Ab Februar 2027 brauchen alle neu in der EU auf den Markt gebrachten Traktionsbatterien, Batterien von Zweirädern und Industriebatterien, die über 2 kWh Kapazität haben, einen digitalen Produktpass. Der Pass soll die erforderlichen Wertschöpfungsprozesse nachhaltiger machen, Umweltbelastungen verringern und die Zweitverwertung von Batterien ermöglichen.
Das sogenannte Battery-Pass-Konsortium entwickelt die dazu erforderlichen Rahmenwerke. Forschende des Fraunhofer IPK verantworten die Konzeption und Umsetzung der technischen Standards. Auf der Hannover Messe (Halle 2, Stand B24) zeigen sie den Entwurf eines technischen Referenzstandards, der eine skalierte und interoperable Umsetzung von Batteriepässen – und digitalen Produktpässen aller Art – ermöglichen soll.
Batterien gelten als Schlüssel für den Übergang zu klimafreundlicher Mobilität und den breiten Einsatz erneuerbarer Energien. Als wesentliche Komponente des Elektrofahrzeugs müssen sie jedoch nachhaltig produziert, genutzt und aufwandsarm in den Materialkreislauf zurückgebracht werden. Es gilt, den Lebenszyklus des gesamten Batteriesystems so weit wie möglich zu verlängern sowie die eingesetzten Rohstoffe, Materialien und Komponenten nach Erstnutzung wiederzuverwenden.
Hinzu kommt die Schaffung transparenter Lieferketten von den Rohstoffen bis zur Montage der Batterie. Auch müssen Hersteller künftig sämtliche Emissionen dokumentieren, die bei der Herstellung, Nutzung sowie Entsorgung ihrer Produkte entstehen. Die neue EU-Batterieverordnung fordert ab Februar 2027 verpflichtend für alle Traktionsbatterien, Batterien von Zweirädern und Industriebatterien über 2 kWh Kapazität einen digitalen EU-Batteriepass, der diese Ambitionen unterstützen soll. Dies betrifft auch LMT-Batterien (light means of transport), die in E-Bikes und E-Rollern verbaut sind.
Der Batteriepass soll eine nahtlose Dokumentation des Batterielebens von der Rohstoffgewinnung und Produktion über die Nutzung bis zur Wiedernutzung und dem Recycling unterstützen. Laut Fraunhofer erfasst er die Herkunft einer Batterie und protokolliert den relevanten Nutzungsverlauf.
Dazu dokumentiert er Daten, die die Nachhaltigkeit und Verantwortlichkeit der Lieferkette umfassend beschreiben – wie den CO2-Fußabdruck, Arbeitsbedingungen in der Rohstoffextraktion, Batterie-Materialien und -komponenten, enthaltene Gefahrenstoffe, Ressourceneffizienz, Leistung und Haltbarkeit, Bestimmung des Batteriezustands und weitere Informationen, etwa zu Rezyklierbarkeit und Reparatur sowie zur Umsetzung dieser Schritte. Im Batteriepass enthaltene Demontageanleitungen unterstützen bei der aufwandsarmen und möglichst vollständigen Zweitverwertung der Batteriebestandteile.
»Der Batteriepass bildet alle sozial, ökologisch und ökonomisch relevanten Informationen des Lebenszyklus einer Batterie digital ab. Durch die Bereitstellung von verifizierten und verifizierbaren Informationen kann er Transparenz schaffen, ›Second Life‹-Anwendungen unterstützen oder die Verarbeitung bei Recyclingbetreibern optimieren«, sagt Prof. Thomas Knothe, Wissenschaftler am Fraunhofer IPK.
Dies unterstütze den Aufbau von nachhaltigen Geschäftsmodellen entlang der Batterie-Wertschöpfungskette unter Einhaltung relevanter Nachhaltigkeits- und Ethikkriterien. Auf diesem Weg könne dann beispielsweise auch Kinderarbeit oder Umweltverschmutzung in Rohstoff produzierenden Ländern verringert werden. Zudem erhielte man einen Überblick über den Export von Altbatterien. Damit die Hersteller von Batterien und Importeure den Batteriepass 2027 vorlegen können, müssten allerdings alle erforderlichen Grundlagen, technischen Spezifikationen und Testsysteme bis Ende 2025 fertiggestellt sein.
Umgesetzt wird der Batteriepass in Form eines Softwaresystems, in dem sämtliche Daten in verteilten Data Spaces gespeichert und dezentral verantwortet sind. Bestimmte Funktionalitäten, wie die zentrale Registrierung der Pässe sowie ein sogenanntes »Data Portal«, durch das die aggregierte Einsicht in eine Mehrzahl von Batteriepässen möglich werden soll, verantwortet die Europäische Kommission.
Einzelne Datenelemente werden ausschließlich für Datensysteme nationaler Autoritäten bereitgestellt, beispielsweise für Marktkonformitätsprüfung. Die restliche Verwaltung der Daten obliegt dem Hersteller. Ändern sich Batteriedaten, muss dies im Pass aktualisiert werden. Jeder Hersteller muss einen Drittanbieter benennen, sodass im Falle einer Insolvenz ein Back-up der Daten gewährleistet ist.
Die erforderlichen Schnittstellen, Zugriffsrechte und Funktionen müssen im Softwaresystem implementiert sein. Um dies zu gewährleisten, werden im Batteriepass-Konsortium zahlreiche Fragen geklärt: Welche Batteriedaten werden künftig benötigt? Wie und von wem sind sie wann und wo zu speichern? Wer kann wie auf die Daten zugreifen? Wie wird die Sicherheit des Datenzugriffes gewährleistet? Wie können Lösungen bestehende, aber auch neue Systeme integrieren?
Das Konsortium schlägt dafür bestehende und neu zu erarbeitende technische Standards vor und veranschaulicht deren integrative Anwendung anhand eines Software-Demonstrators. »Eine Herausforderung beim Realisieren der Spezifikationen ist die Interoperabilität«, sagt Knothe. Beispielsweise müsse das Softwaresystem möglichst viele verschiedene Data Carrier unterstützen, die vergleichbar einem Barcode oder einem QR-Code Informationen zum Produkt liefern. Gleiches gelte für die sogenannten Unique Identifier, sprich Identifikationssysteme, die wie eine Ausweisnummer ein Produkt eindeutig zuordnen.
Darüber hinaus müsse das System unterschiedliche Regeln der Länder abbilden können und kompatibel zu zahlreichen Datenmanagementtechnologien und Plattformen sein. Auch die Datenanforderungen verschiedener Branchen seien zu berücksichtigen, da der Batteriepass die Grundlage für weitere Pässe schafft. »Ein solches System ist zu komplex, um von einem einzelnen Unternehmen oder selbst einem Konsortium getrieben zu werden. Deshalb haben wir bei Battery Pass schon frühzeitig eine größere Community von Partnern und Unterstützern in die Projektaktivitäten einbezogen. Das gibt dem System zugleich den nötigen Rückenwind, um im praktischen Einsatz breite Akzeptanz zu finden«, sagt Knothe.
Der Batteriepass ist der erste digitale Produktpass, der auf europäischer Ebene eingeführt wird. Er fungiert als Pilot – weitere Pässe etwa zu Textilien, Elektronik und Baumaterialien sind in Planung, um den Datenaustausch in der Liefer- und Wertschöpfungskette und die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zu garantieren. »Es handelt sich zu Recht um eine wichtige Pilotanwendung für digitale Produktpässe allgemein, die in Zukunft auch auf andere Branchen ausgeweitet und an Bedeutung gewinnen wird«, so der Forscher.
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