Schweizer Gericht zementiert Microsoft-Monopol
Die Klage gegen die Auftragsvergabe an Microsoft ohne vorherige Ausschreibung hat ein Schweizer Bundesgericht jetzt abgewiesen, zu groß seien die Abhängigkeiten von Microsoft, als das hier andere Anbieter zum Zuge kommen könnten.
Die Schweizer Bundesverwaltung hat mit Microsoft ein Enterprise Agreement, das aber Ende 2011 ausläuft. 42 Millionen Schweizer Franken (knapp 32,5 Millionen Euro) ist dieser Deal wert und er wurde freihändig, das heißt, ohne weitere Ausschreibung wieder an Microsoft vergeben. Dieser Schritt wurde damit begründet, dass es eine “unüberwindbare Abhängigkeit zu Microsoft” gebe. Deshalb sei kein anderer Anbieter in Frage gekommen.
Der Verein /ch/open sowie der Nationalrat Alec von Graffenried hatten gegen diesen Schritt geklagt und vor dem Schweizer Bundesgericht jetzt verloren.
“Das Bundesverwaltungsgericht hatte diese Beschwerde erstinstanzlich mit der Begründung abgewiesen, dass nur Microsoft-Anbieter selbst gegen eine solche Vergabe Einsprache erheben können, da nur diese die durch den Bund gewünschten Microsoft-Produkte anbieten”, heißt es im Blog der parlamentarischen Gruppe ‘Digitale Nachhaltigkeit‘. Die Tatsache, dass es bereits zahlreiche und praxiserprobte Konkurrenzprodukte zu Microsoft gibt, habe das Gericht laut /ch/open nicht berücksichtigt.
Weiter teilte der Verein mit: “Die Beweise, dass es tatsächlich Konkurrenzprodukte gäbe, wurden laut Bundesgericht durch die Beschwerdeführer nicht ausreichend erbracht. Dass dies aber auf Grund des Fehlens eines Pflichtenheftes seitens der Bundesverwaltung gar nicht möglich war, lies auch das Bundesgericht außer Acht.”
Ein weitreichendes Urteil, das in den Augen der Kritiker dieser Vergabe-Praxis sogar gegen die Richtlinien der WTO verstößt: “Auf Grund des Urteils werden auch in Zukunft Schweizer Steuergelder ungehindert ins Ausland und zu Microsoft fließen. Zudem wurde die Verwaltung im Wesentlichen davon entbunden, sich an die WTO-Gesetze zu halten, welche durch Produkt- und Hersteller-neutrale Ausschreibungen für Chancengleichheit sorgen sollten.”
Der Red Hat-Evangelist Jan Wildeboer kommentiert das Urteil in einem Blog mit den Worten: “Das bedeutet, dass Microsofts Monopol bei den Schweizer Behörden bestehen bleibt. In dem man die Behörden noch nicht einmal dazu anhält, Prüfungen beziehungsweise Marktforschung zu betreiben, bedeutet das schlussendlich, dass der freie Wettbewerb aufgehoben wurde.”
Entsprechend enttäuscht ist auch Nationalrat Alec von Graffenried, Mitglied der parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit: “Ich bedauere die Ablehnung der Beschwerdelegitimation. Damit wird der Missstand im IT-Beschaffungswesen der Bundesverwaltung geradezu gutgeheißen.”
Das Bedauern aber auch die Verwunderung der Kritiker des Urteils wird noch zusätzlich dadurch verstärkt, dass zum einen selbst beim Bundesgericht erfolgreich OpenOffice-Produkte eingesetzt werden und zum andern die Regierung bereits 2005 “gleich lange Spieße” für Open Source bei der IT-Beschaffung verabschiedet hatte. Verwunderlich aber auch, dass das Gericht nicht anerkennt, dass es einen Markt für gebrauchte Microsoft-Lizenzen gibt, der sich auf dem Boden des Rechts bewegt.
In einer Antwort vom 17.11.2010 auf eine Anfrage von Graffenried teilte der Schweizer Bundesrat zudem mit:
“Eine Informatikleistung, welche die international festgelegten Schwellenwerte erreicht, ist grundsätzlich auszuschreiben. Damit werden die Gleichbehandlung und die Transparenz gewährleistet und wird der Wettbewerb gefördert (vgl. Art. 1 sowie 13 des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen, BöB, SR 172.056.1). Der Zuschlag ist dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen. Dieses wird ermittelt, indem verschiedene Kriterien berücksichtigt werden wie insbesondere der Termin, die Qualität, der Preis oder der Kundendienst (Art. 21 Abs. 1 BöB). Die Wahl der Zuschlagskriterien hat nichtdiskriminierend zu erfolgen. Ob ein Unternehmen geeignet ist, einen Auftrag zu erfüllen, wird im Einzelfall im Rahmen der Eignungsprüfung abgeklärt (Art. 9 BöB).”
Die Open-Source-Anbieter und auch mittelständische Anbieter (KMUs) aus der Schweiz bedauern sehr, “dass für Schweizer KMUs auch in Zukunft keine Möglichkeit besteht, ihre Rechte gegenüber großen ausländischen Konkurrenten gerichtlich durchzusetzen”.