Infineon büßt für das Chip-Kartell von Qimonda
Die EU hat hart gegen das Speicherchip-Kartell durchgegriffen. 56,7 Millionen Euro muss allein Infineon zahlen, wegen illegaler Preisabsprachen auf dem DRAM-Chipmarkt. Die Münchner müssen zwar nicht allein für den weltweiten Chip-Klüngel büßen, doch sie schmerzt es besonders. Werden sie doch noch einmal mit voller Wucht mit dem Qimonda-Debakel konfrontiert.
“Infineon hat für dieses Verfahren bereits Rückstellungen gebildet, die diese Summe vollständig abdecken“, sagte eine Infineon-Sprecherin auf Nachfrage von silicon.de.
Die Zahlung werde deshalb das Ergebnis von Infineon nicht beeinflussen.
Tatsächlich hatte Infineon Zeit genug, sich auf diesen Tag vorzubereiten. “Infineon begrüßt, dass nun nach fast achtjähriger Verfahrensdauer – über die Insolvenz von Qimonda hinausgehend – ein Vergleich mit der EU-Kommission erzielt worden ist”, so die Sprecherin.
Das heißt: Die Firma um die es eigentlich ging, gibt es gar nicht mehr. Infineon hatte das Geschäft mit DRAM-Speicherchips (Dynamic Random Access Memory) 2006 an die Tochter Qimonda ausgelagert und diese an die Börse gebracht. Experten innerhalb und außerhalb von Infineon prophezeiten dem Geschäftsbereich damals eine rosige Zukunft, der sich eigenständig besser entwickeln könne, als als Teil eines Konzerns.
Doch der heftige Preisdruck auf dem Chipmarkt machte dieser Kalkulation einen Strich durch die Rechnung. Anfang 2009 musste Qimonda Insolvenz anmelden. Streng genommen betrifft das Kartellverfahren Qimonda, Infineon haftet jedoch als ehemaliger Mutterkonzern dafür.
Auf ironische Art und Weise doppelt bitter ist das auch, weil die Preisabsprachen ja gerade dazu führen sollten die stark fallenden Chippreise in den Griff zu bekommen. Infineon und die anderen neun Firmen des Kartells nahmen das Risiko erwischt zu werden in Kauf, um den existenzbedrohenden Preisverfall zu bremsen. Doch Qimonda war nicht zu retten und als einzig europäischer Konzern im Chip-Klüngel muss Infineon dafür jetzt die zweihöchste Strafe zahlen. Nur Samsung trifft es noch härter, das mit 145,7 Millionen Euro fast die Hälfte der 331 Millionen Euro Gesamtstrafe berappen muss.
Neben Infineon und Samsung gehörten auch Hynix, NEC, Hitachi Zosen , Mitsubishi Corp , Toshiba , Elpida, Nanya und Micron zu dem Kartell. Der US-Hersteller Micron allerdings kommt straffrei davon, da er 2002 als erstes die Kartellbehörde informiert hatte. Doch auch die anderen arbeiteten den Ermittlern zu.
“Seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 2002 hat Infineon mit der EU-Kommission umfassend kooperiert”, sagte uns die Infineon-Sprecherin. Weil sich das Unternehmen nach der Aufdeckung als Kronzeuge zur Verfügung stellte, wurde die Strafe um 45 Prozent reduziert. Die EU-Kommission wandte zudem zum ersten Mal ein Vergleichsverfahren an. Demnach wurde die Buße für alle bestraften Firmen um zehn Prozent herabgesetzt, weil die ihre Schuld eingestanden hatten.
“Dieser erste Vergleichsbeschluss ist ein weiterer Meilenstein im Kampf der Kommission gegen Kartelle. Durch das Eingeständnis ihrer Beteiligung an einem Kartell haben die Unternehmen der Kommission ermöglicht, diese seit langem laufende Untersuchung abzuschließen und Ressourcen für die Untersuchung anderer Verdachtsfälle freizusetzen. Da das Verfahren in neuen Fällen angewendet wird, erwarten wir eine erhebliche Beschleunigung der Untersuchungen”, sagte der Wettbewerbskommissar und Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia.
In einer Mitteilung fasst die EU-Kommission auch die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zusammen: “Die Mitglieder des Kartells bauten ein Netz von Kontakten auf, tauschten – zumeist auf bilateraler Ebene – geheime Informationen aus und koordinierten so die Preise für DRAMs.” Derweil klettern derzeit die Preise für DRAM-Speicherchips seit Monaten immer höher.
Die Marktforscher von iSuppli rechnen gar damit, dass 2010 das umsatzstärkste Jahr aller Zeiten für die Speicherchiphersteller wird. Noch eine bittere Pille für Infineon.