IBM will Computer schmecken lassen
Computer heute, sind was sie sind. Leistungsfähige Rechner. Doch das soll sich innerhalb der nächsten fünf Jahre ändern, wie ein Team aus IBM-Forschern jetzt erklärt. Die sollen nämlich Dinge können, wie Riechen, oder Gegenstände auf einem Bild erkennen und die Babysprache oder Walgesänge entschlüsseln.
Wie jedes Jahr veröffentlicht IBM die so genannten five in five und trägt damit meist recht weitreichende Utopien für die IT in die Welt. Demnach werden Computer in der Lage sein Aufgaben zu erledigen, die wir derzeit lediglich uns selbst oder intelligenten Tieren zutrauen. Allerdings sind diese Fähigkeiten laut den IBM-Forschern nicht mehr mehrere Jahrzehnte entfernt, sondern werden bereits 2017 verfügbar sein.
Dass der Supercomputer Watson die TV-Rätselshow Jeopardy gewonnen hat, sei nur der erste Schritt, hält Bernard Meyerson, Chief Innovation Officer bei IBM, fest. Die IBM-Konkurrenten würden sich derzeit nur darauf beschränken, schnelle und leistungsfähige Rechner auf den Markt zu bringen. Damit würden sie lediglich die Fähigkeiten nutzen, die man nach derzeitigem Kenntnisstand der linken Gehirnhälfte zuschreibt.
IBM hingegen wolle eine neue Revolution anstoßen und nun auch die Fähigkeiten der rechten Gehirnhälfte in die Architekturen der Rechner adaptieren. Bei IBM spricht man hier vom Cognitive Computing. Der Begriff ist etwas missverständlich gewählt. Es gehe darum, die Architektur des Gehirns nachzubilden und nicht darum, dem Rechner das Fühlen und Denken beizubringen, sofern das überhaupt möglich sein sollte, was der Philosoph John Searl in einem Gedanken-Experiment stark anzweifelt.
Dharmendra Modh, Manager Congnive Computing bei IBM formuliert es folgendermaßen: “Wir versuchen nicht ein Gehirn zu bauen, sondern wir versuchen uns vom Gehirn inspirieren zu lassen.”
Aber die künftigen Rechner werden möglicherweise in der Lage sein, auch ungenaue oder unsichere Informationen zu verarbeiten. IBM geht davon aus, dass bis 2015 rund 80 Prozent der verfügbaren Informationen nicht eindeutig sind. Bei seinem Quiz-Auftritt hatte Watson bereits mit statistischen Verfahren und so etwas wie selbstlernenden Systemen einen Erfolg gefeiert.
“In der Zukunft wird Watson in der Lage sein, in einen interaktiven Dialog mit Menschen zu treten, eigene Beweis-Profile zu formulieren, die Quellen für seine Antworten offen zu legen und auch basierend auf eigenen Erfahrungen ständig zu lernen”, so IBM zu den Cognitive Systems der Zukunft.
Das Ziel ist es, ein System zu entwerfen, das komplexe Daten von verschiedenen Quellen gleichzeitig analysieren kann und sich aber dabei neu verdrahtet, während es mit der Umwelt kommuniziert”, so der IBM-Forscher Modha weiter. Dabei soll das gesamte System aber so energieeffizient wie das menschliche Gehirn sein und soll außerdem in eine Schuhschachtel passen.
Und so hofft IBM eine Maschine entwerfen zu können, die die menschlichen Sinne nachahmt und auch unterstütz. Diese Fähigkeiten werden Tastsinn, Sehen, Hören, Schmecken und Riechen umfassen. So sei es etwa schon heute möglich, den Eindruck einer Oberfläche über bestimmte Vibrationen zu simulieren, wie man sie vielleicht aus Spielkonsolen bereits heute kennt.
Eine IBM-Vision wäre zum Beispiel, für den Rechner einen Katalog von Vibrationen und den Oberflächen-Äquivalenten zu erstellen. Ein Online-Käufer könnte dann einen Stoff fühlen, wenn er sich zum Beispiel für einen Pullover interessiert. Die Oberfläche würde dann eben so vibrieren, dass man einen Eindruck von Wolle bekäme.
In einem Product Information Management System (PIM) könnten diese Vibrations-Muster dann mit digitalen Aufnahmen von Produkten sowie weiteren Daten wie Größe oder Zusammensetzung korreliert werden.
Eine weitere mögliche Anwendung wäre zum Beispiel der Ackerbau. So könnten Bauern über ihr Smartphone eine Aufnahme von ihrem Weizen machen und mit einem Katalog vergleichen. Dann wäre der Rechner in der Lage anhand der Aufnahme zu beurteilen, ob der Weizen gesund ist oder nicht. Auch die medizinische Diagnostik könnte über schnellere Bild-Verfahren und Abgleiche beschleunigt werden. Ärzte wären mit einem solchen Hilfsmittel viel schneller in der Lage, eine Diagnose, etwa bei Hautkrankheiten, zu erstellen.
Über sensible Sensoren etwa in einem Smartphone könnte der Computer von Morgen auch eine Erkältung vorhersagen in dem es so genannte Biomarker im Atem des Nutzers analysiert. So könnte man möglicherweise auch andere Krankheiten vorhersagen.
Aber bis es so weit ist, müssen diese Systeme natürlich sehr viel “lernen”. Man müsste einem Recher zum Beispiel tausende Bilder von einem Strand zeigen, bis er die Muster eines Strandbildes auch unter den 500 Milliarden Bildern erkennt, die die Menschheit jedes Jahr knipst.
Die Liste der möglichen Anwendungen lässt sich noch fortsetzen. So könnte ein Rechner aufgrund der Fotos, die Menschen von Mode auf sozialen Netzen teilen, neue Trends ablesen. Andere IBM-Forscher wollen Babys in bestimmten Situation aufnehmen und so über den Klang ihrer Stimme feststellen, in welcher Verfassung das Baby ist, und was es vielleicht mit dem Geschrei mitteilen will. Auf gleiche Weise könnte man vielleicht auch Muster im Walgesang ableiten, oder vorhersagen, ob und wann im Sturm ein Baum umfällt. Über die molekulare Struktur von Essen, sollen die Rechner von Morgen sogar in der Lage sein, Rezepte auszudrucken und besser zu wissen, was uns schmekt als wir selbst. Davon ist Lav Varshney, Wissenschaftler bei IBM Services Research überzeigt.
Davon ist das Kreativitäts-Modul verantwortlich, das Varshney zusammen mit seinem Team entwickelt. Das soll den Watson Modell 2017 dazu befähigen, selbst kreative Lösungen zu entwickeln und nicht nur vorgegeben Lösungen zu liefern.