Bremst Energieeffizienzgesetz die Digitalisierung aus?

Der Bundestag hat das “Energieeffizienzgesetz” verabschiedet. Für die Rechenzentrumsbranche und ihre IT-Infrastruktur-Partner stellt es eine erhebliche Herausforderung dar. Sie müssen jetzt die Vorgaben erfüllen und dabei nach Kräften mögliche Zielkonflikte und Widersprüche für das gemeinsame Ziel der Energiewende abwenden.

Rechenzentren sind elektrische Großverbraucher. Daher ist völlig klar, dass ihre Energieeffizienz mit hoher Priorität optimiert werden muss. Andererseits sind sie das Rückgrat für die digitalen Datenräume, ohne die keine Energiewende möglich ist. Die German Datacenter Association (GDA) hat daher schon während des laufenden Gesetzgebungsprozesses klargestellt, dass die erstrebenswerte Energieeffizienz nicht den Ausbau der dringend benötigten Digitalinfrastruktur bremsen darf. Jetzt ist das Gesetz beschlossen und es liegt bei uns Planern, Betreibern und Anbietern, Lösungen für die manchmal unrealistisch scheinenden Vorgaben zu finden – wo immer das möglich ist.

Verpflichtenden Power Usage Effectiveness

Das Gesetz sieht die Einführung einer verpflichtenden Power Usage Effectiveness (PUE) vor. Diese Kennzahl beschreibt die Energieeffizienz eines Rechenzentrums. Rechenzentren, die ab Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, sollen einen PUE von 1,2 vorweisen. Das ist ein überaus ambitioniertes Ziel. Auch wenn wir es technisch weitgehend umsetzen können und die meisten Rechenzentrumsbetreiber es allein aus Kostengründen anstreben, bleiben bei dieser allgemeinen Regel drei entscheidende Aspekte unberücksichtigt, die der Umsetzung entgegen stehen können.

Erstens: Ein derart niedriger Wert muss von Anfang an in der Planung berücksichtigt werden – die Rechenzentren, die 2026 ihren Betrieb aufnehmen, sind bereits geplant, genehmigt bzw. befinden sich im Bau. Wenn das Gesetz jetzt den Bau verzögert, bremst es den Ausbau dringend benötigter digitaler Infrastruktur, auch für die Energiewende.

Colocation-Anbieter haben wenig Einfluss auf Auslastung

Zweitens: Um diesen Wert zu erreichen, müssen die IT-Systeme ausgelastet sein – neue zu mindestens 30 Prozent, ältere mindestens zu 50 Prozent. Colocation-Anbieter haben darauf aber gar keinen Einfluss. Sie stellen als Betreiber die Infrastruktur des Rechenzentrums zur Verfügung und verschiedene Unternehmen platzieren dort ihre eigenen IT-Systeme. Dieses Betreiber-Modell ist weit verbreitet, mit steigender Tendenz. Bis 2025 soll es 50 Prozent des deutschen Marktes ausmachen.

Drittens: Der technische und wirtschaftliche Aufwand hängt stark von den lokalen Gegebenheiten ab. Im norwegischen Lefdal betreibt Rittal beispielsweise eines der grünsten Rechenzentren Europas und erreicht eine PUE unter 1,15.  Durch die idealen physikalischen Bedingungen in einer Mine, natürlich mit kaltem Fjordwasser gekühlt, ist das sogar mit PUE-Garantie möglich. In Frankfurter Stadtlage dagegen wäre es – wenn überhaupt – nur mit immens höherem Aufwand umsetzbar.

Mehr Differenzierung beim Thema Wärmerückgewinnung

Noch deutlicher wird der Mangel an Differenzierung beim Thema Wärmerückgewinnung. Mit einer pauschalen Verpflichtung ist keine Garantie von Effizienzsteigerung verbunden. Stattdessen kommt diese Vorgabe vielerorts defacto einem Verbot für neue Rechenzentren gleich. Die Nutzung von Abwärme ist immer dann sinnvoll, wenn es einen klaren Abnehmer gibt.

Die Lösung in der Umsetzung liegt in einer engen Kooperation der Branche, der lokalen Stakeholder und hoher Standardisierung. Durch den Beschluss des Bundestags sind die Fakten jetzt immerhin klar, auch wenn wir uns mehr Differenzierung gewünscht hätten. Unsere Fachleute können jetzt im Dialog mit den Betreibern individuelle Möglichkeiten klären. Standardisierte Module für Racks, Cooling, Power, Monitoring und Security helfen dann, Pläne und Änderungen schneller umzusetzen. Die Branche muss ihre technischen Möglichkeiten jetzt voll ausschöpfen, damit das Gesetz nicht zur Digitalisierungs-Bremse wird.

Anna Klaft

ist Vice President Solution Sales IT bei Rittal.

Roger Homrich

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