Quantentechnologie: Deutschlands Chance auf Spitzenposition

Expertenkommission Forschung und Innovation: Quantenforschung braucht verlässliche Politik und europäische Zusammenarbeit.

Der Wettlauf um die Spitzenposition bei Quantentechnologien wird aktuell vor allem von Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus den USA, der EU und China bestimmt. Besonders bemerkenswert ist Chinas rasante Aufholjagd in den letzten zwei Jahrzehnten: Während zu Beginn der 2000er Jahre noch rund 85 Prozent der weltweiten wissenschaftlichen Publikationen zum Quantencomputing unter US-amerikanischer oder europäischer Beteiligung entstanden, hat China die beiden Spitzenreiter mittlerweile überholt. 

Koordinierte Zusammenarbeit in der EU

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) schreibt in ihrem aktuellen Jahresgutachten, dass deutsche Akteure gute Voraussetzungen dafür habe, langfristig mit der Konkurrenz aus den USA und China mitzuhalten und eine führende Rolle bei Quantentechnologien einzunehmen. Allerdings bedarf es europäisch koordinierter Anstrengungen und einer verlässlichen Forschungs- und Innovationspolitik der neuen Bundesregierung. “Als einzelner Akteur hat es Deutschland im internationalen Wettbewerb beim Quantencomputing schwer“, sagt Carolin Häussler, Professorin an der Universität Passau und Mitglied der EFI.

Quantentechnologien gelten als Schlüsseltechnologien der Zukunft. Viele Anwendungen der Quantentechnologien, wie universell einsetzbare Quantencomputer, sind aktuell noch weit von der Marktreife entfernt. Dies eröffnet Deutschland die Chance, die weiteren Entwicklungen mitzugestalten und Quantentechnologien maßgeblich voranzutreiben,“ so Professorin Irene Bertschek, Leiterin des Forschungsbereichs „Digitale Ökonomie“ am ZEW Mannheim und stellvertretende Vorsitzende der EFI. “Denn dank exzellenter Grundlagenforschung und einer starken Tradition in der Quantenphysik hat Deutschland hierfür eine hervorragende Ausgangsposition.”

Transfer von Forschungsergebnissen verstärken

Mit Hochdruck arbeiten derzeit US-amerikanische Technologieriesen wie IBM, Microsoft und Google am Transfer neuer Erkenntnisse aus der Quantenforschung in praktische Anwendungen. Von den weltweit knapp 1.800 Patentanmeldungen der letzten zwei Jahrzehnte im Bereich Quantencomputing stammt etwa die Hälfte aus den USA und nur gut 70 aus Deutschland. Hier liegt häufig eine Schwäche im deutschen Forschungs- und Innovationssystem.

„Die exzellente Forschung in Deutschland allein reicht nicht, um langfristig eine Spitzenposition im globalen Wettbewerb zu sichern“, warnt Bertschek. „Deutschland hat zu oft schon bahnbrechende Ideen entwickelt, die später anderswo zur Marktreife gebracht wurden“, ergänzt Uwe Cantner, Vorsitzender der EFI und Professor an der Universität Jena. Um dies beiden Quantentechnologien zu vermeiden, müsse der Transfer von Forschungsergebnissen in marktfähige Anwendungen mehr in den Fokus rücken. Konkret fordert die EFI die Unterstützung von Gründerinnen und Gründern aus der Forschung, verbesserte Finanzierungsbedingungen für Start-ups und staatliche Ankerkundenverträge für zentrale Groß projekte.

Nationale Quantenstrategie

Um zukunftsweisende Quantenprojekte erfolgreich voranzutreiben, braucht es politischen Rückhalt und Planungssicherheit. „Die EFI empfiehlt der neuen Bundesregierung, mit einer nationalen Quantenstrategie einen kohärenten Rahmen für die Weiterentwicklung von Quantentechnologien zu schaffen”, so Häussler. Dazu gehörten langfristig ausgerichtete und flexibel anpassbare Technologie-Roadmaps, der gezielte Ausbau regionaler Innovationscluster mit klaren Forschungsschwerpunkten, ein einfacher Zugang zu modernster Forschungsinfrastruktur sowie der Aufbau einer Quanten-Benchmarking-Plattform.

 

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