Für die aktuelle Studie „Automotive Cyber Security“ des Center of Automotive Management (CAM) und Cisco haben Automotive-Experten verschiedene Angriffsvektoren systematisch analysiert. Allein beim vernetzten Fahrzeug gibt es 12 verschiedene Angriffsbereiche, in denen wiederum potenziell mehrere Eintrittsmöglichkeiten bestehen.
Cyberangriffe beschränken sich in der Automobilindustrie nicht auf große, etablierte Hersteller, sondern treffen verstärkt Zuliefererunternehmen, Automobilhändler und weitere Player entlang der Wertschöpfungskette. Eine Analyse von 52 signifikanten Sicherheitsvorfällen zwischen Januar und Juni 2022 zeigt, dass etwa zwei Drittel hauptsächlich Automobilzulieferer betrafen. Die komplexe Lieferkette gilt als große Schwachstelle und bietet zentrale Angriffspunkte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit und oft großem Schadensausmaß ausgenutzt werden.
„Die Cybergefahrenlage für die Automobilbranche ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Mit der Verbreitung von Software-definierten Fahrzeugen, der Elektromobilität, dem autonomen Fahren und der vernetzten Lieferkette erhöhen sich die Cyber-Risiken weiter. Eine professionelle Cyber Security-Strategy von Unternehmen gewinnt als unerlässlicher Hygienefaktor in der Automobilindustrie stark an Bedeutung,“ erklärt Studienleiter Professor Stefan Bratzel vom CAM. „Die Unternehmen unterscheiden sich jedoch bezüglich der Qualität von Konzeption und Umsetzung erheblich. Eine hohe Cybersecurity-Performance erhöht die Resilienz vor den zunehmenden Cyberangriffen und ermöglicht eine schnelle Erkennung und angemessene Reaktion auf entsprechende Vorfälle.“
Kundenwünsche nach Connected Cars und Connected Services erzeugen einen enormen Wettbewerbsdruck, durch den Sicherheitsaspekte mitunter in den Hintergrund geraten. Zusätzlich ist die Umsetzung von Automotive Cybersecurity sehr aufwendig: Sie umfasst den gesamten Produktlebenszyklus des Fahrzeugs von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Fahrzeugnutzung. Dabei muss die Sicherheit in einer komplexen Wertschöpfungskette mit einer verteilten Verantwortung im großen Lieferanten- und Partnernetzwerk gesichert werden.
Dies fordern auch neue regulative Vorgaben zur Cybersicherheit in Kraftfahrzeugen wie die UN R155 (15) und die EU-Verordnung 2018/858. Sie müssen seit Juli 2022 von den Herstellern in der EU verpflichtend für alle neuen Fahrzeugtypen und ab Juli 2024 auch für alle bestehenden Fahrzeugtypen umgesetzt werden.
„Für Automotive-Unternehmen wird das Thema Cybersecurity erfolgsentscheidend“, sagt Christian Korff, Mitglied der Geschäftsleitung von Cisco Deutschland. „Die Automobilindustrie ist ein Eckpfeiler unser deutschen Wirtschaft. Wir dürfen uns hier keine Anfälligkeiten im Cyberbereich erlauben. Nur wer auf allen ebenen sichere Fahrzeuge und Services bereitstellt, behält das Vertrauen der Kunden.“
Eine im Rahmen der Studie durchgeführte Meta-Analyse zu den Cyberangriffen auf Fahrzeuge und Unternehmen der Automobilwirtschaft offenbart die stark zunehmenden Risiken. Die Auswertungen der bisherigen Angriffspunkte auf die Cybersicherheit der internationalen Automobilwirtschaft zeigen, dass die Quantität und Qualität der Angriffe in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist. Sie betreffen die gesamte Automobilindustrie, wie aktuelle Beispiele aus den Jahren 2022 und 2023 zeigen:
„Die Automobilbranche bietet auch durch die zunehmende Vernetzung viele Angriffsmöglichkeiten für professionelle Cyberangreifer – egal ob im Auto selbst, bei der Produktion oder den verzweigen Logistigketten,“ erklärt Holger Unterbrink, Technical Leader bei Cisco Talos. „Angreifer gehen heute äußerst professionell vor. Sie suchen schlecht gesicherte Zugänge in komplexen IT-Umgebungen bei Unternehmen mit hoher Reputation und hohen Cash-Reserven. Da bietet die Automobilindustrie ein lohnenswertes Ziel. Ich erwarte hier in den nächsten Jahren eine weitere Zunahmen der Cyberattaken.“
Die Studie hat in einem „Deep Dive“ zur Elektromobilität herausgearbeitet, dass die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu den besonders gefährdeten Bereichen zählt. Das Lade-Ökosystem ist durch seine verschiedenen Marktteilnehmer außerordentlich komplex und bietet grundsätzlich viele Angriffspunkte für Cyberkriminelle. Insgesamt zeigt die Analyse der Cyberangriffe, dass das Bewusstsein in der Branche für die Gefahren und Risiken noch deutlich unterentwickelt ist.
Das Erreichen einer hohen Cyber Security Performance in Automobilunternehmen erfordert somit große Anstrengungen und muss kontinuierlich überprüft werden. Die auf unterschiedlichen Wertschöpfungsebenen und -stufen der Branche verorteten Unternehmen unterscheiden sich dabei erheblich im Hinblick auf die Qualität der Konzeption und Umsetzung von Cybersicherheitsprogrammen. Sie befinden sich vor allem bei vielen Zulieferern und Dienstleistern noch auf einem niedrigen Niveau. Mit zunehmender Vernetzung und Automatisierung der Lieferkette erhöht sich jedoch die Angriffsfläche. Dabei kann sich Malware von den internen Systemen eines Zulieferers auf Dienstleister-Netzwerke und sogar Unternehmensnetzwerke der Automobilhersteller verbreiten.
In der Studie wird ein Modell zur empirischen Bewertung der Cyber Security Performance von Automobilunternehmen vorgeschlagen. Das 4C-Modell vereint dafür relevante Leistungskriterien von Cyber Security in vier Dimensionen: Kompetenzen (Competencies), Kooperationen (Cooperations), Kultur & Organisation (Culture & Organisation) sowie die Cyberstrategie (Cyber Strategy). Die Erfüllung der zugehörigen Kriterien stellt laut den Studienautoren eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Leistungsqualität von Cybersecurity und damit den langfristigen Erfolg der Unternehmen dar.
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