Gamescom: Latenz im Spiel

Die Gamescom zeigt warum latenzsensible Applikationen im Cloud-Edge-Kontinuum die Herzen von Gamern schneller schlagen lassen.

Ob als Mobile-, Online- oder Download-Game: 024 wird die Branche laut Statista Market Insights einen globalen Umsatz von rund 262 Milliarden Euro erzielen und bis 2027 mehr als 339 Milliarden Euro Wert sein, Die globale Erfolgsgeschichte des Markts ist zugleich eine Erfolgsgeschichte des Internets. Weltweit kaufen User Games am liebsten online, laden Top-Titel direkt aus dem Netz runter oder treten übers Web im Mehrspieler-Modus gegeneinander an.

Und das immer häufiger auch in Virtual Reality (VR). Beispielsweise treffen sich Gamer bei Eleven: Table Tennis VR live an der digitalen Tischtennisplatte zum virtuellen Match. Gerade Titel, in denen mehrere Nutzer teils sogar in VR miteinander spielen, machen die Geschwindigkeit des eigenen Internetanschlusses zum entscheidenden Faktor. Langsame PING-Zeiten, wie sie bereits Anfang der 2000er Jahre auf jeder LAN-Party gefürchtet waren, bestimmen auch heute noch über Erfolg oder Misserfolg in Multiplayer-Welten.

Langsame Datenpakete schränken Spaßfaktor ein

Nicht anders im Cloud Gaming, wenn komplette Top-Titel aus hochleistungsfähigen Rechenzentren die User als 4K-Stream erreichen sollen. Sind Datenpakete zu langsam unterwegs, schränken sie Erlebnis und Spaßfaktor ein. Beispiel Google Stadia: Im Jahr 2019 ging der Cloud-Gaming-Dienst des US-Hyperscalers an den Start. Die Verheißung, Blockbuster-Games in Konsolenqualität ohne Konsole zu spielen, ging aber bei Stadia nicht auf. 2023 stellte Google den Dienst ein. Und die Zeit hat gezeigt, dass Gaming-PCs und Konsolen weiterhin eine Zukunft gehört.

Kommt es bei Cloud-Games auf jede Millisekunde an, wird die Latenz entscheidend. Und im Unterschied zu Film- oder Audiostreams müssen Cloud-Gaming-Dienste dabei Pakete zum einen mit minimaler Latenz in Richtung Nutzer senden und zum anderen ebenso verzögerungsfrei empfangen und verarbeiten können. Die Biologie gibt dabei die Spielregeln vor: Unser Gehirn braucht 20 Millisekunden, um haptische Eindrücke zu verarbeiten. In 13 Millisekunden entscheidet es, was wir sehen und in weniger als 1 Millisekunde ist klar, was wir hören. Wirken sich Eingaben und Befehle über Tastatur, Maus oder Gamepad nicht erwartungskonform und zeitsynchron aus, schmälert dies den sinnlichen Eindruck und macht Games aus dem Rechenzentrum am Ende unspielbar.

Spielkonsolen im Cloud-Edge-Kontinuum

Highspeed-Bandbreiten sind für das Gaming aus der Cloud also die zentrale Zutat. Da es daran selbst in Ländern wie Deutschland noch mangelt, mischen Anbieter wie Microsoft oder Sony zwar im Segment mit, bieten aber weiterhin Konsolen an. Konsolen, die am Rand der Anwendung – der Edge – üppige Dateien von einer lokalen SSD-Festplatte ziehen und über die Cloud bedarfsgerecht nachladen.

Von Anlagen und Maschinen in der Industrie bis hin zum autonomen Fahren – eine duale Aufgabenverteilung ist nicht nur für Gamingfans die Methode der Wahl. Um Daten mit möglichst geringer Latenz effizienter zu verarbeiten und die verfügbare Bandbreite optimal zu nutzen, verschmelzen zentrale und dezentrale IT-Infrastrukturen im sogenannten Cloud-Edge-Kontinuum. Wer beispielsweise autonom fährt, vertraut sich Bordcomputern an, die im Bruchteil eines Wimpernschlags entscheiden müssen, wo sich Hindernisse, Personen oder freie Straßen befinden. In einem System, das verteilte Rechen- und Speicherressourcen integriert bereitstellt, lassen sich Informationen etwa direkt im Fahrzeug am Rand des Netzwerks und zentral im Rechenzentrum verarbeiten. Was Durchlaufzeiten reduziert, spielt auch in der Industrie eine Schlüsselrolle, um Fertigungsschritte mit KI zu automatisieren und zu optimieren.

Zielbild verteilt vernetzte und interkonnektierte Infrastruktur

Egal, ob auf der Spielkonsole zuhause, der KI-Steuereinheit in der Fabrik oder dem Bordcomputer im smarten Automobil – Lösungen für das Cloud-Edge-Kontinuum werden weiterhin nötig sein. Denn in einer Zukunft, in der immer mehr Geräte immer mehr Informationen immer rascher übertragen müssen, braucht es eine Infrastruktur, die in der Lage ist, unterschiedliche Systeme und Plattformen zu integrieren.

Heißt praktisch: Ob Glasfaser-, Seekabel-, Mobilfunk- oder Satellitennetz – wer auf einer derart übergreifend verwobenen Struktur Datenpakete bewegen möchte, muss beispielsweise große Datenleitungen und hochleistungsfähige Rechner näher an die Orte rücken, wo nicht nur der Spielspaß von Videogamern von einem leistungsfähigen Internet abhängt, sondern das Leben und die Arbeit an sich. Digitale Geschäftsmodelle brauchen eine Infrastruktur, die Latenzen minimiert und Bandbreiten maximiert. Eine Infrastruktur, die sich auf einer neutralen und offenen Basis über Interconnection-Dienste verbinden lässt, wie sie DE-CIX als weltweit führender Betreiber von Internetknoten bereitstellt.

KI-Anwendungen beeinträchtigen Cloud-Nutzung

Wie Internet Exchanges Latenzen nicht nur im Gaming, sondern insgesamt reduzieren, zeigt der Blick auf die Märkte in denen DE-CIX präsent ist. Beispiel Dubai: Seit Markteintritt im Jahr 2012 hat sich die Latenzzeit bis 2022 von 200 auf 3 Millisekunden reduziert. Das Plus an Tempo beflügelt das regionale Unternehmertum: So hat sich im gleichen Zeitraum die Anzahl an Rechenzentren vor Ort verdreifacht und die an Netzwerken verachtfacht.

Was gut für die IT-Branche am Golf ist, ist außerdem notwendig für die weltweite Digitalwirtschaft: Laut aktueller Analyse von IDC erwarten rund 14 Prozent der europäischen Firmen, dass KI-Anwendungen die Cloud-Nutzung beeinträchtigen, indem sie die Anforderungen an Konnektivität und Vernetzung ändern. Latenz im Spiel als Hauptsorge von Gamern und Geschäftsführern? Geht es um smarte Applikationen aus der Cloud, dann besteht daran für 22 Prozent der von IDC befragten Unternehmen kein Zweifel.

 

Ivo Ivanov

ist seit 2022 CEO bei DE-CIX und Vorstandsvorsitzender der DE-CIX Group AG.