanager:innen den weltweiten Durchschnitt bei der Verwendung von Datenanalysen (65 % vs. 50 %) und Automatisierungswerkzeugen (59 % vs. 45 %) für evidenzbasierte Entscheidungen.
In den nächsten Jahren wird die Datenerfassung die Grundlage für die Ausbreitung disruptiver Technologien und die fortgesetzte digitale Transformation bilden. All dies hat natürlich auch eine Schattenseite: Die Nachfrage nach Ethik- und Compliance-Projektmanager:innen wird steigen, und alle Projekte müssen eine ganze Reihe neuer Überlegungen einbeziehen.
Fest steht, wer für die Anforderungen von morgen gewappnet sein möchte, benötigt das entsprechende Mindset. Der Ausblick von PMI auf 2023 zeigt, dass es dabei für Unternehmen vor allem gilt Mitarbeitende zu befähigen, verantwortungsvoll zu wirtschaften, die Datennutzung zu optimieren und künstliche Intelligenz zu integrieren.
Bodo Giegel
ist Partner Success Manager beim Project Management Institute, einem Berufsverband für Projektexperten und Changemaker. In leitenden Funktionen als Berater, Projektmanager und Key Account Manager hat Giegel einen breiten Erfahrungsschatz und persönlich Einblicke bekommen, wie wichtig es für Unternehmen ist, Teamarbeit, Teambuilding und Zusammenarbeit zu fördern und kontinuierlich zu verbessern.