Wirtschaft drückt bei KI nun doch aufs Tempo
Laut Bitkom-Studie steigt der Anteil der Unternehmen, die KI einsetzen, binnen eines Jahres von 9 auf 15 Prozent.
Spürbar zurückgegangen ist gleichzeitig der Anteil derer, für die der KI-Einsatz im eigenen Unternehmen kein Thema darstellt: von 64 auf 52 Prozent. Gut zwei Drittel (68 Prozent) halten KI für die wichtigste Zukunftstechnologie. Dem stehen 29 Prozent gegenüber, die in KI einen Hype sehen, der massiv überschätzt werde.
Für das eigene Unternehmen sieht die große Mehrheit von 68 Prozent KI als Chance, ein Fünftel (20 Prozent) jedoch als Risiko. Und jedes Neunte (11 Prozent) denkt, dass KI keinen Einfluss auf das eigene Unternehmen haben wird. Das sind Ergebnisse einer Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die 605 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Branchen in Deutschland repräsentativ befragt wurden.
Akzeptanz generativer KI
Unternehmen trauen verglichen mit dem Vorjahr KI vor allem rund um Text und Sprache mehr zu. So sprechen 84 Prozent KI sehr großes oder eher großes Potenzial für Textanalyse und Textverständnis im eigenen Unternehmen zu, vor einem Jahr waren es erst 74 Prozent. Spracherkennung hat für 74 Prozent großes Potenzial (2022: 66 Prozent), für generative KI zur Erstellung von Texten, Bildern oder Musik sagen das 70 Prozent. Die Einstellung zu dieser neuen Form der KI wurde erstmals abgefragt.
Auch den anderen Arten von KI spricht die Mehrheit der Unternehmen großes Potenzial zu, etwa für Gesichtserkennung (68 Prozent, 2022: 61 Prozent), Prognosen (67 Prozent, 2022: 71 Prozent), Mustererkennung (67 Prozent, 2022: 66 Prozent) und Bilderkennung (60 Prozent, 2022: 57 Prozent).
Die Einsicht in die Bedeutung von generativer KI schlägt sich aber noch nicht vollständig in ihrer Nutzung in den Unternehmen nieder. Aktuell setzen nur 2 Prozent generative KI zentral im Unternehmen ein, weitere 13 Prozent planen dies. Rund ein Viertel (23 Prozent) hat zwar noch keine Pläne zur Verwendung generativer KI, kann sich dies aber grundsätzlich vorstellen. Ebenso viele (23 Prozent) können sich dies aber nicht vorstellen. Und mehr als jedes dritte Unternehmen (37 Prozent) hat sich damit noch gar nicht beschäftigt.
Strategie-Blindflug
Auch wenn ein Unternehmen keine Strategie zum Einsatz generativer KI hat, kann es durchaus sein, dass die Technologie ungesteuert und eigeninitiativ von Beschäftigten eingesetzt wird. Zwar geht die Hälfte der Unternehmen (51 Prozent) fest davon aus, dass dies bei ihnen nicht der Fall ist und es niemanden gibt, der generative KI für die eigene Arbeit verwendet. Weitere 23 Prozent wissen es zwar nicht genau, nehmen aber an, dass niemand aus ihrer Belegschaft ChatGPT & Co. beruflich verwendet.
In 1 Prozent der Unternehmen ist diese Praxis dagegen weit verbreitet, 7 Prozent wissen von Einzelfällen und 9 Prozent sind sich nicht sicher, gehen aber davon aus, dass einzelne Beschäftigte generative KI beruflich einsetzen. Regeln gibt es dazu bislang so gut wie nicht. Nur jedes hundertste Unternehmen (1 Prozent) hat Regeln für den Einsatz von generativer KI durch einzelne Beschäftigte festgelegt, 16 Prozent planen dies für die Zukunft und 28 Prozent wollen darauf auch künftig verzichten. Rund die Hälfte (48 Prozent) hat sich mit dem Thema noch überhaupt nicht beschäftigt.
Top-Anwendungen
Das größte Potenzial generativer KI wird in der Unterstützung bei Berichten, Übersetzungen oder sonstigen Texten gesehen (82 Prozent). Mit deutlichem Abstand dahinter folgen Aufgaben in Marketing und Kommunikation (59 Prozent), etwa bei der Bilderstellung, in der IT-Abteilung (58 Prozent), etwa für Code-Generierung, und bei Forschung und Entwicklung (50 Prozent), etwa zur Auswertung von Daten.
Dahinter reihen sich ein der Einsatz in der Produktion (44 Prozent), zum Beispiel als Assistenzsystem bei der Maschinensteuerung, im Kundenkontakt (39 Prozent), etwa für die Bearbeitung von Anfragen, in der Personalabteilung (26 Prozent), etwa zur Kommunikation mit Bewerbern, bei der Unterstützung des internen Wissensmanagements (23 Prozent), etwa als Chatbot mit Zugriff auf Unternehmensinformationen und im Management (19 Prozent), etwa in der Strategieentwicklung. Schlusslicht ist die Rechts- oder Steuerabteilung (12 Prozent), etwa für die Vertragsgestaltung.
Erwartungen und Hindernisse
Wie gespalten die deutsche Wirtschaft beim Thema generative KI ist, zeigen weitere Ergebnisse der Befragung. So sagen 42 Prozent aller Unternehmen, dass diejenigen, die generative KI einsetzen, einen Wettbewerbsvorteil haben. 19 Prozent rechnen sogar damit, dass generative KI ihr Geschäftsmodell verändern wird. Zugleich meinen aber 51 Prozent, dass generative KI zwar spektakulär aussehe, in den Unternehmen aber nur wenig Nutzen bringe. Auch hinsichtlich der Auswirkungen generativer KI auf die Beschäftigung gibt es sehr unterschiedliche Annahmen. 30 Prozent rechnen damit, dass durch den Einsatz von generativer KI Personal entlassen wird. Umgekehrt meinen mit 29 Prozent ähnlich viele, dass generative KI dabei hilft, den Fachkräftemangel zu bewältigen und ebenfalls 29 Prozent erwarten, dass generative KI die eigenen Beschäftigten produktiver macht.
Fragt man die Unternehmen, die sich aktiv mit dem Einsatz generativer KI beschäftigen, was den Einsatz generativer KI im Unternehmen hemmt, dann spielt Regulierung eine entscheidende Rolle. Größtes Hemmnis sind Anforderungen an den Datenschutz (85 Prozent), aber auch die Sorge vor künftigen rechtlichen Einschränkungen (81 Prozent) sowie Verunsicherung durch rechtliche Unklarheiten (76 Prozent) werden häufig genannt.
Daneben spielen zwei unternehmensinterne Gründe für viele Unternehmen eine wichtige Rolle: fehlendes technisches Know-how (84 Prozent) und fehlende personelle Ressourcen (78 Prozent). Ebenfalls häufig genannt werden ein Mangel an Daten (69 Prozent) oder an Zeit (68 Prozent). Dagegen ist fehlende Akzeptanz der Beschäftigten nur in jedem zweiten Unternehmen (50 Prozent) ein Hemmnis, noch seltener spielen die Sorge, dass Daten in falsche Hände geraten (43 Prozent), fehlende Use cases oder allgemein fehlendes Vertrauen (je 42 Prozent) sowie die Kosten (40 Prozent) eine Rolle. 34 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie sich auf andere Zukunftstechnologien fokussieren.