G.fast bringt Glasfaser-Leistung in Kupfer-Leitungen
Zumindest auf kürzeren Distanzen lässt sich über G.fast DSL auch über Kupfer mit bis zu 1 GB/s übertragen, allerdings nur auf kürzeren Distanzen.
Die International Telecommunication Union (ITU) veröffentlicht den Breibandstandard G.fast. Auf kurzen Distanzen über herkömmliche Kupferleitungen ermöglicht G.fast DSL-Übertragungsraten zwischen 150 MBit/s und rund 1 GBit/s. G.fast stammt aus den Entwicklungslaboren von Alcatel-Lucent und Huawei und gilt als Nachfolgestandard von VDSL2.
Laut ITU soll G.fast vor allem eine kostengünstige Alternative zu Fiber to the Home (FTTH) bieten. Die für Fiber-to-the-Building- (FTTB) und Fiber-to-the-Distribution-Point-Netze (FTTdp) ausgelegte Übertragungstechnik kombiniert Elemente von Glasfaser und DSL. Bei einer Distanz von 400 Metern zu einem Einspeisepunkt könne G.fast “Glasfaser-ähnliche Geschwindigkeiten” liefern. Das helfe Service-Providern dabei, Infrastrukturkosten zu sparen, so die Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Die Entwicklung des G.fast-Standards wurde mit dem FTTdp-Systemarchitekturprojekt des Broadband Forum koordiniert, um sicherzustellen, dass G.fast-Lösungen schnell in FTTdp-Umgebungen integriert werden können. “Das Broadband Forum arbeitet eng mit der ITU zusammen, um Übereinstimmung mit dem G.fast-Standard zu gewährleisten und Chipsätze sowie Ausrüstung zu zertifizieren”, sagte Robin Mersh, CEO des Broadband Forum. “Wir haben unser erstes Plugfest schon für Januar 2015 angesetzt.”
Das Broadband Forum entwickelt derzeit noch eine Test-Suite und ein Zertifizierungsprogramm für G.fast-Systeme. Erstere soll Interoperabilitäts-, Funktions- und Leistungstests ermöglichen. Eine Versuchsphase des Zertifizierungsprogramms ist für Mitte 2015 geplant. Erste zertifizierte G.fast-Implementierungen am Markt werden noch vor Ende 2015 erwartet.
“Die Zeit zwischen der Verabschiedung von G.fast und dessen Implementierung wird voraussichtlich kürzer sein als bei allen Zugangstechnologien der jüngeren Vergangenheit”, wird ITU-Generalsekretär Hamadoun I. Touré in einer Pressemitteilung zitiert. “Ein Reihe von Anbietern hat bereits mit der Auslieferung von G.fast-Chips sowie -Ausrüstung begonnen, und die Labor- und Feldversuche der Dienstanbieter sind in vollem Gang.”
Die Deutsche Telekom hatte bereits im Februar Praxistests für G.fast geplant. Das bestätigte damals Technikchef Bruno Jacobfeuerborn gegenüber der Wirtschaftswoche. Ziel seien Übertragungsraten von bis zu 500 MBit/s oder mehr. Wettbewerber der Deutschen Telekom, die im Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) organisiert sind, kündigten Ende Oktober noch für dieses Jahr einen Praxistest der Breitbandtechnik an. Bei diesem wollen sie zusammen mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) die von Alcatel-Lucent bei eigenen Tests erzielten Geschwindigkeiten überprüfen.
Der österreichische Netzbetreiber A1 hat schon Mitte Oktober in Wien mit einem Test von G.fast begonnen. Er sieht sie als rasch implementierbare Brückentechnologie bis zur Einführung von “Glasfaser bis in die Wohnung”. A1 geht derzeit davon aus, dass sich in Wien rund 30.000 Gebäude mit mehr als 400.000 Haushalten für den Ausbau mit G.fast eignen. Mit der kommerziellen Verfügbarkeit des als Ultra-Breitband-Services bezeichneten Angebots ist jedoch erst 2016 zu rechnen.
G.fast ist in hohen Frequenzbereichen angesiedelt. Daher ist der Standard für Störeinflüsse anfällig. Mit Technologien wie dem Vectoring muss daher der Effekt des Übersprechens zwischen Adern in einem Leitungsbündel minimiert werden. Die Technologie eignet sich deswegen in der Praxis nur für Strecken von maximal 250 Metern ab dem Einspeisepunkt.
Entscheidend ist dabei, wo dieser liegt – also ob am Hausanschluss oder einem speziellen Verteilerpunkt. Laut Breko gibt es in Deutschland nur sehr wenige solcher Verteilerpunkte. Da diese für G.fast eigens errichtet werden müssten, geht ein Teil der Vorteile verloren. Unproblematisch ist es allerdings, G.fast zur Beschleunigung der Hausverkabelung zu nutzen.
Allerdings warnt der Breko davor, einzelnen Unternehmen exklusive Nutzungsrechte – etwa der Hausinfrastruktur – zur Verwendung des nun verabschiedeten Standards einzuräumen. Technologiebedingt kann G.fast durch die Koppelung mit Vectoring immer nur von einem Unternehmen zwischen Einspeisepunkt und Endkunde eingesetzt werden.
[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]