Bedroht der IBM-Sun-Deal die Open Source-Welt?
IBM und Sun haben sich um Open Source verdient gemacht – jeder auf seine Weise und nicht immer reibungsfrei. Nun werden sie wohl eins. Welche Auswirkungen hat das auf die Community? Wird die Politik nun gradliniger? Ludger Schmitz hat deutsche Szenegrößen befragt.
“Aus Open-Source-Sicht wünsche ich mir geradezu, dass dieser Deal zustande kommt”, erklärt Richard Seibt. Der ist Vorsitzender der deutschen Open Source Business Foundation (OSBF) und war einmal IBMs Topmanager für das Desktop-Betriebssystem OS/2. Bis heute ist er bestens über Vorgänge bei Big Blue informiert. “Solche Gespräche finden nicht zum ersten Mal statt.” Aber diesmal sei die Sache “konkreter, als alle denken”. Seibt, seit seiner Zeit als Suse-Chef ein sehr engagierter Open-Source-Aficionado, glaubt aber noch lange nicht, mit einer Übernahme Suns durch IBM würde die IT-Welt grundlegend in Richtung Open Source verändert.
Kurze Rückblende: Ende der 90er Jahre hat die IBM eine Publicity-Sensation geschafft, als sie Linux mit der Erhebung zum unterstützten Betriebssystem den Ritterschlag gab. Ein paar Jahre später stellte das Unternehmen seine Entwicklungsumgebung Eclipse Open Source. Das war’s im Wesentlichen, um in der Öffentlichkeitsarbeit für Open-Source-Reputation zu sorgen. Der Rest der IBM-Welt hat keine vergleichbaren Änderungen erlebt.
Bei Sun lief die Open-Source-Geschichte noch gehemmter. Bis etwa 2005 wechselten fast im Wochenrhythmus die Erklärungen aus der Führungsetage pro und contra Open Source. Besonders bei Java gab es proprietäre Abwehrmanöver gegen eine Öffnung. Dann kamen OpenSolaris, die Unterstützung der Bürosuite OpenOffice nach dem Kauf von StarOffice und schließlich die Übernahme der quelloffenen Datenbank MySQL. Aber selbst bei solchen Gelegenheiten verwiesen Sun-Manager immer auf die Hardware. Von diesem einst so profitablen Geschäft hat sich die Firma nie freimachen können.
Unter dem Dach der IBM dürfte das kein Thema mehr sein. Big Blue wird Sun auf Software und Services bringen. Suns erfolgreichste Hardwarereihe der jüngeren Zeit, die Server auf AMD-Basis, werden allenfalls noch ein gutes Argument in IBM-Verhandlungen mit deren bisher wichtigstem Chiplieferant Intel. Ansonsten ist Software angesagt – und das Servicegeschäft mit der Systemintegration, das Sun vernachlässigt hat. Damit verändert sich aber auch etwas bei IBM. Denn Sun bringt viel Open Source ein, mehr als IBM gewohnt ist.