Frank Kölmel

Frank Kölmel ist Vice President Central & Eastern Europe bei dem IT-Sicherheitsunternehmen FireEye.

“Was uns verbindet” – Von Stühlen und Netzwerken

silicon.de-Blogger Frank Kölmel wagt sich in unserem Blog auch an die philosophischen Themen der IT. Inspiriert von Stühlen geht er zum Einstieg der Frage nach, ob der Netzwerk-Gedanke ein philosophischer oder technologischer Diskurs ist.

Was haben XXXLutz und Facebook gemeinsam? Ist Ihnen dieses Video mit dem großen roten Stuhl auf der Facebook-Startseite auch schon aufgefallen? Dieser Stuhl, der da in einem Wald zu schweben scheint? Macht das Möbelhaus jetzt nicht mehr marktschreierische Radiowerbung sondern Online-Advertising im Social Web?

Meine Tochter hat mich schließlich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um ein Werbevideo von Facebook selbst handelt. Der Zusammenhang sei gänzlich simpel, denn schließlich sind “Stühle wie Facebook” (O-Ton Facebook). Begründung: “Stühle sind für Menschen gemacht” – wie Facebook. Aha!

Der Spot geht noch weiter, und die Vergleiche werden ähnlich stringent aufgebaut: Türklingeln, Flugzeuge, Brücken – “…dies sind die Dinge, die Menschen benutzen, um zusammenzukommen”. Im Verlauf des Videos werden die Dimensionen dann größer – sogar vor dem Universum macht Facebook nicht halt. Aber das macht Felix Baumgartner ja auch nicht.

Anfangs dachte ich noch, das ist alles etwas weit hergeholt und dramatisch emotionalisierend. Doch dann, zugegeben, kam bei mir doch auch der Sales-Manager eines großen Netzwerk-Unternehmens durch (ohne das vorangestellte “Social”, wobei bei uns natürlich auch Menschen arbeiten und miteinander kommunizieren – und das nicht nur virtuell).

Denn im Grunde sind die Facebook-Themen – Kommunikation, Verbindung, Netzwerke, Technologien – durchaus auch die Themen, die mich und das Unternehmen, für das ich arbeite, bewegen und damit tagtäglich mit meinen Kunden bespreche. Freilich nicht immer auf einem derart philosophischen Level, aber neben den rein technischen Gesprächen scheinen diese gesellschaftlichen Meta-Themen unserer Zeit in den Meetings mit CIOs durchaus hervor:

– Produkt xy garantiert Hochverfügarbeit und Business Continuity – schön, gut und wichtig für meine IT und das dahinter stehende Business. Aber will und kann ich als Mensch wirklich 24×7 rund um die Uhr “verfügbar” oder auf “Stand-by” sein?
– 100 Prozent “Reliability” – Warum kann ich mich auf Technologien zu 100 Prozent verlassen, aber auf Menschen nicht?
– Hochperformante Technologien – beim Menschen würde man von Doping sprechen und sämtliche Titel aberkannt bekommen
– …die Liste lässt sich beliebig fortsetzen…

Hat die IT den Menschen in dessen Leistungsfähigkeit überholt? Ist der Mensch, die “Krönung der Schöpfung” in Zeiten von Big Data und Cloud Computing nicht mehr das dominierende Wesen?

Nun ja, letztlich hat der Mensch die IT gemacht. Er hat die Software programmiert, Algorithmen konzipiert, Netzwerkschränke gebaut, Glasfaserkabel entwickelt und Netzwerke geschaffen, mit denen Menschen von überall auf der Welt Daten und Informationen austauschen können. Und das in viele Richtungen, nicht linear oder statisch, sondern von den Hierarchien und Prioritäten durchaus “chaotisch”. Die IT und die Rechenzentren müssen einiges leisten:

Heute transportieren Rechenzentrums-Netzwerke Daten für eine Vielzahl unterschiedlichster
Anwendungen, zum Beispiel Client/Server, Web-Services und Unified Communications – und jede dieser Anwendungen hat unterschiedliche Verkehrsmuster und Anforderungen an die Netzwerk-Services. In einer Welt, in der sich Informationen und Anwendungen innerhalb der Cloud beliebig bewegen können, muss sich beispielsweise auch das klassische Ethernet mit seiner hierarchischen Architektur ebenfalls weiterentwickeln – zu einer neuen “Ethernet Fabric” für Rechenzentren.

Und schon sind wir bei der Technologie – der Bogen dorthin war nicht weit zu spannen. Und so ist es auch in vielen Kunden-Meetings. 50 Prozent der Zeit spricht man nicht über das eigentliche Produkt oder jedes einzelne Feature. Neben dem Preis und den technischen Details sind es auch die menschlichen Komponenten, die einem das Gefühl geben, eine gute Entscheidung getroffen zu haben. “Was uns verbindet…”

Verbindungen – egal ob zwischen Menschen oder im Technologie-Bereich sind nie linear. Nie nur von A nach B, sondern gehen strahlenförmig in viele Richtungen. Nicht nur im “social” Web entsteht hier schnell das Bild eines riesigen Netzwerks, auch für uns in der IT-Branche greift das Bild eines spinnennetzartigen Systems.
Die Assoziation mit den Stühlen ist mir bislang allerdings noch nicht gekommen…wieder was gelernt….