In Postfächern, Netzlaufwerken und auf Rechnern schlummern Datenschätze. In Europa fängt man aber erst an, sich darüber Gedanken zu machen, wie man diese Schätze auch bergen kann, so Enterprise-Search-Experte Daniel Fallmann im silicon.de-Blog.
Eines ist klar: Es generieren jene Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil, die ihren Wissensschatz, der in diversen Abteilungen, in den unterschiedlichsten Applikationen und in allen Mitarbeiterköpfen mehr oder weniger verteilt ist, konsolidiert nutzen können. Es haben jene Firmen die Nase vorne, die fähig sind, aus dem verteilten Goldstaub Goldbarren zu pressen. Und auch der Umkehrschluss ist wahr: Jene Unternehmen, deren Mitarbeiter die Arbeitszeit vor allem mit der Suche verbringen: Nach einer bestimmten, geschäftskritischen E-Mail – wer war eigentlich der Absender? Oder nach der genialen Grafik, die irgendwo abgelegt ist – aber wo nur? Oder mit Telefonaten mit einem ehemaligen Kollegen in Rente, dessen unschätzbare Erfahrung nirgendwo nutzbringend dokumentiert ist. Diese Unternehmen haben gar nicht die Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – und zwar ihr Geschäft voranzutreiben.
Viele Unternehmen haben das erkannt und setzen auf Enterprise Search-Systeme, die “Goldbarrenschmelze” der Business-Welt. Laut Transparency Market Research sorgten im Jahr 2012 nordamerikanische Firmen alleine für knapp 35 Prozent des globalen Enterprise Search-Umsatzes. Asien und der Pazifikraum sind die am schnellsten wachsenden Regionen beim Thema Wissensmanagement, das diesen Namen auch verdient. Und Europa?
Es ist eine typisch europäische Geschichte. Am Anfang standen geniale Köpfe in Großbritannien und Skandinavien, die sich gegen Ende der 1990er-Jahre Gedanken machten, wie man das Beste aus der sich abzeichnenden Datenflut ziehen könnte. Es waren meist clevere Köpfe aus dem Wissenschaftsbereich, die mit den Vorstufen zu Enterprise Search wie Textmining und Web-Search experimentierten und darauf aufbauend Geschäftsmodelle entwickelten. Wer sprang darauf an? Vor allem US-Firmen und nicht die Unternehmen vor der Haustüre, denn diese erkannten die Notwendigkeit nicht. Wie gesagt, eine typisch europäische Geschichte: Das Knowhow wäre ja da, nur nutzen müsste man es eben.
Mitte der 2000er-Jahre war der Leidensdruck angesichts der schnell wachsenden Daten – egal ob strukturiert oder unstrukturiert – auch bei heimischen Wirtschaftstreibenden so groß, dass der Ruf nach radikalen Lösungen immer größer wurde. Wir hatten Kunden, die mit Hunderten Millionen Dokumenten kämpfen mussten, wohl wissend, dass auch die beste strukturierte Ablage der Welt nicht so damit umgehen konnte, dass sich automatisiert, schnell und möglichst effektiv gewinnbringende Informationen daraus ziehen ließen. Wir waren von Anfang an überzeugt, dass Enterprise Search die optimale Lösung sei, da sie einerseits in hohem Tempo strukturierte als auch unstrukturierte Daten verarbeiten kann, andererseits ihre volle Leistungsfähigkeit dann ausspielt, wenn es darum geht, Informationen über Applikations- und Abteilungsgrenzen hinweg zusammenzuführen. Kurz: Im Jahr 2005 entschlossen wir uns, ein Unternehmen zu gründen, das sich voll und ganz dem Zukunftsthema verschreibt.
Die gewaltigen Vorteile, die diese zur Big Data-Familie gehörende Technologie bietet, blieb natürlich auch den IT-Multis nicht verborgen. So kam es in den Jahren 2008 und 2009 zu einer großen Konsolidierungswelle. Mit anderen Worten: Die großen Enterprise Search-Unternehmen gingen in den größten IT-Firmen des Erdballs auf – und damit wanderten auch einige der führenden europäischen Hersteller in Richtung US-Markt, wo die größte Nachfrage zu Hause war: Mit knapp 35 Prozent war und ist es auch heute der Finanzbereich, gefolgt von der öffentlichen Hand und dem Privatsektor, so die Angaben des bereits erwähnten Transparency Market Research.
Das Jahr 2011 markiert einen Paradigmenwechsel in der Entwicklung von Enterprise Search. Während davor der klassische Suchcharakter dominierte, geht es seit jenem Jahr verstärkt darum, Informationen proaktiv zusammenzuführen. Wir nennen das “Illuminating Information”: Das System sucht im Hintergrund, noch bevor der Nutzer das tut. Mit diesem Ansatz verabschieden wir uns von dem von Search Engines bekannten Suchfeld-Trefferliste-Paradigma. Statt zweidimensionalen Ergebnislisten entstehen vor den Augen des Nutzers dreidimensionale Ansichten auf ein Thema, sei dies technischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Natur.
Dank “Illuminating Information” sind intelligente Suchanwendungen er möglich. Das sind im Grunde auf Enterprise Search basierende Wissensmanagementsysteme, die auf konkrete Anwendungsgebiete spezialisiert sind, wie zum Beispiel Callcenter oder das Gesundheitswesen. Das bedeutet, dass die User entsprechende Lösungen als intelligente Assistenzsysteme im Berufsalltag nutzen können – um etwa im Fall des Callcenter per Telefon Fehler analysieren zu können, ohne einen Experten zu Rate ziehen zu müssen. Last, but not least bietet Enterprise Search als Big Data-Technologie die Fähigkeit, dort Muster zu erkennen, wo für das menschliche Auge nur Chaos besteht – ein unbezahlbares Asset für jede Forschungs- und Marketingabteilung.
Heutzutage gibt es kein Unternehmen mehr, das sich nicht in der einen oder anderen Form mit Wissensmanagement auseinandersetzt. Überall gilt: Aus dem Goldstaub Goldbarren zu machen. Seit einiger Zeit merken wir verstärkt, dass auch europäische Unternehmen und Organisationen der öffentlichen Hand Enterprise Search weit oben auf der Agenda haben. Angesichts NSA und anderer Unwägbarkeiten suchen viele vor allem den Rat bei Anbietern, die hier zu Hause sind und den europäischen Werten verpflichtet sind. Und wir sehen wieder – wie Ende der 1990-Jahre – lokale Startups auf der Bühne erscheinen, die mit frischen Ideen den Markt bereichern.
Dass es eine europäische Geschichte ist, zeigt sich auch daran, dass die heimischen Unternehmen bereit sind, aus Fehlern zu lernen und Versäumtes nachzuholen – man ist ja nicht beratungsresistent. Hier in Deutschland und in den Nachbarländern setzen immer mehr Firmen auf die zukunftsweisende Technologie. Damit hat Enterprise Search das Zeug dazu, auch in Europa zur Erfolgsgeschichte zu werden.