SAP-Investitionen 2024: Anwender treten stärker auf die Bremse
Der neue Investitionsreport der DSAG zeigt: Die IT- und SAP-Budgets steigen zwar weiter – allerdings bei weniger Unternehmen als 2023.
Auch in diesem Jahr hat die deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) ihre Mitglieder dazu befragt, wo und wieviel sie in diesem Jahr investieren wollen. Insgesamt 228 Unternehmen haben die Umfrage beantwortet.
Die Ergebnisse zeigen: Während die Investitionsbereitschaft in S/4HANA generell weiter zunimmt, sehen viele Anwenderunternehmen bei SAPs dazugehöriger Cloud-Strategie noch erheblichen Diskussionsbedarf. Zudem scheinen auch die Angebote RISE und GROW with SAP an Bedeutung zu gewinnen. Last but not leaset würden Lösungen rund um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) weiter zulegen.
Bei 43 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) steigt das IT-Gesamtbudget. Vor einem Jahr lag die Vergleichszahl bei 54 Prozent, also gut elf Punkte höher. Über keinerlei Budgetanstieg berichten 36 Prozent der Unternehmen (2023: 26 Prozent), während 18 Prozent Rückgänge einräumen (2023: 15 Prozent). Bei den Investitionen in SAP lässt sich laut Studie festhalten, dass bei 46 Prozent der Unternehmen das Budget steigt (2023: 52 Prozent), bei 32 Prozent unverändert bleibt (2023: 31 Prozent) und bei 19 Prozent sinkt (2023: 15 Prozent).
„Der Anteil der Unternehmen, deren IT- und SAP-Investitionsbudgets gleichbleiben oder sinken, ist deutlich gestiegen. Die Marktbedingungen sind schwierig und unsicher. Dementsprechend ist nachvollziehbar, dass Unternehmen eher abwartend agieren – zu empfehlen ist das allerdings nicht, wenn sie langfristig dem Wettbewerb standhalten wollen“, sagt DSAG-Vorstandsvorsitzender Jens Hungershausen (Bild).
Business Suite weiter Spitzenreiter
Gefragt nach den eingesetzten SAP-Enterprise-Resource-Planning (ERP)-Lösungen liegt auch im Jahr 2024 SAP ERP beziehungsweise die SAP Business Suite mit 68 Prozent (2023: 79 Prozent) weiter deutlich in Führung vor S/4HANA On-Premises mit 44 Prozent (2023: 41 Prozent). Die Nutzung von S/4HANA Private Cloud und S/4HANA Public Cloud hat insgesamt zugenommen. So setzen 11 Prozent (2023: 8 Prozent) auf S/4HANA Private Cloud und 6 Prozent (2023: 3 Prozent) auf S/4HANA Public Cloud.
„Die Cloud-Betriebsmodelle für S/4HANA spielen nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Das ist nicht überraschend, da Unternehmen beim Wechsel in die Cloud vor zahlreichen Herausforderungen stehen. Hier spielen sicher auch strategische Gründe, wie bereits getätigte Investitionen und Sicherheitsbedenken bei kritischen IT-Infrastrukturen eine Rolle“, erläutert der DSAG-Vorstandsvorsitzende.
Diskussion um SAPs Cloud-Strategie
Erstmals wurden die DSAG-Mitgliedsunternehmen in diesem Jahr danach gefragt, wie sie die S/4HANA-Cloud-Strategie von SAP beurteilen. Dabei muss man berücksichtigen, dass die DSAG-Befragung teilweise bereits vor dem Launch des neuen SAP-Programms RISE with SAP Migration & Modernization stattgefunden hat, das Incentive-Maßnahmen beim Wechsel in die Cloud beinhaltet. „Die befragten DSAG-Mitglieder sehen die S/4HANA-Cloud-Strategie von SAP kritisch. Nur 13 Prozent der Befragten fällen ein positives, knapp die Hälfte ein negatives Urteil“, erläutert Jens Hungershausen.
Als positiv werden im Rahmen der Investitionsumfrage Themen wie eine höhere Standardisierung, mehr Flexibilität und eine höhere Security benannt. „Gleichzeitig möchten die Befragten sichergestellt sehen, dass On-Premises-Kunden auch die strategischen Innovationen in vollem Umfang konsumieren können“, fasst Jens Hungershausen zusammen.
Investitionsbereitschaft in S/4HANA wächst
Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft in S/4HANA insgesamt hat diese Einschätzung jedoch kaum. Gefragt nach der Relevanz der Business Suite für die SAP-Investitionen im Jahr 2024 planen vier Prozent der Unternehmen hohe Investitionen (2023: 6 Prozent) und 18 Prozent mittlere Investitionen (2023: 22 Prozent). Bei S/4HANA sind hohe Investitionen für 38 Prozent relevant (2023: 28 Prozent) und mittlere Investitionen für 32 Prozent (2023: 38 Prozent).
„Die Investitionen in S/4HANA nehmen weiter zu. Insbesondere der Anstieg bei den hohen Investitionen lässt vermuten, dass die Anstrengungen von DSAG und SAP hinsichtlich der Begleitung der Anwenderunternehmen bei der Transformation Früchte tragen. Nichtsdestotrotz hätte ich eine höhere Investitionsbereitschaft in S/4HANA erwartet – insbesondere mit Hinblick auf das Wartungsende 2027 und dem dadurch sehr knappen Zeitfenster für eine Migration“, ordnet Jens Hungershausen ein.
RISE with SAP kann zulegen
Nach der Rolle von RISE with SAP für die Unternehmen gefragt, geben 16 Prozent der Befragten an, das sie das Angebot bereits nutzen oder planen es zu nutzen. Acht Prozent geben an, das Angebot nicht zu kennen. 61 Prozent der Befragten planen das Angebot nicht zu nutzen. Im DSAG-Investitionsreport von 2022 gaben 57 Prozent der Befragten an, dass es sehr und eher unwahrscheinlich ist, dass sie RISE with SAP in ihren Unternehmen in Betracht ziehen.
„Viele der befragten Unternehmen möchten mit ihren SAP-ERP-Systemen On-Premises bleiben. Sie sahen zum Zeitpunkt der Umfrage keine Vorteile einer Migration in die Cloud und das Vertrauen in SAP fehlt hier teilweise auch“, sagt Jens Hungershausen. Zudem nennen die Befragten ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis, erhöhte Testaufwände eingeschränkte Erweiterungsmöglichkeiten sowie die hohe Abhängigkeit von SAP inklusive fehlender Ausstiegs-Möglichkeiten als Gründe.
GROW with SAP spielt in der DSAG-Community aktuell keine große Rolle. 55 Prozent der Befragten geben an, das Angebot nicht nutzen zu wollen. „S/4HANA Public Cloud ist für viele der Befragten keine Option. GROW with SAP wird eher als Angebot für Neukunden gesehen, die einen Greenfield-Ansatz wählen“, fasst Jens Hungershausen zusammen.
Business Technology Platform übernimmt Führung
Mit Blick auf die SAP-Cloud-Lösungen und deren Relevanz für Investitionen im Jahr 2024 liegt die SAP Business Technology Platform (BTP) mit hohen und mittleren Investitionen von 33 Prozent (2023: 24 Prozent) vor SAP SuccessFactors auf Platz 1. Für SuccessFactors planen 21 Prozent (2023: 17 Prozent) hohe und mittlere Investitionen. Auf Platz 3 folgt SAP Customer Experience (CX) mit 12 Prozent (2023: 9 Prozent).
In Sachen Business Technology Platform werden für die Analyselösungen von 34 Prozent (2023: 38 Prozent) der Befragten hohe und mittlere Investitionen geplant, gefolgt von den Integrations-Lösungen mit 27 Prozent (2023: 17 Prozent). Für Anwendungsentwicklung und -automatisierung planen 17 Prozent der Befragten (2023: 17 Prozent) hohe und mittlere Investitionen in die BTP.
Cybersecurity
Neben den reinen SAP-Themen gilt ein weiterer Schwerpunkt der Umfrage der Relevanz von übergreifenden Themen für die Investitionsplanung. Dabei steht die Cybersecurity mit 88 Prozent (2023: 88 Prozent) hoher und mittlerer Relevanz deutlich an erster Stelle, gefolgt von der Prozessautomatisierung mit 75 Prozent (2023: 68 Prozent) und der Digitalen Kompetenz 63 Prozent (2023: 50 Prozent).
„Die ungebrochen große Bedeutung der Cybersecurity überrascht nicht. Auch durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) werden die Gefahren immer größer. Umso erfreulicher ist es, dass SAP der langjährigen DSAG-Forderung nachgekommen ist und bei den DSAG-Technologietagen 2024 ein SAP-Security-Dashboard vorgestellt hat“, so Jens Hungershausen.
Insgesamt brauche es darüber hinaus vor allem eins: Qualitativ hochwertige Software- und Cloud-Lösungen, die den gestiegenen Anforderungen an Betrieb und Sicherheit gerecht werden, sowie ein funktionales Äquivalent zu bisherigen On-Premises-Lösungen bieten. Unabdingbar ist aus DSAG-Sicht, dass SAP die Kunden über das komplette Portfolio hinweg mit umsetzbaren Lösungen und Standards begleitet.
Das Thema IT-Governance spielt für 56 Prozent (2023: 44 Prozent) der Befragten und das Thema Nachhaltigkeit für 51 Prozent (2023: 48 Prozent) der Befragten eine Rolle. Nachhaltigkeit bleibt damit ein wichtiges Thema. „Aus DSAG-Sicht würde sich SAP eher als Nachhaltigkeits-Enabler positionieren, wenn der Green Ledger allen S/4HANA-Kunden zur Verfügung gestellt würde“, so Jens Hungershausen.
Relevanz von KI nimmt zu
In diesem Jahr hat die Investitionsumfrage auch wieder die Relevanz von Künstlicher Intelligenz (KI) für die IT-Investitionen abgefragt. Im Investitionsreport von 2022 planten 12 Prozent der Befragten in Künstliche Intelligenz/Machine-Learning zu investieren. Knapp zwei Jahre später weisen 28 Prozent der Befragten der KI eine hohe und mittlere Relevanz für ihre IT-Investitionen zu. Für 65 Prozent ist sie nur geringfügig oder gar nicht relevant. Vorteile von KI sehen die Befragten vor allem für die Bereiche IT, Finanzwesen, Service, Beschaffung sowie Vertrieb und Marketing.
„Das Ergebnis zeigt, dass aufgrund der hohen Dynamik im KI-Bereich und der damit verbundenen Entwicklung des Marktes viele Unternehmen noch zurückhaltend sind. Hier sind wir als DSAG gemeinsam mit SAP gefordert, für mehr Klarheit zu sorgen, Antworten zu liefern und Meilensteine für die Orientierung zu setzen”, fasst Jens Hungershausen zusammen.
Auf die Frage, wie sie die KI-Strategie von SAP beurteilen, macht fast die Hälfte der Befragten keine Angaben. 21 Prozent beurteilen sie als befriedigend, während 10 Prozent sie mit „gut“ bewerten. „Unsere Mitglieder sehen insbesondere die Kopplung von KI und Cloud als kritisch. Sie wünschen sich einen einfacheren Zugang zu KI und mehr Transparenz bezüglich der bereits vorhandenen und künftigen Möglichkeiten“, erläutert Jens Hungershausen. Konkret fordern die Anwenderunternehmen praxisrelevante Use Cases und eine offene Integration, die auch On-Premises funktioniert.
Erhebungsgrundlage
Vom 23. Januar bis 13. Februar 2024 haben 228 Personen an der Umfrage teilgenommen. Pro Mitgliedsunternehmen wurde nur eine Person befragt. Dabei handelte es sich um CIO, CC-Leitende oder Ansprechpersonen ausschließlich aus Anwenderunternehmen. Bei den Branchen dominierten unter den TOP-5 der Maschinen-, Geräte- und Komponentenbau mit 12 Prozent, gefolgt vom öffentlichen Sektor mit 11 Prozent sowie der Chemieindustrie mit 7 Prozent. Die Automobilindustrie sowie die Hightech- und Elektronikindustrie stellten jeweils 6 Prozent der Teilnehmenden. 44 Prozent der Unternehmen beschäftigen 500 bis 2.499 Mitarbeitende. 73 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 13 Prozent in Österreich, 9 Prozent in der Schweiz und 4 Prozent in sonstigen Ländern.