Categories: EnergieGastbeitrag

Energieverbrauch von Rechenzentren im Blick

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als einer der zentralen Treiber für das explosionsartige Wachstum des Energieverbrauchs ihrer IT-Infrastruktur. Sogar Giganten wie Google sehen ihre Netto-Null-Ziele bis 2030 durch den rechen- und energieintensiven KI-Boom gefährdet. Parallel zum steigenden Energiebedarf steigt auch der Regulierungsdruck. Auf nationaler, EU-weiter und internationaler Ebene nehmen immer mehr Gesetze Unternehmen – darunter auch Betreiber von Rechenzentren – in die Pflicht, dezidierte Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen und zu dokumentieren.

CSRD-Reporting: Herausforderung für IT-Infrastrukturmanagement

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union verpflichtet Unternehmen, noch detailliertere Daten zu den Treibhausgasemissionen in ihrer gesamten Wertschöpfungskette offenzulegen: Scope 1, Scope 2 und Scope 3.  Dies stellt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für Lieferantenbeziehungen und das interne IT-Infrastrukturmanagement dar.

Unter Scope 1 fallen Treibhausgas-Emissionen aus Quellen, die ein Unternehmen direkt betreibt. Dazu gehört beispielsweise der CO2-Ausstoß des Fuhrparks zum Transport von Mitarbeitenden und Komponenten über das Unternehmensgelände – oder die Emissionen eines Dieselgenerators, der Strom für den Betrieb eines Rechenzentrums generiert. Durch geschickte Ressourcenplanung und die Wahl nachhaltiger Alternativen – zum Beispiel Elektrofahrzeuge – können Unternehmen direkt auf ihre Scope-1-Emissionen einwirken.

Etwas abstrakter wird es bei Scope-2-Emissionen, die bei der Stromerzeugung anfallen. Darauf können Unternehmen auf zwei Wegen Einfluss nehmen: durch die Wahl regenerativer Energiequellen sowie die Optimierung ihrer Energieeffizienz. Im Rechenzentrum gilt es beispielsweise, wärmeintensive Elemente auf einem Rack intelligent zu verteilen, um Hotspots und damit Mehraufwand für die Kühlung zu vermeiden.

Ressourcenverbrauch nachweislich verringern

Scope 3 umfasst indirekte Emissionen, die durch die Herstellung, den Vertrieb und die Installation von IT-Komponenten entstehen. Auch diese Embodied-Emissionen lassen sich durch nachhaltigen Einkauf reduzieren, etwa durch die Wahl ressourcenschonender Geräte und Komponenten. Vor dem Reduzieren kommt jedoch das Dokumentieren. Denn: Unternehmen müssen nicht nur ihren aktuellen Ressourcenverbrauch ausweisen können, sondern sind auch verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Verbrauch zu reduzieren ̶ und dies dann wiederum auch nachweisen zu können.

Hilfreiche Daten finden sich hier in den Umweltproduktdeklarationen (EPD) nach ISO 14025:2011, die immer mehr Hersteller zur Verfügung stellen. Doch selbst bei einer einwandfreien Verfügbarkeit ESG-relevanter Informationen kann das schiere Ausmaß erschlagen: In einem Standard-Rechenzentrum kommen schnell Hundertausende und mehr von Geräten zusammen, deren Ressourcenverbrauch von der Produktion bis zur Distribution und Nutzung nachgewiesen werden muss.

Doppelter Druck für RZ-Betreiber

Damit nicht genug – seit November 2023 reiht sich ein weiteres Gesetz in den Reigen der ESG-Regularien: Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verpflichtet Betreiber von Rechenzentren in Deutschland ab 300 KW Nennanschlussleistung nicht nur zum Energiesparen, sondern auch zum akribischen Energiereporting – und das Ganze innerhalb eines ambitionierten Zeithorizonts.

So müssen sowohl bestehende als auch neue Rechenzentren ab Juli 2024 mit mindestens 50 Prozent grünem Strom betrieben werden. Strikte Obergrenzen gelten für den Energiebedarf des Rechenzentrums im Verhältnis zur gesamten IT-Infrastruktur. Neue Rechenzentren dürfen ab Juli 2026 eine sogenannte Power Usage Effectiveness (PUE) von 1,2 nicht überschreiten. Bei Bestandsrechenzentren liegt der Zielwert ab Juli 2027 bei maximal 1,5. Daneben gibt das EnEfG auch konkrete Werte für die Energierückgewinnung (Energy Reuse Factor, ERF) von Rechenzentren vor.

Ab Juli 2026 ist ein Anteil von mindestens 10 Prozent verpflichtend, ab Juli 2028 müssen sogar 20 Prozent des Stroms aus Energierückgewinnung stammen. Neben Angaben zur Abwärme und zum Anteil erneuerbarer Energien im Strommix müssen jährlich unzählige weitere Energiekennzahlen an das Rechenzentrumsregister gemeldet werden. Ob Scope-3-Emissionen oder PUE – die gleiche zentrale Frage sorgt bei vielen Betreibern von Rechenzentren für schlaflose Nächte: Woher die Daten für diese Reporting-Auflagen nehmen?

Gläsernes Rechenzentrum

Die jüngste Version von FNT Command mit dem Modul FNT Sustainability unterstützt die Betreiber von Rechenzentren dabei, ihre ESG-Berichtspflichten nicht nur zu erfüllen, sondern die Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsfaktor zu machen. Durch die zentrale Dokumentation aller IT-Ressourcen ermöglicht die Lösung eine präzise Analyse des maximalen und durchschnittlichen Energieverbrauchs und der Treibhausgas-Emissionen der gesamten IT-Infrastruktur, von physischen Geräten wie Notebooks, Server etc. bis hin zum Netzwerk, einschließlich Scope 2 und 3, über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Der Energieverbrauch im Rechenzentrum lässt sich damit präzise überwachen und optimieren – beispielsweise durch das Aufspüren von Hotspots.

In der integrierten Matrix zur Erfassung und Verwaltung von Umweltprofilen (EDP) nach ISO 14025 lassen sich Emissionsdaten zentral speichern und automatisch auf alle Instanzen eines Gerätetyps anwenden. Dies spart Zeit und minimiert das Risiko von Dokumentationslücken in einer dynamischen IT-Infrastruktur.  Analysetools und Dashboards fördern Trends in den Daten anschaulich zutage und offenbaren auch versteckte Energiefresser im Rechenzentrum. Durch den Überblick über den Zustand, Energieverbrauch und die Performance der RZ-Komponenten können Betreiber deren Lebensdauer optimieren, Wartungsintervalle zum optimalen Zeitpunkt planen und vorhandene Komponenten gezielt durch energieeffizientere austauschen.

Matthias Gromann

ist Director Business Line IT & Data Center Solutions bei FNT Software.

Roger Homrich

Recent Posts

Schatten-KI: Generative KI sicher integrieren

Die Einführung von KI in Unternehmen läuft oft noch zögerlich. Diese Zurückhaltung öffnet ungewollt die…

20 Stunden ago

Angriffsziel ERP

Eine aktuelle Studie von Onapsis zeigt: 9 von 10 Ransomware-Angriffe betrafen ERP-Systeme.

23 Stunden ago

Intelligente DDoS-Abwehr mit KI

Angreifer nutzen zunehmend raffinierte Techniken, um ihre Angriffe zu verschleiern und adaptive Angriffsmuster einzusetzen, warnt…

3 Tagen ago

Generative KI macht PDFs jetzt intelligenter

Bei langen und komplexen Dokumenten wie Verträgen, Forschungsarbeiten und Artikeln unterstützt generative KI dabei, in…

5 Tagen ago

Virtuelle Patienten für Universitätsklinikum Bonn

T-Systems entwickelt eine Software-Lösung zum Trainieren von Pflegekräften für das Universitätsklinikum Bonn (UKB).

5 Tagen ago

KI-Sprachmodelle schreiben gute Arztbriefe

Laut Erhebung der Uniklinik Freiburg liefert bestes KI-Modell zu 93,1 Prozent verwendbare Dokumente.

5 Tagen ago