Jetzt fällt auch das Quantencomputing dem Rotstift zum Opfer. Die Bundesregierung hat den Etat 2024 für die Quantencomputing-Initiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt stark zusammengestrichen. 600 Millionen Euro, die vor allem in Aufträge an Start-ups fließen sollten, wurden um 200 Millionen Euro – also ein sattes Drittel – gekürzt. Mit diesem Schritt erweist die Bundesregierung dem Wirtschaftsstandort Deutschland einen Bärendienst. Bei der Quantencomputing-Forschung geht es nicht um ein paar abgehobene Wissenschaftler, die irgendwelche netten technischen Spielereien entwickeln – sondern um eines der wichtigsten technologischen Wettrennen dieses Jahrzehnts.
Quantencomputing ist genauso wie Künstliche Intelligenz eine Zukunftstechnologie und hängt eng mit ihr zusammen. Künstliche Intelligenz benötigt vor allem zwei Dinge: viele verfügbare Daten und große Rechenleistung. Die DSGVO stellt für ersteres bereits eine Herausforderung dar, die jetzige Etat-Kürzung gleicht für zweiteres einem freiwilligen Schuss ins eigene Bein. Wie soll mit solchen Handicaps die Aufholjagd Deutschlands und Europas gegenüber den KI-Supermächten USA und China gelingen?
Die politische Diskussion drehte sich in der jüngsten Vergangenheit stark um pandemische Entwicklungen, resilientere Lieferketten und die Energiewende, die durch neue chemische Verfahren und Materialforschung beschleunigt werden soll. Auch für die Lösung der komplexen Probleme, die mit diesen Themen verbunden sind, spielt Quantencomputing eine entscheidende Rolle, denn sie ist die beste Technologie, um hochkomplexe Simulationen durchzuführen. Nicht zuletzt wird auch die Hyperautomation kritischer Geschäftsprozesse zumindest selektiv auf Quantentechnologie basieren. Auch aus diesem Grund ist sie für den Wirtschaftsstandort Deutschland von entscheidender Bedeutung.
Nur mal zum Vergleich: Ungefähr 200 Millionen Euro haben Google und IBM laut dem Hochschulmagazin Times Higher Education allein im letzten Monat für eine Quantencomputing-Forschungspartnerschaft mit zwei Universitäten in Chicago und Tokio ausgegeben. Das zeigt, wie viel Geld den Tech-Giganten diese Technologie wert ist – und mit wie wenig die Forschung hierzulande auskommen muss. Wenn diese knappen Mittel jetzt auch noch zusammengestrichen werden, ohne gleichzeitig privaten Investitionen den Weg zu bereiten, dann ist das Sparen an der falschen Stelle. Wenn wir nicht aufpassen, entfaltet die Kürzung einen Schmetterlingseffekt: Sie könnte der Flügelschlag sein, der am Ende einen Tornado auslöst – und Deutschland in die digitale Bedeutungslosigkeit schickt.
Fred Cuny
ist CTO DACH and Nordics bei Pegasystems.
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