Ist das Metaverse als Trendthema schon erledigt und längst vom KI-Hype überholt? Ja und nein, wenn man aktuelle Erhebungen zu Rate zieht. Laut einer McKinsey-Studie soll das Metaverse bis 2030 einen Wert von bis zu fünf Billionen Dollar erreichen. Dann werde es auch erst vollständig ausgereift sein, sagen Gartner-Analysten – aber Unternehmen müssten jetzt damit beginnen, für sich die Möglichkeiten zu bewerten. Doch die deutsche Wirtschaft steht beim dem Thema noch auf der Bremse, wie eine Umfrage des Bitkom zeigt. So sehen die Unternehmen zwar Einsatzmöglichkeiten für virtuelle Anwendungen, zögern aber, selbst aktiv zu werden. Warum also tun sich die Betriebe so schwer mit dem Metaverse?
Das Metaverse ist ein typisches Beispiel für den Gartner Hype Cycle. Nach der anfänglichen Euphorie hat das Thema inzwischen das „Tal der Enttäuschungen“ durchschritten und befindet sich im Business-Umfeld jetzt auf dem „Pfad der Erleuchtung“. Es gab in den vergangenen Jahren einfach zu wenige konkrete Anwendungen, die Unternehmen einen Nutzen brachten. Deswegen haben bei der Bitkom-Umfrage auch drei von vier befragten Entscheidern angegeben, sie sähen den Mangel an praktischen Anwendungen als größte Herausforderung. Inzwischen zeigt sich aber, welches Potenzial im Metaverse steckt – vor allem für die Industrie, im Industrial Metaverse (IM).
Im Grunde sind die Basistechnologien die gleichen wie in der Industrie 4.0 oder in der smarten Fabrik, und daher auch dort schon häufig im Einsatz. Das Metaverse geht noch einen Schritt weiter, indem es virtuelle Erfahrungsräume entlang des gesamten Produktlebenszyklus eröffnet. Also vom Design über Entwicklung, Produktion und Betrieb bis hin zum Recycling. Und was angesichts des jüngst in Kraft getretenen Lieferkettengesetzes hinzukommt: Das Metaverse ermöglicht die Interaktion über die gesamte Lieferkette hinweg.
Digitale Zwillinge werden oft mit Augmented, Virtual oder Extended Reality (AR/VR/XR) kombiniert, um 3D-Modelle von Produkten, Komponenten, Prozessen und Maschinen in einer virtuellen Umgebung zu erstellen, zu manipulieren und zu testen. Auch für Wartung, Konstruktion und virtuelles Prototyping sind sie im Einsatz. Das Industrial Metaverse bietet Fachkräften nun die Möglichkeit, in Echtzeit zusammenzuarbeiten und Ideen auszutauschen, unabhängig von ihrem physischen Standort. Dies ermöglicht also immersive Kollaboration verteilter Teams in virtuellen Räumen und Remote-Arbeit. Und dies über Kontinente hinweg.
Siemens hat zum Beispiel im Gerätewerk Erlangen unterschiedliche Anwendungen im Industrial Metaverse bereits umgesetzt. Dazu gehören die immersive Layoutplanung für die Zusammenarbeit oder die Generierung synthetischer Daten für KI- oder XR-basiertes Training. Laut Siemens hat sich aufgrund solcher Projekte die Produktion gesteigert, gleichzeitig der Energieverbrauch signifikant verringert – und die Produktionsqualität ist angewachsen, im Elektronikwerk Amberg etwa auf nahezu 100 Prozent.
Bosch gestaltet mit XR und VR den PLM-Prozess (Product Lifecycle Management) durch eine vereinfachte Integration von Tools, Infrastrukturen, Zulieferern und Software kosteneffizienter. Auch die Zusammenarbeit zwischen Zulieferern und Herstellern wird durch XR und VR effizienter: unter anderem weil sich Feedbacks und Änderungsvorschläge schneller umsetzen lassen. Auch die Deutsche Bahn, RWE, BMW oder Mercedes haben Metaverse-Anwendungen bereits im Einsatz.
T-Systems hat 2023 eine Metaverse-Partnerschaft mit dem Chiphersteller Nvidia geschlossen mit dem Ziel, die digitale Transformation der Industrie mithilfe des Industrial Metaverse zu unterstützen. Mit dem Nvidia Omniverse erhalten Industrieunternehmen Zugriff auf eine skalierbare, zukunftsfähige Entwicklungsplattform für den Aufbau von IM-Modellen inklusive Künstlicher Intelligenz. T-Systems ist für die Managed Services einschließlich der Integration in bestehende Datenquellen und Systeme zuständig. Die Lösung ermöglicht neuartige fotorealistische, physikalisch akkurate Simulationen und Modellierungen für den industriellen Metaverse-Einsatz sowie das Training von KI-Modellen. Dafür bietet die Plattform eine einzigartige Kombination aus Hardware und Software und erlaubt ein hohes Maß an Interoperabilität – was sie von anderen Metaverse-Ansätzen unterscheidet. Zudem können Unternehmen mit der Omniverse-Plattform synthetische Daten für Einsatzfelder erzeugen, in denen keine oder nicht genügend Daten vorhanden sind. Zum Beispiel um zu simulieren, wie eine Maschine auf Störungen reagiert.
Auf der DIGITAL X 2024, die am 18. und 19. September wieder in Köln stattfindet, wird es XR- und Metaverse-Use-Cases zum Anfassen geben. Fürs mobile Arbeiten auf beengtem Raum ist zum Beispiel ein AR-Laptop gedacht. Er projiziert zusätzlich zum Bildschirm eine 100 Zoll große AR-Oberfläche vor die Augen. Damit lassen sich mehrere virtuelle Displays erzeugen, auf denen sich parallel arbeiten lässt. Auf dem Digitalisierungsevent gibt es auch eine XR-Sportstreaming-Anwendung zu sehen. Der Live-Stream eines Fußballspiels wird in ein XR-Erlebnis integriert und durch Datenfeeds ergänzt, die ein interaktives Sporterlebnis ermöglichen. Außerdem kann man eine XR- und Metaverse-Plattform testen, die interaktive B2B-Umgebungen mit Avataren und KI-Assistenten schafft. Sie nutzt KI für immersives Erleben und KI-gesteuerte Chatbots für intuitive Kommunikation. So können Unternehmen Trainings, Simulationen und Designprozesse mit digitalen Zwillingen unterstützen. Und wer sich vom Messestress erholen will, findet vor Ort auch eine Metaverse-Wellness-Lounge, in der man sich per VR-Brille auf eine tropische Insel beamen kann.
Digitale Zukunft live erleben auf der DIGITAL X in Köln
Zwei Millionen Quadratmeter Eventfläche, sechs Bühnen, 300 Speaker: Europas führende Digitalisierungsinitiative präsentiert in Köln digitale Innovationen rund um die Themen Security, Zukunft der Arbeit, Vernetztes Business und Nachhaltigkeit und verwandelt die Domstadt am 18. und 19. September in ein digitales Zukunftslabor. Weitere Infos gibt es hier
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