Chefs haben von der IT keine Ahnung

Der Einsatz von neuen Technologien in Unternehmen entscheidet heute in praktisch allen Branchen über Effizienz, Konkurrenzfähigkeit, Wachstum und Überlebensfähigkeit. Diese Entwicklung der letzten Jahre und auch gesetzliche Verpflichtungen wie etwa Basel II machen IT zwangläufig zur Chefsache.

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hat in einer Studie mit dem Titel ‘IT ist Chefsache’ bei über 300 Führungskräften erstmals erhoben, wie Unternehmen tatsächlich mit dem Themenkomplex IT umgehen. Die Studie zeigt vor allem eines: IT hat große Bedeutung in Unternehmen – aber meist nicht für den Chef.

Die Ergebnisse der vom Institut Marketagent.com durchgeführten Befragung zeigen auf, dass zwar 91,7 Prozent der österreichischen Führungskräfte der IT eine wichtige Rolle in ihrem Unternehmen zumessen, sich aber die wenigsten selbst damit befassen oder befassen wollen.

Nur ein Viertel aller österreichischen Unternehmer (26,2 Prozent) ist der Meinung, dass IT-Entscheidungen hierarchisch Chefsache sind, obwohl gleichzeitig mehr als die Hälfte (53 Prozent) zugibt, dass die IT für ihr Unternehmen ein “essenzieller Bestandteil des Unternehmenserfolgs” ist.

WKÖ-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser: “Diese Diskrepanz zeigt auf, dass IT von vielen Unternehmern immer noch zu sehr technisch und nicht strategisch beurteilt wird. IT-Entscheidungen bestimmen jedoch über die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft eines Unternehmens und erfordern daher zuallererst Verantwortung auf Chefebene.”

Wesentliche Unternehmenswerte stecken heute in elektronischen Daten: Strategische Konzepte, Kundendaten, Produktions- und Logistikabläufe sowie Buchhaltung und Rechnungswesen sind nur einige Beispiele dafür. Der Verlust solcher Unternehmensdaten durch Fehler oder mangelnde Investitionen im IT-Bereich wirkt sich immer dramatischer auf Unternehmen aus. Fast ein Drittel der befragten österreichischen Unternehmen (31 Prozent) gestand Datenverluste ein, die ihrem Unternehmen in der Vergangenheit wesentlich geschadet haben. 29 Prozent der Unternehmen gaben an, dass ihnen durch Datenverlust bereits mindestens einmal ein Schaden von bis zu 10.000 Euro entstanden ist, 14 Prozent berichten von Schäden von über 100.000 Euro und enorme 6,5 Prozent sogar von Schäden von über 500.000 Euro.

“Konkurs durch Datenverlust ist kein Einzelfall mehr, da wesentliche Unternehmenswerte heute in elektronischen Daten stecken. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass dieses Problem in Österreich rasch erkannt und ernst genommen wird”, so Hochhauser.

Dass dringender Handlungsbedarf besteht, ist auch vielen Unternehmen klar: Fast 37 Prozent der befragten Führungskräfte sind der Meinung, dass sich ihr Unternehmen nicht genügend mit den Möglichkeiten von elektronischen Geschäftsprozessen, wie etwa elektronische Rechnung, automatische Auftragserfassung oder Datensicherheit befasst. Als Hauptgründe dafür wurden Zeitmangel und fehlendes Know-how genannt.

Prozessorientierte IT-Investitionen können sich heute sehr schnell rechnen: Markus Oman vom Beratungsunternehmen Deloitte, einer der Kooperationspartner der ‘Infooffensive E-Rechnung’ der WKÖ, weist auf die enormen Einsparungsmöglichkeiten der E-Rechnung hin: “Pro Rechnung können durchschnittlich 2,30 Euro gespart werden, wenn die Rechnungslegung elektronisch statt auf Papier erfolgt. Denn die Kosten für Papier, Druck, Versand und Handling fallen dadurch weitestgehend weg.” Die flächendeckende Einführung der E-Rechnung würde für die österreichische Gesamtwirtschaft Schätzungen zufolge ein Einsparungspotenzial von über 600 Millionen Euro bedeuten.

Allerdings gibt es im Zusammenhang mit der E-Rechnung noch großen Informations- und Schulungsbedarf: 42 Prozent der österreichischen Führungskräfte orten bei sich Know-how-Mängel, wenn es um die Optimierung von Geschäftsprozessen. 26,5 Prozent sehen diese beim Einsatz der Digitalen Signatur und 24,8 Prozent bei der E-Rechnung. Aber nicht nur bei den Chefs, auch auf Mitarbeiterebene dürfte es vielfältigen Schulungsbedarf im IT-Bereich geben: Nur 21 Prozent der österreichischen Chefs sind der Meinung, dass ihre Mitarbeiter ausreichend in IT-Anwendungen geschult sind.