Lieferketten werden immer komplexer und die Verbraucher verlangen nach Transparenz. Es reicht nicht mehr, lediglich Produkte hoher Qualität anzubieten, sondern auch deren Herkunft und Nachhaltigkeit nachvollziehbar darzustellen. Die Zeiten des blinden Vertrauens sind vorbei, der Ruf nach ethisch einwandfreien und umweltfreundlichen Produkten wird immer lauter.
Der Digitale Produktpass (DPP) kann Unternehmen dabei unterstützen, diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden. Der DPP ermöglicht es, umfassende Informationen über Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus zu erfassen, zu speichern und zu verwalten. Als Digitaler Zwilling eines physischen Produkts enthält er Angaben zu Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen oder auch Infos zu Reparaturmöglichkeiten, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung.
Der DPP versetzt Firmen in die Lage, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Produkte wiederaufzubereiten, zu reparieren oder zu recyceln und somit ihren Lebenszyklus zu verlängern. Das mindert nicht nur Abfall und Umweltbelastungen, sondern eröffnet auch neue wirtschaftliche Möglichkeiten und unterstützt die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft.
Die Europäische Kommission treibt die Einführung des Digitalen Produktpasses entscheidend voran. Er soll gesetzlich verbindlich werden, um als Instrument zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit innerhalb der EU zu dienen.
Die Weichenstellung für den DPP wurde durch folgende regulatorische Entwicklungen ermöglicht:
Bis spätestens 2030 wird der Digitale Produktpass für alle Produktgruppen gesetzlich vorgeschrieben sein. Einige Branchen werden die Anforderungen aber schon 2027 erfüllen müssen, dazu gehören: Textil, Baugewerbe, Automotive und Consumer Electronics.
Der Digitale Produktpass ist für alle Unternehmen nicht nur relevant, weil er etliche Daten – etwa zur Materialzusammensetzung – zu einem Produkt sammelt und diese kontinuierlich über den Lebenszyklus fortschreibt. Vielmehr liefert er auch die Datenpunkte für eine automatisierte Berechnung des CO2-Fußabdrucks der gesamtem Wertschöpfungskette gemäß Scope-3. Damit können auch die Rahmenparameter für ESG-Reporting (Environmental Social Governance) und GHG-Reporting (GreenHouse Gas Protokoll) erfüllt werden.
Unternehmen sollten den Digitalen Produktpass nicht als lästige Pflichtaufgabe betrachten. Er bietet die Chance, sich durch Transparenz vom Wettbewerb abzuheben. Dadurch geht ein starkes Signal an die Konsument:innen, die fundiertere Kaufentscheidungen treffen können. Zudem ermöglicht er die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle basierend auf digitalen Services. Je früher sich Unternehmen mit dem Produktpass auseinandersetzen, umso stärker kommen diese Vorteile zum Tragen.
Die konkrete Einführung eines Digitalen Produktpasses gelingt über die Nutzung eines Digitalen Zwillings – umgesetzt mit der Asset Administration Shell (AAS) und einem Verwaltungsframework. Um sich mit dem Prozess vertraut zu machen und erste Erfahrungen mit dem DPP zu sammeln, ist es ratsam, mit simplen Pilotprojekten zu beginnen, die sich auf klar definierte Produkte und Sektoren konzentrieren und auch die Partner aus der Supply-Chain von Anfang an mit einbeziehen – beispielsweise könnte sich ein Automobilhersteller erst mit einem Digitalen Produktpass für einen Motor beschäftigen und nicht gleich mit dem ganzen Fahrzeug mit seinen Hunderten von Komponenten.
Ein Vorreiter bei der Umsetzung des Digitalen Produktpasses ist das Unternehmen SMC, einer der weltweit führenden Anbieter für industrielle Automatisierungstechnik. Im Rahmen eines Eurostars-Förderprojekts arbeiten die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, SMC Schweiz und SMC Austria sowie objective partner derzeit gemeinsam an „Smart Assets“ für Industrie 4.0. Plan ist es, die Asset Administration Shell (AAS), den Eckpfeiler des Datenaustauschs der Industrie 4.0, in die Operationen der Komponentenlieferanten einzuführen. Die Asset Administration Shell ist von entscheidender Bedeutung, um Asset-Management, Integration, Transparenz und Rückverfolgbarkeit zu optimieren. Eine digitale Repräsentation von Assets, die von der AAS bereitgestellt wird, ermöglicht Echtzeit-Überwachung, proaktive Wartung, verbesserte Entscheidungsfindung u.v.m.
Die ersten Projekt-Ergebnisse sind vielversprechend. Wir appellieren an die Unternehmen hierzulande, es SMC gleichzutun und sich frühzeitig mit dem Digitalen Produktpass auseinandersetzen. Das Thema ist komplex und es ist besser, den Stein selbst proaktiv ins Rollen zu bringen, als von ihm überrollt zu werden, falls man bis zum letzten Drücker wartet.
Thomas Weis
ist Chief Expert Digital Transformation und verantwortlich für Digitale Strategien bei objective partner.
IT-Systeme werden vor Ort in einem hochsicheren IT-Safe betrieben, ohne auf bauliche Maßnahmen wie die…
Cloud-Trends 2025: Zahlreiche neue Technologien erweitern die Grenzen von Cloud Computing.
Noah Labs wollen Kardiologie-Praxen und Krankenhäuser in Deutschland durch KI-gestütztes Telemonitoring von Patienten entlasten.
Neun von zehn deutschen Managern erwarten, dass der Einsatz von KI auf ihre Nachhaltigkeitsziele einzahlen…
Intergermania Transport automatisiert die Belegerfassung mit KI und profitiert von 95 Prozent Zeitersparnis.
Cyberattacken finden in allen Branchen statt, und Geschwindigkeit und Häufigkeit der Angriffe werden weiter zunehmen,…