KI-Bluff bei AIOps erkennen
Die Auswahl einer Lösung sollte anhand von echten Leistungsindikatoren erfolgen, um echte KI von Behauptungen zu unterscheiden, sagt Dieter Badmann von Juniper Networks.
AI Washing ist kein Einzelfall mehr. Rund um den gegenwärtigen KI-Hype betonen viele Unternehmen die Nutzung von KI in ihren Produkten, Services oder Betriebsabläufen, wobei sie vielfach übertreiben oder sogar die Wahrheiten verdrehen. Selbst wenn nur ein einfacher Algorithmus zum Einsatz kommt, wird dies oft als KI vermarktet. Die Unternehmen wollen so innovativer und technisch versierter auftreten, als sie es tatsächlich sind. Dies geschieht häufig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Investoren zu gewinnen oder die Aktienkurse zu erhöhen.
Das Problem ist inzwischen erkannt. So hat beispielsweise Gary Hensler, der Vorsitzende der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC, bereits Ende 2023 Unternehmen vor AI Washing und dem Aufstellen falscher Behauptungen gewarnt. Inzwischen mussten sogar schon zwei Investmentfirmen wegen solcher Praktiken Strafen von bis zu 225.000 US-Dollar zahlen.
Die leeren Versprechen falscher AIOps
AIOps ist ein gutes Beispiel für die Prüfung der Authentizität von KI-Anwendungen und hilft dabei, zwischen oberflächlichen Behauptungen und echten KI-Funktionen zu unterscheiden. Mit AIOps erhalten Unternehmen Kontextinformationen für große Mengen an Telemetrie- und Protokolldaten in der gesamten IT-Infrastruktur in Echtzeit oder nahezu in Echtzeit. Auf dieser Basis können IT-Teams bessere Entscheidungen treffen und zeitnah auf Netzwerk- und Systemvorfälle reagieren.
Beim AI Washing vermarkten einige Anbieter Lösungen im AIOps-Kontext als KI-getrieben, obwohl sie keine wesentlichen KI-Funktionen aufweisen. Vielfach integrieren sie KI-Funktionen auch nur nachträglich in bestehende Netzwerklösungen, um die Performance zu verbessern oder um neue Leistungsmerkmale zu ergänzen. Die vollen KI-Vorteile im AIOps-Kontext kann ein Unternehmen aber nur mit einer KI-nativen Netzwerkplattform nutzen, die mit einer KI-Integration als Kernkomponente entwickelt ist. Sie bietet die Flexibilität, Automatisierung und Sicherheit, die erforderlich sind, um den Betrieb zu vereinfachen, die Produktivität zu steigern und eine zuverlässige Performance zu liefern.
Wie können Unternehmen nun aber zwischen Lösungen unterscheiden, die vorgeben, KI zu nutzen, und solchen, die echte KI-Vorteile bieten? Wie bei jeder neuen Technologie sollten sie das technische Kernkonzept bewerten und die Referenzen des Anbieters prüfen. Idealerweise sollten sie auch nach klaren Belegen dafür fragen, wie die Lösung die Betriebskosten oder Support-Tickets in realen Szenarien reduziert hat.
Die drei Grundkomponenten einer AIOps-Lösung
Jede ausgereifte AIOps-Lösung sollte drei Grundkriterien erfüllen, um Unternehmen einen maximalen Nutzen zu bieten: Erstens muss sie die richtigen Daten verwenden, sowohl hinsichtlich der Quantität als auch Qualität. Es geht dabei um alle Daten von kabelgebundenen und kabellosen Technologien sowie von SD-WANs (Softwaredefinierten WANs) in der gesamten Unternehmensumgebung – einschließlich von Rechenzentren und Homeoffices sowie von allen Campus-, Zweigstellen- und Cloud-Netzwerken. Zweitens müssen exakte Antworten in Echtzeit zur Verfügung stehen. Voraussetzung dafür sind neben der Verwendung der richtigen Daten vor allem adäquate Data-Science-Algorithmen.
Für IT-Teams, die bei der Behebung von Netzwerkproblemen ständig unter Druck stehen, haben verzögerte Antworten oder Fehlalarme aufgrund von AI-Washing-Lösungen unerwünschte Auswirkungen wie eine beeinträchtigte Produktivität. Drittens sollte ein Unternehmen auch die richtige Infrastruktur nutzen: Eine AIOps-Lösung, die Probleme in Echtzeit erkennt und behebt sowie große Deep-Learning-Modelle für genaue Prognosen verwendet, erfordert eine geeignete Cloud-native Architektur, die für die sichere Verarbeitung großer Datenmengen ausgelegt ist.
AI Washing-Fälle stark ansteigend
Die Fälle vom AI Washing steigen derzeit gerade im AIOps-Bereich in rasantem Tempo. Anbieter vermarkten ihre Lösungen zunehmend als „KI-fähig“, „KI-gesteuert“ oder „KI-gestützt“, ohne dass sie die erforderlichen KI-Funktionen bieten. Diese Entwicklung ist nicht überraschend, denn an der Nutzung von KI wird auch im Netzwerkbereich kein Weg vorbeiführen. Nur so können Unternehmen die ständig steigende Zahl von vernetzten Geräten, Nutzern und Anwendungen auch mit einem begrenzten IT-Personal und Zeitaufwand letztlich effizient verwalten – allerdings nicht mit einem AI-Washing-Angebot, sondern nur mit einem echten KI-nativen Netzwerk.
Dieter Badmann
ist Regional Director DACH bei Juniper Networks.