Sieben von zehn deutschen Unternehmen nutzen Systeme mit offenem Quellcode – und
sind zufrieden. Ich habe mir die gängigen Vorurteile genauer angeschaut und
will sie ausräumen.
Der Begriff Open Source entstand in den späten 1990er Jahren, die Idee dahinter gibt es
aber bereits seit den 80ern. Zu dieser Zeit, als etwa Apache, das GNU–Projekt oder Linux
gerade erst auftauchten, hätte das Konzept eines offenen Quellcodes nur eine
Randerscheinung bleiben können. Doch entschlossene Entwickler wie Linus Torvald
setzten sich durch. Open Source ist längst weltweit zu einem wirtschaftstreibenden
Faktor geworden. Red Hat, ein US–amerikanisches Open–Source Unternehmen wurde
beispielsweise 2019 vom IT–Riesen IBM für rund 34 Milliarden US–Dollar übernommen
und seitdem entwickelt sich die Open–Source–Sparte immer mehr zum Umsatztreiber des
IT–Giganten. Aber auch aus Deutschland kommen immer sehr erfolgreiche Player wie
SUSE. Das Nürnberger Unternehmen erwirtschaftete in 2020 immerhin Umsätze von
einer halben Milliarde US$. Randerscheinungen sehen anders aus. Oder auch Mastodon,
das Open–Source–Projekt aus Berlin ist mit einem exponentiellen Wachstum gerade auf
einem guten Weg, Twitter abzulösen.
Möglich. Bei einer offenen Software kann jeder User den Quellcode einsehen und
editieren. Auch böswillige Hacker, indem sie Angriffspunkte angreifen und die Systeme
infiltrieren. Tatsächlich sorgt gerade diese Offenheit für mehr Sicherheit. Durch die
Zusammenarbeit großer Communities aus privaten Anwendern, Mitarbeitern in
Unternehmen, Behörden und Ministerien sowie Open Source–Anbietern wird der Code
genau beobachtet. Einfallstore und Sicherheitslücken werden sehr schnell erkannt und
geschlossen. Schneller, als es mit proprietärer Software möglich wäre. Bekanntes
Beispiel ist der Internetbrowser Firefox, bei dem die User ununterbrochen zum
Datenschutz beitragen und die Sicherheit mit extern entwickelten Erweiterungen
erhöhen.
Gewollt oder ungewollt kann tatsächlich jeder Bugs und Fehler in den Code einbauen.
Allerdings ist die Chance gering, dass es eine fehlerhafte Programmzeile in eine
freigegebene Version schafft. Alle Änderungen werden dokumentiert und sind jederzeit
nachvollziehbar. Sie werden getestet und, falls nötig, wieder entfernt. Wer schon mal bei
Wikipedia mitgearbeitet hat, kennt das. Sobald eine Änderung in einem Artikel auftaucht,
wird der Text überprüft und schnell korrigiert. Aber nicht nur der Sicherheitsgedanke
spielt eine entscheidende Rolle. Je nach Anforderungen und gewünschten Funktionen
lassen sich Open Source–Systeme schnell individuell konfigurieren. Durch offene
Schnittstellen ist die Integration in vorhandene Systemlandschaften bei weitem leichter
als mit Closed Source–Systemen.
Open Source–Communities bestehen nicht aus Hobby–Entwicklern. Die User sind meistIT–Experten aus unterschiedlichen Branchen, die Software professionell nutzen. Durch Diversität, Transparenz und das gewaltige Know–how entstehen Ideen, Features und Funktionen, die es sonst wahrscheinlich nie in ein Programm geschafft hätten. Die Entwickler hinter der Software arbeiten nach genauen Fahrplänen, bevor sie eine neue Version veröffentlichen. Von einer losen Gruppe aus Nerds kann nicht die Rede sein.
Mitarbeiter von IT–Unternehmen, die businessrelevante Open Source–Software anbieten,
agieren in der Regel professionell und zügig in der Umsetzung von Kundenwünschen.
Denn Qualität und Geschwindigkeit sind sehr wichtige Faktoren für Anwender von Open
Source–Software. Deswegen liegt der Fokus der Anbieter auf der marktorientierten
Weiterentwicklung, sehr gutem Service und zuverlässiger Maintenance. Sie wissen, dass
Erfolg vergänglich ist. Bei Stillstand können User schneller abspringen, da Open–Source–
Lösungen eben von Natur aus auch niedrigere Abhängigkeitsgrade als Closed–Source–
Alternativen aufweisen. Eine größere Kundenfokussierung als im Open Source–Bereich
gibt es daher nur selten.
Kleine Betriebe, Mittelständler und globale Konzerne nutzen Open Source–Lösungen.
Besonders wenn sie zur sogenannten Kritischen Infrastruktur gehören. Auch Ministerien,
Behörden oder Krankenhäuser verwenden offene Software. Ein großer Vorteil ist unter
anderem die leichte Auditierbarkeit. Oft eine sehr wichtige Anforderung für den
professionellen Einsatz im Öffentlichen Sektor. Das hat auch die aktuelle
Bundesregierung erkannt. Bereits im Koalitionsvertrag einigten sich die beteiligten
Parteien auf eine stärkere Förderung von Open Source–Lösungen und damit der Digitalen
Souveränität. Im Sommer 2022 erhöhte die Ampelkoalition den Etat hierfür auf
insgesamt 51 Millionen Euro. Das ist zwar noch vergleichsweise wenig, aber immerhin ein
Schritt in die richtige Richtung.
Das ist natürlich abhängig von der jeweiligen Open Source–Lösung und inwieweit ein
professionell agierendes Unternehmen oder eine entsprechende Community
dahintersteckt. Beispielsweise für unsere eigene Open Source–ITSM–Software KIX ist
professioneller Support integraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Das reicht vom
ersten Analysegespräch und der Bestandsaufnahme über die Implementierung bis hin zur
kontinuierlichen Betreuung des Kunden. Die Mitarbeiter unserer Kunden werden intensiv
geschult und können nahtlos ihre Arbeit mit dem neuen System fortsetzen.
Open Source hat sich nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im Alltag etabliert. Ohne
Open Source–Projekte von globalen Größen, wie etwa Adobe oder Android, würde die
Welt heute anders aussehen. Und ohne Projekte wie das Server–Betriebssystem Linux,
den Apache–Webserver oder die Datenbankverwaltung MySQL gäbe es das Internet nicht,
wie wir es kennen.
Trotz aller Vorteile ist auch Open Source–Software kein Allheilmittel und nicht frei von
Fehlern. Im Businesskontext steht und fällt beispielsweise alles mit den Fähigkeiten der
Unternehmen und Communities, die die Open–Source–Lösungen entwickeln. Ist keine
aktive und engagierte Community vorhanden, oder liefern die Entwickler nicht
regelmäßig Updates, kann eine Open Source–Software ihr Potential nicht entfalten.
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