Categories: InnovationKI

KI rekonstruiert Farben antiker Kunstwerke

Von der farbigen Gestaltung antiker griechischer Skulpturen ist heute kaum noch etwas übrig, und auch der Stoff samtbezogener Sessel aus vorigen Jahrhunderten verblasst mit der Zeit. Kunstwerke sind in Museen heute oftmals durch Glaskästen und Kordeln geschützt – vor unvorsichtigen Berührungen und neugierigen Kinderhänden. Kaum zu bewahren sind sie aber beispielsweise vor dem Lichteinfall, der über die Jahre Einfluss auf die Farbgebung nimmt.

Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD entwickelt als wissenschaftlicher Partner im Forschungsprojekt PERCEIVE eine KI, welche sowohl die ursprüngliche Farbgestaltung des Kunstwerks rekonstruiert als auch den zukünftigen Zustand vorhersagt. Neben Skulpturen stehen auch Gemälde, Textilien, historische Fotos und digitale Kunst im Fokus des Projekts.

Intelligentes Scannen statt händischer Modellierung

Die Forschung des Fraunhofer IGD startet im ersten Schritt mit der Materialrekonstruktion, um Informationen über die Oberfläche zu erhalten. „Die KI ermöglicht, Reflektanzmodelle auch in virtueller Umgebung aufzubauen“, erklärt Pavel Rojtberg, der das Projekt seitens des Fraunhofer IGD leitet. Bislang wurden diese mit einem aufwändigen realen Aufbau aus Kameras und Lichtquellen erstellt. Dieses Vorgehen entfällt bei der KI-basierten Lösung. „Das spart zeitliche und finanzielle Ressourcen“, ergänzt Rojtberg. Allein auf Basis weniger Bilder, die beispielsweise mit einem Smartphone aufgenommen werden, sind Spiegelung und Schattenwurf auf den jeweiligen Materialien wie Samt oder Seide schätzbar.

Die bereits trainierte KI stellt anschließend innerhalb weniger Sekunden dar, wie das Kunstwerk und seine Farben bei verschiedenem Lichteinfall wirken – gleich ob textile Robe der britischen Queen Victoria oder steinerne Statue aus dem Römischen Reich. Zusätzlich wird die Technologie in der Lage sein, automatisch geometrische Daten zu segmentieren und so festzustellen, welcher Teil eines Stuhls aus Holz und welcher aus Stoff besteht.

Historische Fotografien als Grundlage

Basis für die darauffolgende Abschätzung der Farbveränderung über die Zeit sind etwa historische Fotografien, Aufnahmen von Multispektralkameras oder chemisch-physikalische Eigenschaften von Farben, die als Vergleichswert dienen. So kann die Software auch vorhersagen, wie das Kunstwerk – abhängig vom jeweiligen Lichteinfall – in fünfzig oder einhundert Jahren aussehen wird. Einsetzbar werden die Lösungen derweil nicht nur für die digitale Remodellierung sein, sondern auch für die tatsächliche physische Instandsetzung. So können sie prognostizieren, wann diese aufgrund des fortschreitenden Verblassens der Farben notwendig sein wird.

Bis Ende 2024 wird das Fraunhofer-Team eine Alpha-Version der KI-Technologie entwickeln, in drei Jahren soll sie für Museen und Forschende nutzbar sein. „Die umgesetzten Werkzeuge werden rein web- und dienstbasiert funktionieren, sodass sie nicht nur vor Ort in den Museen via Augmented Reality, sondern auch für virtuelle Ausstellungen genutzt werden kann“, erklärt Holger Graf, Leiter der Abteilung Virtuelle und Erweiterte Realität.

Roger Homrich

Recent Posts

IT 2025: IT-Führungskräfte erwarten massiven KI-Ruck

Einsatz von KI-Lösungen wirbelt auch in deutschen Unternehmen die Liste der Top-Technologieanbieter durcheinander.

3 Tagen ago

Sofortzahlungen im Wandel: Sicherheit und KI als treibende Kräfte

Echtzeitüberweisungen erfüllen die Erwartungen der Nutzer an Geschwindigkeit, sind jedoch anfällig für spezifische Sicherheits- und…

3 Tagen ago

Blockaden und Risiken bei APM-Projekten vermeiden

Application Portfolio Management (APM) verspricht Transparenz, mehr IT-Leistung und Effizienz – theoretisch.

4 Tagen ago

BSI-Bericht: Sicherheitslage im Cyberraum bleibt angespannt

Im Berichtszeitraum Mitte 2023 bis Mitte 2024 wurden täglich durchschnittlich 309.000 neue Schadprogramm-Varianten bekannt.

5 Tagen ago

KI-Hype in der Cybersicherheit – oder besser doch nicht?

KI kommt in der Cybersicherheit zum Einsatz, etwa um Abweichungen im Netzwerkverkehr zu identifizieren. Ist…

6 Tagen ago

Netzwerksegementierung schützt vor Angriffen über die OT

Ungepatchte und veraltetete Maschinen-Software ist ein beliebtes Einfallstor für Hacker, warnt Nils Ullmann von Zscaler…

6 Tagen ago