Viele US-Firmen ignorieren angeblich EU-Datenschutzgesetze

Die Verbraucherschutzorganisation CDD beschwert sich bei der US-Handelsaufsicht FTC. Demnach sollen mindestens 30 Firmen darunter Adobe, AOL und Salesforce.com gegen zugesagte Datenschutzrichtlinien verstoßen haben. Die Safe-Harbor-Reglungen wurden von US-Behörden nicht durchgesetzt.

Die US-Handelsaufsicht FTC hat von der Verbraucherschutzorganisation CDD eine Beschwerde erhalten. Viele US-Firmen halten sich ihrer Ansicht nach nicht an EU-Datenschutzgesetze. Erforderliche Vorkehrungen für den Schutz der Privatsphäre sollen demnach mindestens 30 Unternehmen nicht einhalten. Diese hat die US-Regierung europäischen Bürgern mit dem Safe-Harbor-Abkommen zugesichert.

consumerprivacybillofrightsUnter anderem wirft das Center for Digital Democracy (CDD) Adobe Systems, AOL, Salesforce.com, Datalogix, Marketo, Neustar sowie der Oracle-Tochter BlueKai, die eine cloudbasierte Plattform für Marketing-Automatisierung betreibt vor, die Gesetzte zu missachten. “Die geschäftsmäßige Überwachung von EU-Verbrauchern durch US-Unternehmen, die ohne Kenntnis oder gültige Zustimmung erfolgt, widerspricht den grundlegenden Rechten von EU-Bürgern und den europäischen Datenschutzgesetzen”, heißt es in der Beschwerde.

Die Firmen schaffen “detaillierte digitale Dossiers”, so das CDD weiter. Durch Online-Tracking, mobiles Tracking und andere Methoden gesammelte öffentlich zugängliche Daten führten sie dafür zusammen. Außerdem hätten sie die Möglichkeit Adressen sowie Informationen über getätigte Käufe, Einkommen und Familienstruktur zuzukaufen. Die aufgelisteten Unternehmen sollen in zahlreichen Fällen mehr persönliche Daten über EU-Bürger sammeln, als nach den Bedingungen des Safe-Harbor-Abkommens zulässig ist.

Europäischen Firmen sollten durch das Safe-Harbor-Abkommen personenbezogene Daten in die USA legal übermitteln dürfen. Im Grunde untersagt die EU-Datenschutzrichtlinie eigentlich eine solche Übertragung in Staaten wie die USA, die über kein Datenschutzniveau verfügen, das dem europäischen Recht vergleichbar ist. Die Übereinkunft sieht jedoch vor, dass die Übermittlung an US-Unternehmen zulässig ist, wenn sie dem Safe-Harbor-Abkommen beitreten. Dafür müssen sie verbindliche Datenschutzregeln einhalten und sich beim US-Handelsministerium auf einer einschlägigen Liste eintragen lassen.

Das CDD ist allerdings der Meinung, dass Safe Harbor diesen Unternehmen nur als “Schild” dient, um ihre Methoden des Datensammelns ohne wirksame Aufsicht auszudehnen. Der FTC und dem US-Handelsministerium wirft es mangelnde Durchsetzung der Regularien vor. Beschwerden würden sie meist geräuschlos durch Vergleiche beilegen.

“Unsere Untersuchung hat ergeben, dass viele dieser Unternehmen mit einem Netz einflussreicher Datenbroker-Partner verwoben sind, die ohne Kenntnis der europäischen Öffentlichkeit ihre Daten zusammenführen, um Profiling und Online-Targeting zu ermöglichen”, erklärte Jeff Chester, geschäftsführender Direktor der Verbraucherschutzorganisation, die sich besonders für das Recht auf Privatsphäre engagiert. Ihr Chefjurist Hudson Kingston sieht ein “systemisches Versagen” von Safe Harbor, weshalb es nicht wie beabsichtigt funktionieren könne. Das CDD rief Regierungsvertreter der USA und EU-Staaten auf, das Programm während einer Untersuchung durch die FTC auszusetzen, die für die Durchsetzung der Safe-Harbor-Regeln zuständig ist.

Die Europäische Union kündigte schon Ende 2013 die Absicht an, das Safe-Harbor-Abkommen zu überarbeiten und in insgesamt 13 Punkten nachzubessern. Nach einer Analyse der EU funktioniert die Regelung, die Datenübermittlungen zu gewerblichen Zwecken zwischen der EU und den USA regelt, “in mehrerlei Hinsicht mangelhaft”. Im März 2014 reagierte das EU-Parlament auf den NSA-Skandal und forderte in einer mit großer Mehrheit angenommenen Entschließung, das Safe-Harbor-Abkommen mit den USA auszusetzen.

[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]