Bei bildgebenden Verfahren oder dem Berechnen von Krankheitsrisiken sind viele KI-Verfahren in der Entwicklung und Erprobung. Wenn es darum geht, Muster in großen Datenmengen zu erkennen, kann die Maschine gute Dienste leisten. Sie vergleicht Daten gelernter Beispielen, zieht daraus ihre Schlüsse und leitet Vorhersagen ab.
Jetzt lotet ein internationales Team um Professor Stefan Feuerriegel , Leiter des Instituts für AI in Management an der LMU, das Potenzial eines vergleichsweise neuen Zweigs von KI für Diagnostik und Therapie aus. Lassen sich mit Kausalem Maschinellen Lernen (ML) Behandlungsergebnisse besser als mit bisher gängigen Machine-Learning-Verfahren? Das Forscherteam rund um Stefan Feuerriegel glaubt, die Wirksamkeit und Sicherheit von Behandlungen lässt sich so verbessern.
Insbesondere biete die neue Machine-Learning-Variante “eine Fülle von Möglichkeiten, Behandlungsstrategien zu personalisieren und damit die Gesundheit der Patienten individuell zu verbessern”, sagen die Forscher aus München, Cambridge und Boston. Was die maschinelle Assistenz bei Therapieentscheidungen angeht, erwarten sie einen entscheidenden Qualitätssprung. Klassisches Maschinenlernen erkenne Muster und entdeckt
Korrelationen. Das kausale Prinzip von Ursache und Wirkung aber bleibe den Maschinen in aller Regel verschlossen. Die Frage nach dem Warum können sie nicht angehen. Doch viele Fragen, die
sich bei Therapieentscheidungen stellen, bergen kausale Probleme.
Die Forscher führen dafür das Beispiel Diabetes an: Klassisches ML würde darauf abzielen vorherzusagen, wie wahrscheinlich eine Erkrankung ist, wenn der Patient eine Reihe von Risikofaktoren mitbringt. Mit Kausalem ML könnte man im Idealfall beantworten, wie sich das Risiko verändert, wenn der Patient ein Anti-Diabetes-Mittel bekommt, eine Ursache – die Medikamentengabe – also eine Wirkung hat. Es wäre auch möglich abzuschätzen, ob ein anderer
Behandlungsplan besser wäre als etwa das häufig verabreichte Medikament Metformin.
Doch um etwa den Effekt einer – hypothetischen – Behandlung abschätzen zu können, “müssen die KI-Modelle lernen, Fragen nach dem Muster ,Was wäre, wenn’ zu beantworten”, sagt Jonas Schweisthal, Doktorand in Feuerriegels Team. “Wir geben der Maschine Regeln dafür mit, die kausale Struktur zu erkennen und das Problem richtig zu formalisieren”, sagt Feuerriegel. Sie müsse lernen, die Auswirkungen von Eingriffen zu erkennen und gleichsam zu verstehen, wie sich Folgen in der Realität in dem Datenfutter der Rechner widerspiegeln.
“Die Software, die wir für kausale ML-Methoden in der Medizin brauchen, gibt es nicht out of the box”, dafür sei eine komplexe Modellierung der jeweiligen Problemstellung nötig, ” bei der KI-Experten und Mediziner eng zusammenarbeiten”, sagt Feuerriegel. In anderen Anwendungsgebieten, etwa dem Marketing, sei das Arbeiten mit Kausalem ML schon seit ein paar Jahren in der Erprobungsphase. “Unser Ziel ist es, die Methoden auch einen Schritt näher an die Praxis zu bringen.”
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