Kommentar: Energieeffizienzgesetz stärkt Ökobilanz der Digitalisierung

Es braucht mehr Maßnahmen, um die Nachhaltigkeitspotentiale digitaler Infrastrukturen flächendeckend zu heben, sagt Béla Waldhauser, Sprecher der eco Allianz.

Auch wenn in den ersten Entwürfen des Energieeffizienzgesetzes Theorie und Praxis zunächst zu weit auseinander lagen – den gemeinsamen Nenner zwischen Politik und Wirtschaft gab es schon immer: Abwärme von Rechenzentren sollte nicht ungenutzt in der Luft verpuffen. Allein in Frankfurt am Main – Sitz von mehr als 60 Rechenzentren und des größten Internetaustauschknotens – könnten rein theoretisch bis 2030 sämtliche Wohn- und Büroräume CO2 neutral geheizt werden.

Herausforderungen für Rechenzentrumsbetreiber

Mit der im neuen Gesetz festgeschriebenen Vorgabe einer im Jahresmittel zu erreichenden Power Usage Effectiveness (PUE) von 1,2 geht das Energieeffizienzgesetz nun sogar deutlich über die auf europäischer Ebene diskutierten Vorgaben hinaus und führt dadurch zu großen Herausforderungen für die Betreiber von Rechenzentren in Deutschland. Die möglichen Konsequenzen für die Branche aus diesen ambitionierten Vorgaben müssen daher dringend im Fokus der weiteren Entwicklung bleiben.

Zum Verständnis: Im PUE wird das Verhältnis von IT-Strom zum Strombedarf der Stromversorgungs-, Kühlungs-, Beleuchtung- und sonstigen Nicht-IT-Anlagen ausgedrückt. Der PUE ist ein technischer Parameter, der nie als alleiniger regulatorischer Effizienzwert gedacht war.

Je näher sich der PUE-Wert dem für kommerzielle Rechenzentren theoretischen Wert von 1,0 annähert, desto schwieriger ist er zu erreichen. Rechenzentren werden unter anderem deshalb gebaut, um wichtige sowie sensible IT-Systeme vor dem Ausfall von Stromversorgung und Kühlung zu schützen. Die dafür notwendigen Anlagen verbrauchen auch selbst Strom.

Readiness-Ansatz ermöglicht Abwärme-Abgabe

Durch den im Weiteren im Gesetz nun aufgeführten Readiness-Ansatz werden Rechenzentren künftig von vornherein mit der Möglichkeit der Abwärme-Abgabe geplant. Dadurch sind Betreiber bei Bedarf in der Lage, ihre Abwärme mit akzeptablem zeitlichem, technischem und kommerziellem Aufwand abzugeben. Die Datacenter-Branche kann und will hier liefern.

Für eine verbesserte Abwärmenutzung braucht es aber weitere politische und technische Rahmenbedingungen. Konkret heißt das: Bund, Länder und Kommunen müssen Nah- und Fernwärmenetze ausbauen, technische Systeme für Abwärmenutzung optimieren und beispielsweise Abnahmeverpflichtungen für Wärmenetzbetreiber schaffen sowie Nutzungsmöglichkeiten sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum erschließen.

Weiter braucht es ausreichend erneuerbare Energien und eine breite 5G-Versorgung für mobiles Internet in Deutschland, um die Nachhaltigkeitspotentiale digitaler Infrastrukturen flächendeckend zu heben. Die Bundesregierung muss hier schnell in die Umsetzung kommen. Ansonsten wird es nicht gelingen, das mögliche Maximum der Nachhaltigkeitspotenziale digitaler Infrastrukturen zu erreichen.

 

Dr. Béla Waldhauser

ist Sprecher der eco Allianz und Leiter KG Datacenter.