Auf der COP 27-Klimakonferenz in Sharm-El-Sheikh, die im November 2022 stattfand, diskutierten führende Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft darüber, wie man die Landwirtschaft nachhaltiger macht, die Abholzung von Wäldern verhindert, die Weltmeere schützt und illegale Aktivitäten unterbindet, die Ökosysteme gefährden, z. B. im Bereich Bergbau oder illegale Fischerei.
Aber wie genau können wir bei einer Erdoberfläche von 510 Millionen Quadratkilometern verstehen, was in schwer zugänglichen Ökosystemen passiert? Schließlich ist es nicht möglich, jeden einzelnen Baum zu überwachen.
Dank der jüngsten Fortschritte in der Satellitentechnologie ist das auch gar nicht nötig. Die heutigen kommerziellen Satelliten können hoch detaillierte Bilder mit einer Auflösung von bis zu 30 cm aufnehmen, die Dutzende von Kilometern im Durchmesser abdecken. Außerdem verfügen sie über eine genaue Geolokalisierung bis auf 3,5 Meter. So kann alles, was auf einem Satellitenbild zu sehen ist, auch problemlos einem entsprechenden Koordinatensatz zugeordnet werden. Es überrascht also nicht, dass satellitengestützte Bilder zu einem wichtigen Instrument für den Umweltschutz und die Analyse von Ökosystemen werden.
Durch den Klimawandel werden maritime Ökosysteme bedroht. Der Anstieg des Meeresspiegels und die Erwärmung der Wassertemperaturen haben schädliche Auswirkungen wie giftige Algenblüten und Korallenbleichen. Zusätzliche Schäden werden durch Überfischung und Verschmutzung verursacht, was einige Arten von Meerestieren an den Rand des Aussterbens drängt.
Wasser bedeckt fast drei Viertel der Erdoberfläche. Die Weite der Ozeane bedeutet auch, dass es beinahe unmöglich ist, ein genaues Verständnis über maritime Ökosysteme zu haben. Die einzige Chance, sich einen Überblick zu verschaffen, ist mithilfe von Satellitenbildern.
Eine Möglichkeit, wie Satelliten zum Schutz unserer Ozeane beitragen, ist die Überwachung kommerzieller Fischtrawler. Diese sind gesetzlich dazu verpflichtet, Transponder für automatische Identifikationssysteme mit sich zu führen. Allerdings deaktivieren Schiffe, die illegal fischen, diese oft, um der Entdeckung zu entgehen. So bleiben die Behörden über diese Aktivitäten im Dunkeln. Die Erdbeobachtung per Satellit ermöglicht es Regierungen und NGOs, die Hotspots der illegalen Fischerei genau zu überwachen und die entsprechenden Schiffe zu identifizieren.
Neben der Überwachung illegaler Aktivitäten auf den Weltmeeren können wir mithilfe von Satellitenbildern auch Küstengebiete besser verstehen und dort die Wassertiefe, -qualität und -klarheit besser einschätzen. Die aufgenommenen Satellitenbilder können nachträglich auf der Grundlage von Daten multispektraler Bänder eingefärbt werden. So werden Einblicke offenbart, die auf den ersten Blick verborgen und nicht sichtbar sind. In Abbildung 1 liefert das multispektrale Deep Blue Band von Airbus ein klareres Verständnis über die Wassertiefe und verbessert so die Sicherheit in der Schifffahrt.
Der Einsatz von Satelliten über Land bietet ebenfalls viele Möglichkeiten und Vorteile. Zum Beispiel gibt es neue multispektrale Bänder, die eine nachhaltige Landwirtschaft unterstützen. In Abbildung 2 werden durch die Analyse des Red Edge Spektralband von Airbus die Chlorophyll-Werte von Pflanzen gezeigt. Das Überwachen von Chlorophyll-Werten spielt eine wichtige Rolle, um die Stickstoff-Werte im Blick zu behalten. Das erlaubt es Landwirten, besser einzuschätzen, wie sie die Vitalität der Pflanzen verbessern können.
Es ist wichtig festzuhalten, dass durch die Kombination des spektralen Detailreichtums des Bildes mit Verfahren zur Pflanzenmodellierung vollständige Karten von sog. biophysikalischen Parametern erstellt werden können. Diese erlauben es, den Zustand und die Vitalität von Pflanzen zu charakterisieren. Zum Beispiel wurde in Abbildung 3 dasselbe Bild benutzt wie in Abbildung 2, um diesmal den Blattflächenindex, d. h. die Blattfläche pro Bodenoberfläche, zu messen. Diese Information hilft Landwirten, bessere Entscheidungen zu treffen, wenn es um die spezifischen Bedürfnisse von Pflanzen innerhalb derselben Ackerfläche geht. Typische Vorteile umfassen zum Beispiel die maßgeschneiderte Bewässerung von Pflanzen in einem bestimmten Gebiet, was eine nachhaltigere Wassernutzung ermöglicht.
Durch den Klimawandel kommen Überschwemmungen, Dürren, Lawinen, Wirbelstürme, Erdrutsche und Waldbrände häufiger vor. Und das auch in Regionen, die normalerweise von extremen Wetterbedingungen nicht betroffen sind.
Es gibt keine Alternative zur satellitengestützten Erdbeobachtung, wenn es darum geht, Erkenntnisse über Naturkatastrophen zu sammeln. Besonders, wenn die Einschätzung der Situation direkt vor Ort zu gefährlich ist.
Es ist dabei wichtig festzuhalten, dass neue Fortschritte in der Satellitentechnologie die Flexibilität beim Tasking von Satelliten stark erhöht haben. Dringende Tasks können mit nur 30 Minuten Vorlaufzeit geplant werden, was den Nutzen von Satellitentechnologie in Notsituationen und bei Naturkatastrophen deutlich erhöht.
Nehmen wir das Beispiel des Hurrikans Mananjary in Madagaskar im Frühjahr 2022. Die lokalen Behörden und NGOs konnten dank Satellitenbildern leicht erkennen, welche Areale überflutet waren, und dort Hilfe leisten sowie sichere Zugangsrouten planen.
Nach dem Hurrikan und der Flut haben die Behörden die Satellitenbilder genutzt, um den Grad der Zerstörung zu bewerten. Vergleicht man die Abbildungen 7 und 8 miteinander, wird deutlich, welche Gebäude beschädigt wurden, so dass der Wiederaufbau entsprechend geplant werden kann.
Wir befinden uns an einem wichtigen Wendepunkt bei der Nutzung von Satellitenbildern. Die jüngsten technologischen Entwicklungen bedeuten, dass die Qualität der Bilder erstmalig hoch genug ist, um kleinste Details zu erkennen. Gleichzeitig können dank der Fortschritte bei Big Data und Künstlicher Intelligenz riesige Datenmengen verarbeitet und analysiert werden. Dadurch können Trends und Anomalien erkannt werden.
Es liegt nun an den Regierungen, Behörden, NGOs und Privatunternehmen, sich diese Technologie zunutze zu machen. So können sie mit der Zeit Anwendungsfälle schaffen, dank derer nicht nur reagiert, sondern auch aktiv gehandelt wird.
Ein Beispiel hierfür, das schon heute existiert, ist Starling. Starling ist ein digitaler End-to-End-Service, der die Abholzung von Wäldern überwacht und von großen, weltweit agierenden Mode- und Fast-Moving-Consumer-Goods-Unternehmen genutzt wird. Das Starling-Online-Portal kombiniert satellitengestützte Bilder von Wäldern mit Lieferkettendaten seiner Nutzer, wie Lieferanten von Palmöl, Kakao, Kaffee, Zellstoff und Papier. Durch die Kombination von Satelliten- und Lieferkettendaten können Unternehmen mit Lieferanten zusammenarbeiten und gegen die Abholzung von Wäldern vorgehen bzw. auf eine nachhaltigere Alternative umsteigen.
Es gibt keinen Grund, warum dieser End-to-End Ansatz nicht auch in anderen Bereichen angewendet werden kann. So können die Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Erdrutschen, Lawinen und Vulkanausbrüchen vermindert werden, auf die man sich oft anhand von charakteristischen geografischen Merkmalen vorbereiten kann, die vom Weltraum aus analysiert werden können. Zusätzlich können satellitengestützte Daten von Behörden dazu genutzt werden, um die Entwicklung nachhaltiger Städte voranzutreiben. Z. B. lassen sich städtische Hitzeinseln erkennen oder es wird sichergestellt, dass die Bebauung Abstand hält von überschwemmungsgefährdeten Gebieten.
Insgesamt sind die Möglichkeiten von satellitengestützten Daten im Bereich Umweltschutz und Umweltanalyse unendlich. Der Erfolg wird von der Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor abhängen, um sicherzustellen, dass die Beteiligten proaktiv mit satellitengestützten Bildern arbeiten.
Wendy Carrara
ist Senior Manager for Digital & European Institutions bei Airbus Defence and Space
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