Gartner

Das Team der deutschen Gartner Analysten bloggt für Sie über alles was die IT-Welt bewegt. Mit dabei sind Christian Hestermann, Frank Ridder, Bettina Tratz-Ryan, Christian Titze, Annette Zimmermann, Jörg Fritsch, Hanns Köhler-Krüner, Meike Escherich und Helen Poitevin.

Gartner: Die Zukunft der Wearables und ihre sechs wichtigsten Geschäftsfelder

Auf IT-Konferenzen diskutieren Experten vielseitig über Wearables. Gartner glaubt, dass bis 2020 über 10 Milliarden smarte Geräte – Produkte mit integriertem Sensor und Verbindungsprotokoll – verkauft werden. Davon sollen rund 500 Millionen Wearables sein. Gartner Research Director Annette Zimmermann beleuchtet die Zukunft von Wearables und die sechs wichtigsten Geschäftsfelder für sie.

Das Thema Wearables wird in diesem Jahr auf IT-Konferenzen vielseitig diskutiert. Im Zusammenhang mit dem Trend “Internet der Dinge” (Internet of Things oder kurz, IoT) haben Wearables ihren festen Platz gefunden, da diese die Verbindung des Menschen ins Internet der Dinge ermöglichen. Der Nutzer wird sozusagen ein Teil dieses schnell wachsenden Netzwerks. Gartner sagt voraus, dass 2020 über 10 Milliarden “Dinge” (ein Produkt mit integriertem Sensor und Verbindungsprotokoll) an Konsumenten und Unternehmen verkauft werden. Des Weiteren prognostizieren wir, dass im Jahr 2016 über 290 Millionen Wearables verkauft werden. Zum Vergleich: Wir erwarten, dass 2016 über 2 Millionen Mobiltelefone verkauft werden. Das Smartphone wird in den nächsten fünf Jahren nicht den smarten Uhren oder Fitnessbändern weichen, sondern bleibt weiterhin eines unserer persönlichsten Geräte, die wir ständig bei uns tragen.

Wearables fallen in verschiedene Kategorien. Die wichtigsten, die Gartner derzeit identifiziert hat und darauf den Forecast aufbaut, sind Smart Watches, Armbänder, Fitness-Uhren, andere Fitness-Tracker, Fitness-Brustgurte, smarte Kleidung und Smart Glasses/Kameras. Einige dieser Kategorien werden “zusammenwachsen”, wie zum Beispiel Armbänder und Smart Watches. Samsungs Gear Fit ist nach dem Design zu urteilen eher ein smartes Armband, besitzt aber gleichzeitig auch Funktionen für Kommunikation, was die Hauptfunktion einer Smart Watch darstellt. Wir gehen davon aus, dass Fitness-Brustgurte in einigen Jahren durch smarte Kleidung ersetzt werden wird. Denn smarte Kleidung kann Vitaldaten aufzeichnen und ist dabei deutlich angenehmer zu tragen.

Gartner erwartet, dass die Verkaufszahlen von Wearables bis 2020 auf rund 500 Millionen Stück anwachsen werden. (Grafik: Gartner)
Gartner erwartet, dass die Verkaufszahlen von Wearables bis 2020 auf rund 500 Millionen Stück anwachsen werden. (Grafik: Gartner)

Genauso interessant wie sich die Wearables-Landschaft anzusehen, ist es, sich mit den Geschäftsmodellen und Diensten zu beschäftigen. Letztendlich sind es die Dienstleistungen, die den größeren Teil der Umsätze ausmachen werden. Obwohl viele Unternehmen noch in der Experimentierphase sind, haben sich schon einige interessante Geschäftsfelder etabliert. Die Geschäftsmodelle sind nur durch Partnerschaften möglich und wir sehen, dass einige dieser Geschäftsbeziehungen schon heute recht komplex sind. Die sechs Bereiche, um die sich schon ein Ökosystem an Hardware-Herstellern, Plattformanbietern und Dienstleistern gebildet hat, sind:

  1. Gesundheit/Fitness für Konsumenten: Fitness-Tracker wie Fitbit, Misfit, Up and Fitbug erfahren weltweit einen steigenden Absatz ihrer Produkte. Samsung, Apple, Microsoft und Google arbeiten an Plattformen, die in Kooperation mit anderen Unternehmen wie Nike und Withings eine vertiefte Analyse der Nutzerdaten ermöglicht.
  2. Gesundheitsprogramme für Firmen: Hersteller von Fitness-Trackern haben sich mit Krankenversicherungen zusammen getan und bieten Tarife für Unternehmensmitarbeiter an, die eine gesunde Lebensweise ermutigen.
  3. Öffentlicher Dienst: Vidcie, ein Hersteller tragbarer Videokameras, kooperiert mit Genetec, einem Anbieter für Überwachungsvideos. Zusammen bieten sie eine Lösung für Polizeikräfte an, die bei Außeneinsätzen Gespräche und die Gesamtsituation aufnehmen können. Die Anzahl der Beschwerden gegen Polizeibeamte sind bei der Behörde, wo diese Technologie bereits eingesetzt wird, erheblich zurückgegangen. Daraus resultiert eine Kostenersparnis.
  4. Notfallhilfe: Die US-Firma First Sign bietet eine Sicherheitslösung für Verbraucher an und arbeitet mit verschiedenen Hardware-Herstellern und Mace Security International zusammen. Die Lösung besteht aus einem sehr kleinen, unauffälligen Sensor, der am Kopf getragen wird und über das Smartphone automatisch Alarm auslöst. Die Zielgruppe sind Personen, die sich in bestimmten Situationen nicht sicher fühlen, wie zum Beispiel ältere Menschen, die allein leben.
  5. Telemedizin: Der Hersteller Zephyr bietet mit Hilfe eines kleinen “Bio-Patch”, das wie ein Pflaster auf die Haut geklebt wird, die Fernüberwachung von Vitaldaten von Patienten an, die mittels einer Router-Station im Haus des Patienten an den Arzt drahtlos übertragen werden.
  6. Außendienst: Hier gibt es zahlreiche Beispiele, da einige Industrien wie z.B. die Automobilindustrie Technologien wie Augmented Reality (AR) schon viele Jahre in der Produktentwicklung verwenden. Mittlerweile sehen auch andere Industrien den Nutzen von Augmented Reality im Bereich Repair & Maintenance. Dem Techniker werden über die AR-Brille genau die nächsten Arbeitsschritte angezeigt, die er dann ohne weitere Hilfe ausführen kann.

Die Mehrzahl der Geschäftsmöglichkeiten im Bereich Wearables sind heute noch unentdeckt – es werden in den nächsten zwölf Monaten noch viele neue Geschäftsideen dazu kommen. Und ein Thema, mit dem sich alle Wearables-Anbieter vor allem beschäftigen müssen, ist das Thema Datenschutz. Gartner rät seinen Kunden, dies nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen und Endverbrauchern gegenüber transparent bezüglich ihrer persönlich Daten zu sein.