Spitzelmethoden auch bei Edeka und Plus
Nachdem die Discount-Kette Lidl ihre Mitarbeiter systematisch hat ausspionieren lassen, sind nun auch bei den Einzelhandelsketten Plus und Edeka Spitzel-Protokolle aufgetaucht. Wie stern.de berichtet, haben auch diese Supermärkte auf ähnliche Weise sowohl die Arbeitsleistung als auch intime Details über das Privatleben der Mitarbeiter protokolliert. Dabei sind offenbar auch Minikameras zur Überwachung zum Einsatz gekommen.
Der einzige Unterschied zu Lidl soll jedoch darin bestehen, dass die Anzahl der Protokolle bei Plus und Edeka weitaus geringer ist. Unterdessen hat Plus die Existenz der Protokolle bestätigt. Dennoch wurden “die Notizen des externen Mitarbeiters nicht explizit beauftragt und werden weder ausgewertet noch weiter genutzt”, so das Unternehmen.
“Natürlich stellt die heimliche Installation von Kameras einen auch bußgeldbewehrten, Verstoß gegen Paragraph 6b des Bundesdatenschutzgesetzes dar. Aber auch eine Straftat kommt durchaus in Betracht. Denn der Paragraph 201a des Strafgesetzbuches untersagt solche Aufnahmen zum Beispiel in Toiletten eindeutig”, unterstreicht Rechtsanwalt Martin W. Huff. Dem Experten zufolge komme der Strafbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in Betracht. So heißt es im Gesetzeswortlaut: “Wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.”
Wie auch beim Lidl-Skandal soll das Plus- und Edeka-Management Sicherheitsunternehmen beauftragt haben, die offiziell als Ladendetektive getarnt in den Märkten auch Angestellte ausgespäht haben sollen. Ersten Erkenntnissen zufolge waren diese jeweils eine Woche lang in den Filialen unterwegs und vermerkten ihre Beobachtungen dabei minutiös in seitenlangen Berichten. Auch Edeka bestätigt die Existenz der Protokolle. “Diese Details wurden uns von der Sicherheitsfirma über den Auftrag hinaus angeboten. Die Informationen interessieren uns aber nicht”, heißt es. Obwohl Plus hingegen auf seiner Internetseite von der Wichtigkeit einer “vertrauensvollen” Zusammenarbeit mit den Angestellten spricht, scheint diese vorerst widerlegt.
Angesichts der neuen Protokolle sehen Kritiker die Vertrauenswürdigkeit von Plus für seine Mitarbeiter aufgehoben. Auch scheint das Ergebnis einer Plus-internen Mitarbeiterbefragung, dass diese “sehr motiviert sind und Freude an der Arbeit in einem jungen und dynamischen Team haben”, nun mehr als deutlich eingetrübt. Laut dem Bericht erfahren hochrangige Plus-Manager durch die systematisch durchgeführte Spionage, welche Gespräche die Angestellten untereinander führen, wer mit wem in einem Haus wohnt oder dass Frau C. über Frau T. denkt, sie sei “überfordert” und “nicht das hellste Kind”. Im Interview bezeichnete der Arbeitsrechtler Stefan Kramer diese “pauschale und nicht zeitlich sowie inhaltlich befristete Ausspähung einer Vielzahl von Mitarbeitern als rechtlich unzulässig”.
Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar geht sogar noch weiter, spricht von einem “Verbot” gegenüber dem Arbeitgeber und einem “Verstoß gegen das Datenschutzgesetz”. Juristen nach verstoße eine solche Bespitzelung zudem gegen Artikel zwei des Grundgesetzes, der explizit die Entfaltung der Persönlichkeit schützt. Folglich könnten Mitarbeiter gegen solche Verstöße zivilrechtlich vorgehen, heißt es. Als Reaktion hat die Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover die Zusammenarbeit mit der Sicherheitsfirma nach eigenen Angaben vorerst gestoppt.