Frauen sind in IT-Berufen nach wie vor stark unterrepräsentiert: Im Jahr 2021 lag der Anteil von weiblichen IT-Fachkräften in Deutschland bei mageren 18 Prozent. Im internationalen Vergleich landet Deutschland damit auf Platz 20 von 41 untersuchten OECD- und EU-Ländern. Dabei galt das Programmieren einst als typische Frauendomäne. Im globalen Durchschnitt liegt der Frauenanteil in der IT-Branche bei immerhin 28 Prozent, im südostasiatischen Raum sind ITlerinnen mit 32 Prozent am stärksten vertreten. Dass IT-Expertinnen hierzulande immer noch eine Minderheit darstellen, steht im deutlichen Kontrast zum digitalen Zeitalter, das von Innovation und Fortschritt geprägt ist.
Dass die Informatikbranche definitiv mehr weibliche Verstärkung braucht, findet auch Thomas Maas, CEO der Freelancing-Plattform freelancermap: „Nur sechs Prozent der IT-Freelancer sind, laut unserer Studie, dem Freelancer-Kompass, weiblich. Doch der Frauenanteil im Informatikstudium liegt bei mehr als 20 Prozent. Damit noch mehr Frauen in die Branche finden, braucht es unter anderem eine frühe Förderung in den MINT-Fächern.”
Doch auch starke Vorbilder können dazu beitragen, mehr Mädchen und junge Frauen für die Tech-Welt zu begeistern. Ob als Führungskraft, Cyberaktivistin oder KI-Spezialistin – diese sechs Role Models zeigen, wie frau souverän ihren Weg in der männerdominierten IT-Branche gehen kann.
Wem der Chaos Computer Club (CCC) ein Begriff ist, der kommt an Constanze Kurz nicht vorbei: Die Informatikerin, Autorin und erste weibliche Sprecherin des größten europäischen Hackervereins CCC gehört zu den führenden Vordenkerinnen für IT-Sicherheit, Datenschutz und Netzpolitik. Geboren und aufgewachsen in der DDR, kam die promovierte Informatikerin durch ihren Ingenieursvater sowie eine polytechnische Ausbildung bereits früh in Berührung mit der Welt der Technik. Dort machte sie auch ihre ersten Erfahrungen mit staatlicher Überwachung: In ihrer Forschungszeit beschäftigte sie sich unter anderem mit den Themen Überwachungstechnologie, Datensicherheit und Ethik.
Bis 2019 schrieb die IT-Expertin die Kolumne „Aus dem Maschinenraum” für die FAZ und veröffentlichte 2018 ihr Buch „Cyberwar”. Auch im politischen Kontext ist Constanze Kurz in Erscheinung getreten: Bis 2013 saß sie als Sachverständige in der Enquête-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages. Kurz wurde mehrmals für ihr gesellschaftliches Engagement ausgezeichnet, unter anderem erhielt sie die Theodor-Heuss-Medaille für ihr vorbildliches demokratisches Verhalten. Schon zu ihrer Studienzeit gehörte sie zu den wenigen Informatikstudentinnen, was sich (leider) bis in ihr Wirken als Dozentin durchzog: „Es gab einzelne Kurse, wo wir auch mal mehr waren. Also ich war sogar mal in einer kleinen Arbeitsgruppe, wo wir zwei Frauen waren. Ich hatte aber später als Dozentin auch Seminare, wo keine einzige Studentin dabei war.“
Sie ist IT-Spezialistin, Softwareentwicklerin und hat sich bis in die Spitze des Managements gearbeitet: Christine Regitz ist seit Mitte der 1990er beim Softwarekonzern SAP tätig und ist dort aktuell Global Head of SAP Women in Tech sowie Aufsichtsrätin in diversen Unternehmensausschüssen. Seit vielen Jahren engagiert sich die studierte BWLerin und Physikerin für die stärkere Förderung, Sichtbarkeit und Vernetzung von Frauen in der IT – eine Herzensangelegenheit, die sich unter anderem in ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Sprecherin der Fachgruppe „Frauen und Informatik“ (2010-2016) in der Gesellschaft für Informatik (GI) niederschlägt.
2022 wurde sie – nach über 50-jährigem Bestehen – zur ersten Präsidentin der Gesellschaft für Informatik ernannt. Für ihre Bemühungen für eine weiblichere Tech-Welt wurde Regitz 2018 mit dem Felicitas-Preis in der Kategorie „MINT Role Model” ausgezeichnet, 2021 wurde sie vom Handelsblatt zu den „100 Frauen, die Deutschland bewegen” gewählt. Weibliche Rollenbilder in der IT, das ist nur einer der vielen nötigen Hebel, um mehr Mädchen und junge Frauen für dieses Berufsfeld zu begeistern, weiß Regitz. Sie befürwortet zudem die Einführung von Informatik als Pflichtfach in der Schulzeit: „Wenn es uns um Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit geht, führt am Pflichtfach Informatik kein Weg vorbei. Zu verstehen, wie Software oder digitale Systeme grundlegend funktionieren, sollte zu den Kulturtechniken wie Rechnen, Lesen und Schreiben gehören.”
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