TK-Regulierungsferien bremsen Innovation in Europa
Die EU hat drei Studien zur Entwicklung des Telekommunikationsmarktes (TK) in Europa in Auftrag gegeben, die sich mit den zentralen Wachstumsfaktoren auseinandersetzten. Sie liegen jetzt vor.
Darin heißt es unter anderem, dass die Bevölkerungsdichte und das Bruttoinlandsprodukt eines Landes in Bezug zur Bevölkerung (Pro-Kopf-BIP) zwar einen gewissen Einfluss auf die Innovation in den Ländern hat. Dies wirke sich jedoch nur in Zusammenhang mit wirksamen nationalen Regelungen auf Grundlage des europäischen TK-Rechts positiv aus. Zeitweiligen “Regulierungsferien”, wie sie beispielsweise die Deutsche Telekom mit der Bundesnetzagentur ausgehandelt hatte, erteilte die erste der drei Studien eine klare Absage. So etwas sei “kontraproduktiv für die gesamte EU” und den Markt in dem betreffenden Land, heißt es dort.
Die drei Studien beschäftigen sich mit den heute wesentlichen Schlüsselthemen der Reform der europäischen TK-Vorschriften. Und auch wenn die Ergebnisse nicht in feste rechtliche Form gegossen werden sollen, betrachtet Viviane Reding, EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, die Fakten als wichtige Diskussionsgrundlage.
“Die diesjährige Überarbeitung der europäischen TK-Vorschriften ist für Wettbewerb, Investitionen und Wachstum in Europa entscheidend. Die heute veröffentlichten Studien sind ein willkommener Beitrag zur Debatte und zu unseren Überlegungen über die Reform der Telekom-Regeln. Wenn wir eine wettbewerbsfähige, auf Wissen gestützte europäische Wirtschaft anstreben, müssen wir den Schwerpunkt auf die Vollendung des Binnenmarktes für elektronische Kommunikation mit einem verstärkten grenzüberschreitenden Wettbewerb und einer optimalen Nutzung des Funkfrequenzspektrums für drahtlose Kommunikation legen”, sagte sie.
Doch die Untersuchungen wollen neben solcher Kritik auch aufzeigen, wie mehr Innovation angestoßen werden könnte. So beschäftigt sich die zweite Studie mit 65 konkreten Reformvorschlägen, die den aktuellen Regelungsrahmen definieren. Demnach soll mehr Wert gelegt werden auf gemeinsame, europäische Regelungen und die einzelstaatlichen Regeln sollen nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden. Das setzt allerdings viel Einigungsarbeit voraus, so die Studie. Der europäische Binnenmarkt für elektronische Kommunikation muss schließlich erst noch vollendet werden. Zu den Reformempfehlungen der Studie gehört die “Straffung des Marktprüfungsverfahrens, die Verbesserung der Rechtsmittelverfahren vor den einzelstaatlichen Gerichten und die Schaffung europaweiter Genehmigungen für Kommunikationsdienste”.
Ferner geht die Studie auf das kontroverse Thema ein, ob die Kommission stärker auf die nationalen Regulierungsorgane einwirken dürfe, wenn sich eine erhebliche Marktmacht eines Betreibers auf einem bestimmten Markt für elektronische Kommunikation zeige. Das bejahten der Studie zufolge “etliche Befragte”. Die Gefahren für den Wettbewerb und den Binnenmarkt aufgrund “falscher Vorabregulierungen” seien größer als diejenigen aufgrund einer “fehlerhaft konzipierten Marktanalyse”, heißt es.
In der dritten Studie geht es um den Stand des Wettbewerbs bei Schmalband-, Breitband- und Mobildiensten. Darin wird unter anderem die Aufhebung eines Großteils der Regulierungen von Endkundenmärkten empfohlen. Die Studienautoren halten den Wettbewerb für wirksam. Im Sachverständigenbericht wird ferner die Aufhebung des Markts für den Zugang zu Mobilfunknetzen und Verbindungsaufbau empfohlen, was im Laufe der Konsultation noch weiter untersucht und diskutiert werden wird.