Europäer sollen für eingehende Anrufe zahlen
Die Art zu telefonieren, wie wir sie kennen, soll sich ändern. Im Mobilfunkbereich sollen die Europäer auch für eingehende Anrufe zahlen. Das soll ausgeglichen werden, indem die Provider ihre monatlichen Vertragsgebühren absenken. Das ist die Kernaussage einer Studie, die die WIK-Consult in Bad Honnef der EU-Kommission jetzt vorgeschlagen hat.
In drei Argumentationsstufen versuchen die Berater der WIK-Consult nachzuweisen, dass die heutige IP-basierte Kommunikation nicht so bleiben kann, wie sie ist. Derzeit werden die europäischen Zahlgewohnheiten im Mobilfunkbereich dadurch wieder ausgeglichen, dass nur der Anrufer zahlt und im Gegenzug die monatlichen Gebühren höher sind als beispielsweise in den USA, wo der Angerufene sich an den Gesprächskosten beteiligen muss. Das halten sie für antiquiert.
Eine Abkehr davon dürfte vor allem auf der Verbraucherseite Widerstand hervorrufen. Für die Berater ist aber klar, dass gerade die IP-basierten Netze mit ihren verschwimmenden Grenzen zwischen Festnetz- und Mobilfunk ein Modell brauchen, das sich eher am Rest der Welt orientiert und den Angerufenen auch einen Teil der Kosten aufbürdet. Das allein könne die Entwicklung der Telekommunikationsnetze der neuen Generation (NGN) vorantreiben.
Darüber hinaus sorgen sich die Studienautoren aber auch darum, dass die bisher als selbstverständlich erachteten Terminierungsentgelte an sich abgeschafft werden könnten. Die europäische Art des Handels und des Regulierens mit den Entgelten halten sie für nicht mehr zeitgemäß. In der Studie gehen sie mit der heutigen Regulierungs- und Handelssituation hart ins Gericht.
Schließlich wurden die Terminierungsentgelte ursprünglich eingeführt, um die TK-Angebote – also die Infrastruktur und die Bereitstellung der Services – in ländlichen Gebieten sicherzustellen. So sollte die flächendeckende Versorgung mit Telefonie erreicht werden. Heute haben Terminierungsentgelte eher eine Spekulations- und eine marktpolitische Dimension. Sie erfüllen also in Europa nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck, so die Argumente. Daher raten die Spezialisten dazu, davon ganz Abstand zu nehmen und dabei auch das etablierte System, dem Anrufer alle Kosten aufzubürden, fallen zu lassen.
Vielmehr müsse ein Bezahlmodell her, wie wir es bereits vom Internet her kennen. Hier zahlen auch beide Kommunikationsteilnehmer für ihre eigene Breitbandleitung. Übertragen auf die TK-Branche und hier vor allem auf die Mobilfunkbranche müsste eine solche Bezahlweise den Anbietern die Hände freimachen für die Bereitstellung und Entwicklung neuer Services, während die Nutzer – so die Provider es wollen – weniger monatliche Gebühren zahlen könnten. Das ist die Theorie der WIK-Consult, die jetzt von der EU-Kommission geprüft wird.