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Warum das VMware-Desaster ein Weckruf für die Software-Welt sein muss

Am Anfang bestand Hoffnung. Auch wenn dem Tech-Giganten Broadcom auf dem Markt nicht der Ruf vorauseilte, mit übernommenen Unternehmen sensibel umzugehen, äußerten sich VMware-Mitarbeiter noch im Dezember 2023 durchaus positiv, dass „die nächsten Schritte sicher überlegt und strategisch angegangen werden“. Nur wenige Monate nach dem spektakulären 61-Milliarden-Dollar-Deal stehen VMware, und damit auch die große Kundenbasis, aber vor einem riesigen Scherbenhaufen. Was war geschehen?

Astronomisch hohe Preise

Zunächst kündigte Broadcom mit einigen Ausnahmen alle Lizenzen, die Preise für Kunden steigen in der Folge nach dem Stichtag am 1. April 2024 in astronomische Höhen, die teilweise zwölfmal so hoch sind wie die aktuellen Preise. Das wahnwitzige Kalkül dahinter ist ebenso banal wie berechnend – VMware ist für viele Unternehmen und Cloud-Dienste nur schwer oder sogar überhaupt nicht zu ersetzen. Eine Abhängigkeit, die Broadcom nun eiskalt ausnutzt. Neben dem neuen Zwang zum Abomodell bleibt nicht viel übrig – selbst bis dato kostenlose Testversionen wird es unter der Federführung der neuen Inhaber nicht mehr geben.

Den Rotstift setzten diese ebenfalls bei der Belegschaft an. 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten bereits gehen, weitere dürften folgen. Neben der miserablen Außenwirkung ruft dieses Vorgehen auch Branchenverbände auf den Plan, die Forderungen nach politischer Intervention werden lauter. So verlangt etwa der europäische Interessenverband der Clouddienste, CISPE, von Behörden und Gesetzgebern eine strenge Überprüfung der einseitigen Aufhebung von Lizenzbedingungen durch Broadcom.

Broadcom-Vorgehen könnte Nachahmer finden

Der tiefe Fall von VMware ist ein harter Schlag für die gesamte Branche, zeigt er doch erneut die Anfälligkeit von Unternehmen, die sich auf Standardsoftware, proprietäre Lösungen und Lizenzmodelle einlassen – oder, noch schlimmer, auf sie angewiesen sind. Beispiele wie das Vorgehen von Broadcom könnte Nachahmer finden – aber auch zukünftige Entscheidungen erleichtern, wenn Unternehmen vor der Frage stehen: buy oder build, also selbst programmieren oder zukaufen?

Standardsoftware bietet auf dem dynamischen IT-Markt nicht mehr als die Sicherheit, dass es keine Sicherheit mehr gibt. Auch wenn aktuelle Rahmenbedingungen und Preise stimmen, mit der nächsten Übernahme, dem nächsten Strategiewechsel oder sogar dem nächsten CEO können bisherige Konditionen schnell vorbei sein. Daher gilt: raus aus den Abhängigkeiten, weg von proprietärer Software, die Unternehmen den Anbietern ausliefert. Oftmals ist das natürlich leichter gesagt als getan.

Priorität auf Open Source

Und dennoch: Eigenprogrammierung, offene Schnittstellen und Open Source müssen die Priorität werden. Setzen Unternehmen aus wirtschaftlichen oder fachlichen Gründen, etwa fehlender Manpower oder Inhouse-Expertise, auf Standardlösungen und Lizenzmodelle, sollten sie die Bedingungen genauestens prüfen. Sind die einzelnen Komponenten offen, damit eine weitere Verwendung ohne den Anbieter möglich ist? Welche Kündigungsfrist ist vorgesehen? Mit welchen Fristen können die Bezahlmodelle geändert werden?

Die Demontage eines angesehenen Unternehmens wie VMware führt uns vor Augen, welche drastischen Konsequenzen für Unternehmen drohen, die nicht Herr über die fundamentalen Komponenten ihrer eigenen IT sind. Abhängigkeitsverhältnisse werden zunehmend Teil von Geschäftspraktiken – dagegen müssen wir uns in aller Entschiedenheit wehren. Nutzen Anbieter die Zwangslage ihrer Kunden aus, kann es nur eine Konsequenz geben: Schluss mit Standardsoftware und Abzocke-Modellen.

Nadine Riederer

ist CEO des IT-Dienstleisters Avision.

Roger Homrich

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