Quantencomputer und Cybersicherheit: Risiko oder Chance?

Bahnbrechenden Möglichkeiten für Innovationen stehen erheblichen Risiken für die Sicherheit digitaler Systeme gegenüber, sagt Gastautor Thomas Kress.

Quantencomputer erreichen eine exponentiell höhere Rechenleistung als herkömmliche Supercomputer. Dadurch können sie komplexe Probleme in kürzester Zeit lösen und bisher unzugängliche Berechnungen bewältigen. Diese Fähigkeiten eröffnen ein breites Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten, wie die Entschlüsselung kryptografischer Systeme, das Modellieren komplexer Systeme in Physik und Chemie oder die Beschleunigung von Forschung und Entwicklung in Bereichen wie Materialwissenschaften und Pharmazie. Obwohl die Quantencomputertechnologie noch in den Anfängen steckt, sind ihre Potenziale und Auswirkungen auf die Cybersicherheit und darüber hinaus immens und werden in den kommenden Jahren eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

Herausforderungen bei der Implementierung

Trotz der beeindruckenden Fähigkeiten von Quantencomputern gibt es noch eine Reihe von technischen und praktischen Herausforderungen, die ihre breite Implementierung und Nutzung erschweren. Eine der größten Schwierigkeiten ist die Fehleranfälligkeit von Quantencomputern, die auf der fragilen Natur von Quantenzuständen und den damit verbundenen Dekohärenzeffekten beruht. Dies führt dazu, dass Qubits über längere Zeiträume instabil werden und Fehler in den Berechnungen verursachen können. Um dieses Problem zu beheben, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Entwicklung von Fehlerkorrekturverfahren und der Verbesserung der Stabilität von Quantencomputern.

Eine weitere bedeutende Herausforderung ist die Notwendigkeit, Quantencomputer auf extrem niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (-273 Grad Celsius) zu kühlen. Diese extremen Kühlungsanforderungen sind notwendig, um die empfindlichen Quantenzustände zu erhalten und Quantencomputer effizient arbeiten zu lassen. Allerdings sind die Technologien und Verfahren, die für diese Kühlung benötigt werden, sowohl technisch anspruchsvoll als auch wirtschaftlich kostspielig. Dies führt zu erheblichen Hürden bei der Skalierung und dem Einsatz von Quantencomputern in einer Vielzahl von Anwendungen und Industrien.

Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert fortgesetzte Forschung, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen, um die Potenziale von Quantencomputern voll auszuschöpfen und gleichzeitig die mit ihrer Implementierung verbundenen Risiken zu minimieren.

Gegenmaßnahmen im Bereich der Cybersicherheit

Angesichts der potenziellen Bedrohung, die Quantencomputer für die Cybersicherheit darstellen, ist es entscheidend, proaktive Schritte zu unternehmen, um die Sicherheit unserer digitalen Infrastrukturen zu gewährleisten. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Entwicklung von Quantencomputer-resistenten Verschlüsselungsmethoden, die selbst von den leistungsfähigsten Quantencomputern nicht geknackt werden können. Durch den Einsatz von post-quanten Kryptographie können Unternehmen und Regierungen ihre kritischen Daten und Kommunikationssysteme vor zukünftigen Angriffen schützen.

Eine weitere Herausforderung bei der Implementierung dieser neuen Technologien besteht darin, sie in bestehende Kommunikationsinfrastrukturen und Sicherheitsprotokolle zu integrieren. Die Umstellung auf Quantencomputer-sichere Verschlüsselung kann in der kurzfristigen Perspektive komplex sein, da sie eine umfassende Aktualisierung der vorhandenen Systeme erfordert. Dennoch ist es entscheidend, diese Veränderungen vorzunehmen, um auf die bevorstehenden Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit vorbereitet zu sein und die Integrität unserer digitalen Systeme zu schützen.

Schließlich ist es wichtig, die Sicherheitskultur in Organisationen zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren im Bereich der Cybersicherheit zu fördern. Dies kann durch den Austausch von Informationen über Bedrohungen und Gegenmaßnahmen, die Entwicklung gemeinsamer Standards und die Durchführung von Cybersicherheitsübungen erreicht werden.

Quantencomputer und künstliche Intelligenz 

Die Anwendung von Quantencomputern in der KI-Entwicklung stellt einen bedeutenden Meilenstein dar, der sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Quantencomputer sind in der Lage, kombinatorische Optimierungsprobleme effizient zu lösen, was sie besonders geeignet für den Umgang mit komplexen Problemen mit vielen Variablen macht. Die Weiterentwicklung von KI durch Quantencomputing bietet eine Fülle von Möglichkeiten, einschließlich der Verbesserung von Unterstützungssystemen für Menschen, der schnelleren Lösung komplexer Probleme und der Entlastung von Mitarbeitern, um den Fachkräftemangel in bestimmten Bereichen zu adressieren.

Gleichzeitig müssen wir uns jedoch auch der Risiken bewusst sein, die mit der Verbindung von Quantencomputern und KI-Technologien einhergehen. Künstliche Intelligenz kann zur Verbreitung von Falschinformationen eingesetzt werden, und fortschrittliche Sprachmodelle sind bereits in der Lage, realistische Antworten zu generieren und menschliche Stimmen zu imitieren. Im Bereich der IT-Sicherheit werden KI-Modelle verwendet, um Schadsoftware zu erkennen, Bedrohungen zu identifizieren und sensible Daten aufzuspüren. Gleichzeitig nutzen jedoch auch Cyberkriminelle KI-Lösungen, um Sicherheitssysteme zu erkennen und umzugehen.

Es ist wichtig, die Risiken und Chancen, die Quantencomputer und KI-Technologien bieten, sorgfältig abzuwägen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit und Integrität von digitalen Systemen zu gewährleisten. Durch die Zusammenarbeit von Experten aus verschiedenen Disziplinen und die Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit KI können wir die Vorteile dieser Technologien maximieren und gleichzeitig potenzielle Gefahren minimieren.

 

Thomas Kress

ist IT-Sicherheitsexperte und Inhaber der TKUC GmbH. Er betreut unter anderem Projekte für die Deutsche Bank, Orange Business Services oder die Gothaer Versicherung.

 

 

 

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