Risiken der Schatten-KI meistern
Mitarbeitende nutzen “heimlich” GenKI-Apps und erhöhen damit die Risiken in Unternehmen, warnt David Talaga von Dataiku.
Obwohl Unternehmen massiv in IT-Lösungen investieren, dauert es oft, bis Unternehmen neue Software-Trends institutionalisieren und entsprechende Tools in ihren Tech-Stack integrieren. Die Folge: Mitarbeitende adaptieren neue Technologien und nutzen häufig Apps, die (noch) nicht zum offiziellen Tool-Set ihres Arbeitgebers gehören. Diese Schatten-IT wird derzeit durch den Einsatz von GenKI-Anwendungen, die nicht von der Organisation abgesegnet sind, verstärkt. Laut Gartner setzen 41 Prozent der Mitarbeitenden solche Tools ein, was sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann.
Schatten-IT als Seismograph interner Innovation
Die Nutzung von Schatten-IT ist kein Zeichen von Rebellion, sondern ein Indikator dafür, dass die bestehenden Arbeitsinstrumente ausbaufähig sind. Eine Umfrage der HR-Plattform Beezy zeigt, dass 61 Prozent der Angestellten mit den bereitgestellten Software-Lösungen unzufrieden sind. 40 Prozent dieser Mitarbeitenden greifen daher zu nicht autorisierten Tools.
Mit Bezug auf KI-Tools ermittelte Dataiku in einer Umfrage unter IT-Führungskräften, dass fast die Hälfte der Befragten ihre aktuellen Datentools nicht für ihre Analyse- und KI-Anwendungen geeignet ansehen. Acht von zehn sagen, es fehle ihnen an spezifischen Tools oder Prozessen für die Verwaltung von LLMs. Die meisten Unternehmen kommen gegenwärtig nicht über den Status der unstrukturierten Experimentierphase hinaus.
Sicherheitsrisiken und Effizienzprobleme
Neben den Vorteilen birgt Schatten-IT aber auch Risiken, zum Beispiel durch den Zugriff auf interne Daten. Einer Studie von Tenable zufolge, haben 39 Prozent der deutschen Unternehmen bereits Datenverluste verzeichnet, weil sie nicht korrekt zwischen autorisierten und nicht autorisierten Tools übertragen wurden. 50 Prozent erwarten, dass dieses Problem zunehmen wird.
Zusätzlich können Inkompatibilitäten mit bestehenden Tools die Effizienz beeinträchtigen. Unterschiedliche Teams, die verschiedene, selbst gewählte Tools verwenden, können Kommunikations- und Kollaborationsprobleme verursachen. Es besteht auch die Gefahr von Lizenzverstößen. Wenn Mitarbeitende Schatten-IT nutzen, um Lücken in der offiziellen Software abzudecken, entsteht die Gefahr einer Fragmentierung der IT-Landschaft. Diese Fragmentierung kann zu ineffizienten Arbeitsprozessen und erhöhtem Fehlerpotenzial führen. Ohne zentrale Übersicht, welche Lösungen im Unternehmen offiziell verfügbar sind, laufen Unternehmen Gefahr, dass Mitarbeitende mehrfach gleiche Lizenzen erwerben und Kosten explodieren.
Die richtige Balance finden
Wie können Unternehmen also das Beste aus Schatten-IT ziehen? Denn immerhin binden Mitarbeitende intrinsisch motiviert die Tools mit großem Mehrwert in ihren Arbeitsalltag ein, was sich auf offiziellem Wege oftmals als langwieriger Prozess entpuppt. Der erste Schritt besteht darin, genutzte Tools zu identifizieren und zu evaluieren, welche Anwendungen für das gesamte Unternehmen von Nutzen sein könnten. Experten aus IT und organisationalem Design sollten hierbei einbezogen werden, um die Skalierbarkeit und den Nutzen der Tools im Gesamtkontext des Unternehmens zu beurteilen. Die Identifikation und Bewertung der genutzten Schatten-IT erfordert eine systematische Vorgehensweise. Dies umfasst sowohl die technische Analyse der verwendeten Tools als auch die Einbeziehung der Mitarbeitenden in den Evaluationsprozess.
Standards setzen und nutzen
Sobald ein Schatten-Tool als vorteilhaft erkannt wurde, müssen Standards für dessen Anwendung innerhalb des Unternehmens festgelegt werden. Dies stellt sicher, dass Arbeitsprozesse erleichtert und Ergebnisse compliant, qualitativ hochwertig und einheitlich erzielt werden. Die Implementierung solcher Standards sollte in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Teams erfolgen, um Akzeptanz und reibungslose Integration zu gewährleisten.
Unternehmen sollten die Arbeitsrealität ihrer Mitarbeitenden ernst nehmen und in den Dialog treten, um nützliche Anwendungen zu identifizieren und bestmöglich zu integrieren. Eine Bottom-Up Einführung unterstützt die Akzeptanz der Tools und fördert die organische Anpassung an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Durch eine stärker bedürfnisorientierte Ausrichtung des Technologiestacks können Unternehmen die Nutzung ihrer Softwareinvestitionen und die operative Effizienz steigern und somit ihren Softwarebestand agil und innovativ halten. Ein kontinuierlicher Austausch zwischen IT-Abteilung und Mitarbeitenden ist dabei unerlässlich. Regelmäßige Feedbackrunden und Workshops können dazu beitragen, die Bedürfnisse der Belegschaft besser zu verstehen und zukünftige IT-Strategien darauf abzustimmen. Auf diese Weise entsteht eine Kultur der Zusammenarbeit und Innovation, die langfristig den Erfolg des Unternehmens sichert.
David Talaga
ist Product Marketing Director bei Dataiku.