Linux: Von Berlin bis zum Mond
Die Abkehr des Auswärtige Amtes von Linux hat für Aufsehen gesorgt. Beim 17. LinuxTag vom 11. bis 14. Mai auf dem Berliner Messegelände wollen die Linux-Befürworter zeigen, dass Linux im 21. Jahr seines Bestehens im Aufwind ist.
Nils Magnus, der Veranstaltungskoordinator des LinuxTag e.V., hatte bereits im März davor gewarnt, aus der Entscheidung des Auswärtigen Amtes falsche Schlussfolgerungen zu ziehen. Kein Grund für den Rückzug sei gewesen, dass Open Source nicht leistungsfähig sei. Das Auswärtige Amt werde einen Teil der 2002 umgestellten Linux-Installationen durch Windows XP ersetzen, da es nach dessen Angaben an Benutzerakzeptanz für Linux fehle. Daraus folge, dass Unternehmen und Projekte aus dem Open-Source-Umfeld sich Anforderungen wie Benutzerfreundlichkeit und Prozessorientierung stellen müssten, so Magnus. Tatsächlich steht dem spektakulären Ausstieg des Auswärtigen Amtes auch ein spektakulärer Einstieg gegenüber: Der Münsteraner Versicherer LVM kündigte an, 10.000 lokale und mobile Clients künftig mit Ubuntu-Linux zu betreiben.
Nach Angaben von LinuxTag e.V. und Messe Berlin sind in Berlin 43 kommerzielle Aussteller und 77 freie Projekte vertreten. 10.000 Besucher werden erwartet. Schirmherrin ist Cornelia Rogall-Grothe, IT-Beauftragte der Bundesregierung. “Linux und Open-Source-Software garantieren freie Protokolle und freie Datenformate, die im professionellen Einsatz viele Vorteile bringen”, sagte Ralph Dehner vom ausstellenden Systemhaus B1 Systems. Bei erfolgreichen Start-ups der vergangenen Jahre wie Amazon, Facebook oder Google basiere die Plattform auf Linux und Co.
IBM ist seit über zehn Jahren beim Linuxtag engagiert, sagte Dr. Karl-Heinz Strassemeyer, IBM Distinguished Engineer und Vorsitzender der Linux Solution Group (LiSoG). ” Unser Ziel ist es, die Praxisreife und Einsatzvielfalt von Open-Source-Lösungen auch im Business-Umfeld zu demonstrieren.” LiSoG und LIVE, die beiden wichtigsten deutschen Unternehmerverbände für Open-Source-Software, sind erstmals auf einem großen Gemeinschaftsstand vertreten.
Das Programmkomitee des LinuxTages hat aus Hunderten Vorschlägen Vorträge ausgewählt, die 25 Hauptthemen zugeordnet sind, darunter Open Source im Data Center, im Cloud Management, im Rahmen von IT Service Management sowie Unternehmensapplikationen. Techniker finden Informationen zu Security, IPv6 und Datenbanken. Entwickler können sich zu den Themen Java, Software Development und Webframeworks informieren.
Zu den Rednern gehört Wim Coekaerts, Oracle Vice President of Linux Engineering. In seiner Keynote wird er sich mit der Weiterentwicklung der VM VirtualBox 4.0 beschäftigen. Anwender können mit VirtualBox mehrere Gast-Betriebssysteme parallel auf Desktops oder mobilen Rechnern betreiben. Steve Coast, Gründer des freien Kartographie-Projekts OpenStreetMap, wird über die Ursprünge von Open Street Map und dessen Entwicklung berichten.
Weitere wichtige Themen des LinuxTages sind Cloud Computing und Virtualisierung. Peter H. Ganten, Gründer von Univention, spricht über Hemmnisse für eine breite Adaption von Clouds. Feargal Mac Conuladh führt vor, wie die hauseigenen Linux-Systeme KVM und Qemu auch Desktops vereinheitlichen. Der Virtualisierungsexperte Gerd Hoffmann stellt das dazu passende Protokoll ‘SPICE’ vor.
Google hat den Wettbewerb Lunar X-Prize ausgelobt, bei dem Teams ein unbemanntes Fahrzeug zum Erdtrabanten schicken sollen. Auf dem LinuxTag stellen zwei dieser Teams ihre Projekte vor. Robert Böhme, Teammitglied des Part-Time Scientest berichtet, wie weit das Projekt der 70 Wissenschaftler aus aller Welt vorangeschritten ist. Das Projektteam will bis Ende 2012 einen Rover auf den Mond bringen und von dort Bilder live auf die Erde senden. Auch die Mitglieder von c-base open moon nehmen am Lunar X-Prize teil. Marten Suhr stellt den Ansatz seiner Mitstreiter vor, die mit Hilfe von Open Source ihren Mond-Rover ‘c-rove’ 500 Meter auf dem Planeten zurücklegen lassen wollen.
Zu den freien Projekten gehört die deutsche Linuxspiele-Community Holarse – Spielen unter Linux. Sie zeigt in Halle 7.2a, Stand 116b, dass es auch unter Linux-Anwendern eine Gamer-Community gibt. Das Projekt secure-u e.V. hilft Besuchern, ihre Sicherheit beim Umgang mit digitalen Kommunikationsmitteln wie Internet und E-Mail zu erhöhen (Halle 7.2b, Stand 113a). Die Sportsfreunde der Sperrtechnik präsentieren das so genannte Lockpicking – das Öffnen von Schlössern jeder Art – als sportliche Herausforderung in Halle 7.2b, Stand 145. Der LinuxTag hat zudem eine eigene Android-App, mit der sich Besucher einen eigenen Veranstaltungsplan zusammenstellen können.