Der Grad der Automatisierung und Digitalisierung gilt als wichtiger Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit von Industrieunternehmen und Produktionsstandorten. Doch mehr als die Hälfte der Unternehmen setzt sich noch nicht mit den Möglichkeiten der Industrie 4.0 auseinander oder sieht sie zur Zeit als nicht zielführend an.
So eines der Kernergebnisse der Studie „Industrie 4.0 Barometer 2023“, die das Ludwigsburger Beratungshaus MHP in Kooperation mit der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) München herausgegeben hat. An der Befragung nahmen 899 Industrieunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie aus China, dem Vereinigten Königreich und den USA teil.
Für zwei Drittel der befragten Unternehmen ist die Unsicherheit beim Return on Investment (ROI) das ausschlaggebende Argument für ein mangelndes Engagement bei der Digitalisierung und Automatisierung. Durch diesen Fokus auf Wirtschaftlichkeit würden die Unternehmen gelähmt, so die Studienautoren. Nur die wenigsten seien bereit, die notwendigen Ressourcen aufzubringen, um langfristig und zukunftsorientiert zu investieren.
Walter Heibey, Partner bei MHP: „Unternehmen haben zwar aus den vergangenen Krisen gelernt – insbesondere in Bezug auf Lieferengpässe – und können mittlerweile durch erfolgreiche Implementierung von Industrie 4.0-Technologien ihre Produkte über die gesamte Supply Chain deutlich besser orten. Es fehlen jedoch nach wie vor ganzheitliche Vernetzungen des Shopfloors. Ein Grund dafür ist, dass durch den Fokus auf Wirtschaftlichkeit Investitionen in ganzheitliche Automatisierungslösungen vernachlässigt und mehrheitlich nur Insellösungen umgesetzt werden.“
Das gelte insbesondere bei der Digitalisierung des Shopfloors. Eine der größten Hürden bei der Realisierung einer ganzheitlichen Vernetzung des Shopfloors sei die unklare Rentabilität der in Frage kommenden Industrie 4.0-Technologien.
Wirtschaftlichkeit habe auch Vorrang vor Qualitäts-, Flexibilitäts- und Effizienzsteigerungen, so die Studie weiter. Auch beim Thema Nachhaltigkeit stünde der Effizienzgedanke im Vordergrund. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, Projekte oder Prozesse weiterlaufen zu lassen, auch wenn diese nicht im Einklang mit den unternehmerischen Nachhaltigkeitszielen stehen. Bezüglich der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft (Reduce, Reuse, Recycling, Redesign und Refurbish) steht bei 67 Prozent das Reduce-Prinzip im Vordergrund – also die Senkung des Energie- und Materialverbrauchs sowie der Abfallmengen.
Im internationalen Vergleich stehen laut Studie das Vereinigte Königreich und die USA an vorderster Position beim Streben nach Nachhaltigkeit. Mit großem Abstand folgt der DACH-Raum. Hier sehen die Studienautoren einen erheblichen Nachholbedarf bei Themen wie der Kreislaufwirtschaft. Noch weiter abgeschlagen seien die chinesischen Unternehmen. Dennoch könne man auch dort beobachten, dass Unternehmen anfangen, sich für nachhaltige Lösungen zu interessieren. Dies zeige sich in der bewussten Vermeidung von Externalitäten wie Lärm und Luftverschmutzung, letztlich ausgelöst auch durch gesetzliche Vorgaben.
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