In Deutschlands Unternehmen wächst die Sorge, den Anschluss an ihre digitalen Wettbewerber zu verlieren. Eine deutliche Mehrheit (60 Prozent) der Unternehmen sieht aktuell Wettbewerber voraus, die frühzeitig auf die Digitalisierung gesetzt haben. Das eigene Unternehmen halten derzeit rund zwei Drittel für einen Nachzügler bei der Digitalisierung, etwa ein Drittel sieht sich als Vorreiter. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 602 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Fast neun von zehn befragte Unternehmen sind überzeugt, dass die Nutzung digitaler Technologien eine entscheidende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft spielt, zugleich beklagen drei Viertel, dass deutsche Unternehmen digitale Technologien zu wenig einsetzen. Das zeigt sich auch beim aktuellen Top-Thema Künstliche Intelligenz. 72 Prozent gehen davon aus, dass KI eine große Bedeutung für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hat, aber nur 15 Prozent nutzen KI im eigenen Unternehmen. Dabei haben ChatGPT und generative KI in 7 von 10 Unternehmen die unternehmensinterne Diskussion zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz beeinflusst.
“Die Unternehmen haben die Bedeutung der Digitalisierung für die eigene Zukunft erkannt. Sie wissen aber offenbar nicht, wie sie die Digitalisierung angehen sollen. Für jedes einzelne Unternehmen wie für die deutsche Wirtschaft insgesamt muss es heißen: Die 2020er Jahre zur digitalen Dekade machen!“, fordert der neue Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst anlässlich der Vorstellung der Studie. „In der Vergangenheit war Deutschland das Land der Dichter und Denker. In Zukunft muss Deutschland das Land der Dichter, Denker und Digitalisierer sein.“
Unternehmen, die bislang keine KI verwenden, wollen daran so schnell auch nichts ändern. 16 Prozent meinen, dass KI für sie nie relevant sein wird, 25 Prozent gehen davon aus, KI erst in mehr als 20 Jahren einzusetzen, 29 Prozent erwarten den Einsatz in einer eher fernen Zukunft in 10 bis 20 Jahren. Im kommenden Jahr will dagegen nur 1 Prozent KI einführen, 3 Prozent in 1 bis 2 Jahren, 11 Prozent in 2 bis 3 Jahren und 3 Prozent in 3 bis 5 Jahren. 8 Prozent erwarten dies in 5 bis 10 Jahren. Wintergerst: „Das Bild von KI sollte sich in den kommenden Monaten verändern. KI kann einen enormen Innovations- und Effizienzschub auslösen. Je mehr KI-Anwendungen auf den Markt kommen, desto mehr Unternehmen sollten und – das ist meine Hoffnung – werden sie sich zu Nutze machen.“
Dabei ist KI nicht die einzige Technologie, bei der es eine Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen Bedeutung für die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit und dem Einsatz im eigenen Unternehmen gibt. So sprechen 92 Prozent der Unternehmen Datenanalysen und Big Data eine große Bedeutung zu, aber nur 39 Prozent setzen sie ein. Robotik halten 86 Prozent für bedeutsam, doch nur 40 Prozent nutzen die Technologie. Ähnlich sieht es aus beim Internet of Things (84 Prozent große Bedeutung, 36 Prozent Einsatz), 5G (82 Prozent zu 23 Prozent), autonomen Fahrzeugen (76 Prozent zu 17 Prozent), 3D-Druck (74 Prozent zu 23 Prozent) sowie Virtual und Augmented Reality (67 Prozent zu 24 Prozent).
Zumindest an einigen Stellen im eigenen Unternehmen wird versucht, die Weichen auf digital zu stellen. So gibt es nur noch in 11 Prozent der Unternehmen keinerlei Digitalstrategie. Zugleich haben aktuell 55 Prozent zumindest in einem oder mehreren Unternehmensbereichen eine Digitalstrategie, 32 Prozent besitzen eine unternehmensweite Strategie. „Viele Unternehmen führen offensichtlich zunächst eine Teilstrategie für die Digitalisierung ein, bleiben dort aber stehen, so dass es keine digitalstrategische Positionierung für das Unternehmen insgesamt gibt. Sinnvoll wäre, wenn so gut wie alle Unternehmen eine digitale Vision und Gesamtstrategie entwickeln würden“, so Wintergerst. Immerhin will eine knappe Mehrheit der Unternehmen in Deutschland im laufenden Jahr mehr in die eigene Digitalisierung investieren als noch 2022.
Das größte Digitalisierungshemmnis ist aus Unternehmenssicht der Datenschutz, von dem sich 77 Prozent bei der digitalen Transformation behindert fühlen.. Auch der Fachkräftemangel verschärft sich weiter. Dahinter folgen gleichauf mit je 54 Prozent die Anforderungen an technische IT-Sicherheit, fehlende Zeit und fehlende finanzielle Mittel – wobei knappe Mittel deutlich häufiger als Grund genannt werden als noch 2022 mit 43 Prozent.
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