Linux-Welt diskutiert über Palladium & Co.
Teufel und Weihwasser?
Soll Linux die gegenwärtigen Bemühungen um ‘Digital Rights Management’ (DRM) und ‘Trusted Computing’ unterstützen oder sich im Gegenteil gegen die Strategien von Microsoft und Intel stemmen? Über diese Frage ist in der Open-Source-Community eine heftige Diskussion entbrannt, nachdem Linux-Begründer Linus Torvalds in einem Diskussionsforum dafür plädiert hat, keinen Linux-Entwickler von DRM abzuhalten.
Eine solch pragmatische Einstellung kratzt aber stark am Selbstverständnis derjenigen, die sich für den Leitgedanken der Open-Source-Software als Gegenentwurf zur bestehenden Softwareindustrie stark machen. Die ideellen Grundlagen von Linux stünden nicht im Gegensatz zu der Absicht, Inhalte vor dem Zugriff anderer oder vor unerlaubtem Kopieren zu schützen, schreibt Torvalds.
Schließlich könne es auch von Vorteil sein, mit DRM-Technologie sicherzustellen, dass eine Software beispielsweise nicht verändert wurde und ihrem Originalzustand entspricht. Und schließlich sei Linux ein Betriebssystem und keine politische Bewegung, meint Torvalds weiter. Und: “Im Endeffekt sollte jedermann damit anstellen dürfen, was er will.”
“Ich bin auch nicht unbedingt von DRM begeistert”, schreibt Torvalds, “aber ich weigere mich weiterhin, mit Linux Politik zu betreiben.” Fast alle großen Hard- und Softwarehersteller, allen voran Intel und Microsoft, engagieren sich immer stärker für eine enge Verzahnung von Hard- und Software. Sie wollen damit zum einen die Integrität von Softwareprodukten garantieren, und zum anderen den Anbietern von Inhalten die Möglichkeit geben, sich vor Raubkopierern zu schützen. Dadurch könnte der E-Commerce mit Inhalten belebt werden, so die Hoffnung.
Die Gegner dieser Initiativen, die sich besonders zahlreich im Open-Source-Lager finden, befürchten zum einen, dass die Hersteller durch DRM und Trusted Computing noch mehr Macht bekommen, ihre standardisierten Plattformen durchzusetzen. Wenn aber Open-Source-Software davon ausgeschlossen bleibt, dann werde auch die Unterstützung dafür schwinden, so die Sorge.
Zum anderen warnen immer mehr Entwickler, die Inhalte-Anbieter – wie etwa der Disney-Konzern – würden mit DRM zu viel Kontrolle darüber erlangen, wie die Anwender ihren PC und digitale Inhalte nutzten. Schließlich gelte die Parole, DRM möglichst tief in der Hardware zu verankern, um es möglichst sicher zu machen.
Andere Teilnehmer des Online-Forums merkten an, dass zwischen negativen und positiven Effekten von DRM im Linux-Umfeld ihrer Meinung nach ein krasses Missverhältnis bestehe. “Dann hätten wir ein schlechtes Tauschgeschäft gemacht”, heißt es etwa. An anderer Stelle wird angemerkt, dass DRM sich mit dem Konzept von Linux überhaupt nicht vertrage, weil die derzeit verfügbaren Plattformen einfach zu inhomogen seien. Inhalte, die auf einer Linux-Ausprägung nur von autorisierten Anwendern genutzt werden könnten, würden auf einer anderen Linux-Plattform jedem Anwender offen stehen.
Linus Torvalds sagte in Interviews mit US-Medien dann aber auch, er habe sich zu dem ohnehin umstrittenen Thema nur geäußert, um Reaktionen aus der Linux-Gemeinde zu bekommen. Er sei wie immer bereit, seine Meinung zu ändern, wenn er überzeugende Argumente präsentiert bekommen sollte.