Hardware-Ostereier auf Chips

Chip-Designer haben eines Tages damit angefangen, mikroskopisch kleine Bilder in Chips zu verstecken, sozusagen Hardware-Ostereier. Damit niemand jetzt ein Mikroskop und Chips hervorkramen muss, stellen wir passend zu Ostern die schönsten Expemplare dieser virtuellen Ostersuche vor.

Fake: Diese Chip Art entstand in Photoshop und nicht im Intel-Pentium-Labor. Q

Die Zahl der Chips, die sich durch ein Bild auszeichnen ist recht überschaubar. Rund 350 Modelle sind derzeit bekannt, auf deren Oberfläche eine Chip Art, ein Silicon Doodle oder auch Chip Graffiti zu sehen sind.

Zu sehen sind Botschaften, Bilder von Schlümpfen, Mickey, Milhouse oder andere Motive. Platz finden diese kleinen Kunstwerke in Bereichen, die nicht von Transistoren oder Leiterbahnen verwendet werden. Dabei gibt es sehr einfache ‘Zeichnungen’, aber auch recht komplexe Darstellungen dieser Bilder.

Auch wenn durch diese Kunstwerke keine zusätzlichen Herstellungskosten entstehen, weil sie ohnehin wie die Leitungen auf dem Halbleiter mit einer Maske hergestellt werden, ist es offenbar alles andere als Trivial diese Bilder zu entwerfen und zu erzeugen, weil sie in mehreren Schichten aufgebraucht werden müssen.

 

 

Bis zum Jahr 1984 hatten diese Bilder auch noch eine echte Funktion. So sollten die Halbleiter über diese Bilder vor unerlaubtem Kopieren geschützt werden. 1984 hatten die USA dann den Semiconductor Chip Protection Act erlasssen. Damit waren alle Halbleiter-Designs automatisch urheberrechtlich geschützt. Auch in anderen Ländern wurden etwa zeitgleich ähnliche Gesetze erlassen. Seitdem haben diese kleinen Bilder keinerlei nutzen mehr. Sie sind so etwas wie Ostereier der Halbleiterwelt und diejenigen, die Halbleiter signieren mit diesen Bildchen sozusagen ihre Werke.

Manche Bilder haben persönliche Bezüge, andere sind kleine Verweise auf Insider-Witze oder einfach Spielereien oder bestehen aus Initialen. Auf einem Chip haben die Designer auf Russisch das Grußwort hinterlassen, “Stehle von den Besten”. Damit richteten sich die Designer an die russischen Kollegen, die möglicherweise den Auftrag hatten, den Chip zu analysieren und nachzubauen.

Professor Michael W. Davidson vom National High Magnetic Field Laboratory der Florida State University in Tallahassee, gilt als Autorität auf dem Gebiet der Chip Art. Er gibt an, dass er vielleicht nicht der erste ist, der diese Bildchen entdeckt hat, aber er sei der erste, der damit an die Öffentlichkeit gegangen ist. Er gibt an, etwa 350 dieser Bilder zu kennen. Der Experte für Microskopie glaubt jedoch, dass es noch einige weitere solcher Bilder gibt. Er schätzt die Zahl auf zwischen 1000 und 2000 Bilder. Auf der Seite Silicon Zoo hat er noch weitere Expemplare ausgestellt. Auf die Kunstschätze stößt er, in dem er selbst danach sucht und natürlich, indem Ingenieure ihm Tipps geben. Er selbst habe über 10.000 Chips nach Bildern durchstöbert. In den allermeisten Fällen aber, sind die Halbleiter nicht mit Bildchen verziert.

Auch scheint diese Kunstform den Zenith bereits durchschritten zu haben. Denn mit immer feineren Herstellungsverfahren und immer dichter gepackten Architekturen werde es auch immer schwieriger diese Kunstwerke aufzuspüren und auch sichtbar zu machen.

Halbleiter werden Hergestellt, in dem mehrere Schichten von Silizium, Glas oder Aluminium auf einander aufgetragen werden. Durch diese Schichten entstehen auch diese regenbogenhaften Effekte. Kein Wunder also, dass sich die Designer von solchen Möglichkeiten herausgefordert fühlen. Als Davidson damals begann, die Halbleiter durch ein Mikroskop zu fotografieren, war er angetreten, die Schönheit dieser Designs zu zeigen. Dabei ist er dann über die Comic-Figur “Waldo” gestolpert. Und zunächst wusste er damit nichts anzufangen. Nach und nach stelltet sich heraus, dass die Ingenieure sich seit längerem einen Jux draus machen, solche nichtfunktionalen Bildchen in die Chips ätzen zu lassen. Weil diese Kunstform eigentlich nur wenigen Menschen vorbehalten ist, gab es auch Raum für Legendenbildung. So existierte einst die Urban Legend, dass auf einem Pentium-Chip von Intel “bill sux” zu lesen sein soll. Es hat sich aber herausgestellt, dass es sich dabei um einen Phoshop-Hoax handelt.

Darüber hinaus hat diese Kunstforma auch tatsächlich viel mit einem Graffiti zu tun. Denn häufig unterbanden die Hersteller diese Bilder. Die Designer mussten also einen Weg finden, die Bilder tatsächlich bis zur Produktion vor den Augen der letztendlich Verantwortlichen zu verbergen. Denn man fürchtet, dass diese Kunstwerke einen ungeplanten Effekt auf die Funktion des Halbleiters haben könnte. Daher wurden diese Kunstwerke, sofern sie entdeckt wurden häufig auch entfernt. Es ist jedoch nicht bekannt, dass einer der Designer deswegen den Job verloren hätte.

Neben Davidson beschäftigt sich unter anderem auch die Fotografin Felice Frankel und die Chemiker Georg Whitesides und Albert Folch mit der Fotografie von Nanostrukturen.


Motherboard: The Silicon Zoo (VBS 2011) von PopSci

Tipp: Wie gut kennen Sie sich mit der europäischen Technologie-Geschichte aus? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Anzeige