Gerade mit Blick auf den Klimawandel versprechen digitale Lösungen, mit künstlicher Intelligenz, dem Internet of Things und Automatisierung den CO2-Ausstoß zu reduzieren – etwa in der Produktion oder bei der Bewässerung von Äckern. Laut Digitalverband Bitkom könnte eine digitale Industrie allein in Deutschland 64 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Die Kehrseite: Bis zu zwölf Prozent des globalen Strombedarfs lässt sich auf die Nutzung digitaler Geräte zurückführen, kritisiert der Weltklimarat. Lässt sich dieses Paradox auflösen? Können sich Unternehmen auf digitale Lösungen verlassen, obwohl diese selbst immer mehr Energie fressen?
Die Antwort ist Ja. Denn beherzigen Unternehmen das Prinzip Sustainability-by-Design, sorgen sie dafür, dass Nachhaltigkeit von Anfang an und im Konzept der Lösung bereits berücksichtigt ist: sei es bei der Auswahl von Tools, beim Austausch von Daten oder beim Entwickeln einer Technologie. Hier spielen dann etwa die Programmiersprache, Green Coding und Serverless Computing eine Rolle.
Ein Beispiel: Wer einen Cloud-Dienstleister auswählt, der sollte neben Preis, Standort, Sicherheit und Latenzen auch dessen ökologische Bilanz in die Entscheidung miteinbeziehen. Und genau prüfen, wie klima- und umweltschonend der Cloud-Provider seine Rechenzentren betreibt. Ein wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit – findet auch die EU. Ihr Klimaplan „Fit for 55“ soll den CO2-Ausstoß auf dem Kontinent bis 2030 um mindestens 55 Prozent senken und einen Nachhaltigkeitsindex für Rechenzentren entwickeln. Net-Zero Energy Data Center beziehen beispielsweise unter optimalen Bedingungen keine Energie aus dem öffentlichen Stromnetz. Sie erzeugen mittels Photovoltaik und Windkraft selbst Energie und arbeiten zudem effizienter.
Auf dem Weg zu Technologien mit grünerem CO2-Fußabdruck „per Design“ sind wir auf valide Daten angewiesen. So können wir etwa Handys, Laptops und Co. nur wiederverwerten, wenn Unternehmen auf allen Wertschöpfungsstufen eines Produkts wissen, welche Rohstoffe der eigene Betrieb, seine Lieferanten und Partner beisteuern. Zudem benötigen sie Datenplattformen, auf denen sich solche Informationen sicher untereinander austauschen lassen. Hier machen erste Initiativen aus der Industrie wie Catena-X oder Manufacturing-X den Anfang.
Weil sich ohne eine solide Datengrundlage Nachhaltigkeit weder analysieren noch optimieren lässt, hebt die Europäische Union Nachhaltigkeitsberichterstattung auf dieselbe Stufe wie klassische Finanzprotokolle. Die neue „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ verpflichtet künftig rund 15.000 Unternehmen in Deutschland, ihre Fortschritte zu dokumentieren. Anwendungen wie der Nachhaltigkeitsmanager helfen dabei, die relevanten Daten zu protokollieren, gesetzeskonforme ESG-Berichte zu erstellen sowie anschließend das Klimamanagement strategisch zu steuern. Ein Echtzeit-Dashboard visualisiert, wie sich konkrete Maßnahmen auf Klima und Umwelt auswirken.
Smartes Textil-Recycling ist ein Beispiel, wie Kreislaufwirtschaft funktionieren kann. Zusammen mit Partnern hat die Telekom ein Ökosystem aufgebaut, das den gesamten textilen Verwertungsprozess digital erfasst. Von der intelligenten Kontrolle des Füllstands der Altkleider-Container über die Wiederverwendung bis zum Recycling sind alle Stufen abgedeckt.
Egal ob bei der Programmierung, in der Produktion oder im Einkauf: Nachhaltigkeit lässt sich in jedem Unternehmensbereich und in jeder Branche verankern. Immer mehr Kunden, Beschäftigte und Investoren erwarten dies sogar von der Unternehmensführung. Das macht Nachhaltigkeit vom finanziellen Aspekt untrennbar. Immer mehr Unternehmen verknüpfen deshalb ESG-Ziele mit ihren Vergütungsmodellen in Spitzen-Positionen. Die Telekom schüttet beispielsweise einen Teil der variablen Vergütung nur dann an sein Vorstandsteam aus, wenn bestimmte Energie- und Emissionsreduktionen erfüllt sind.
Ein anderer monetärer Vorteil ist, dass sich anhand des Prinzips Sustainability-by-Design neue Geschäftsmöglichkeiten auftun. Zum Beispiel: Bei einem Smartphone geht etwa 80 Prozent des Energieverbrauchs auf Kosten der Produktion. Hier setzt Everphone an und ermöglicht etwa dem Traditionsunternehmen Henkel, dass Produktionsmitarbeiter ihre Tablets auch privat nutzen können. In Kombination mit dem Device-as-a-Service-Modell sind so weniger Geräte im Einsatz und die vorhandenen werden länger genutzt.
Benjamin Springub
ist neben VP Operations Development bei der Telekom auch Projekt Lead beim konzernübergreifenden Projekt zu ESG.
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