Kartell: EU leitet Untersuchung gegen Google ein
Die EU-Kommission wirft dem Internetkonzern unfairen Wettbewerb vor. Sie kritisiert neben Googles Suchmaschine auch das Betriebssystem Android. Google droht eine Strafe in Milliarden Höhe.
Die EU-Kommission geht wie erwartet gegen Google vor. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat eine formelle Untersuchung gegen den Konzern eingeleitet. Demnach wirft sie dem Suchmaschinenanbieter offiziell vor die “beherrschende Stellung auf den Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste im Europäischen Wirtschaftsraum” zu missbrauchen.
“Ziel der Kommission ist es, durch Anwendung der EU-Kartellvorschriften dafür zu sorgen, dass die in Europa tätigen Unternehmen, wo auch immer sie ihren Sitz haben, die Auswahl für die Verbraucher in Europa nicht künstlich einschränken oder Innovation bremsen”, so Vestager.
Google bevorzuge den eigenen Preisvergleichsdienst Google Shopping und verschaffe sich somit einen unfairen Vorteil. Die EU-Kommission kommt zu der vorläufigen Auffassung, dass dieses Verhalten gegen EU-Kartellrecht verstößt. Es behindere den Wettbewerb und schade dem Verbraucher.
“Google hat nun Gelegenheit, die Kommission vom Gegenteil zu überzeugen. Sollte die Untersuchung jedoch unsere Befürchtungen bestätigen, müsste Google die rechtlichen Konsequenzen tragen und seine Geschäftspraxis in Europa ändern”, sagte Vestager.
Bereits im November 2010 gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass Google den Preisvergleichsdienst bevorzuge. Auf diese Weise “könnten daher Interessenten künstlich von anderen Preisvergleichsdiensten umgelenkt” werden, heißt es in einer Pressemitteilung.
Die EU befürchtet, dass die Nutzer bei ihrer Suche nicht unbedingt die relevantesten Ergebnisse angezeigt bekommen. “Dies schadet den Verbrauchern und verhindert Innovation. Nach vorläufiger Auffassung der Kommission sollte Google dieses Verhalten abstellen und die Preisvergleichsdienste seiner Konkurrenten genauso behandeln wie seinen eigenen.”
Google hat nun zehn Wochen Zeit, um sich zu den Vorwürfen zu äußern. Anschließend kann der Konzern eine förmliche Anhörung beantragen. Nach Ansicht der EU-Kommission reichen die bisherigen Verpflichtungsangebote von Google nicht aus, um wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen.
Die Wettbewerbshüter bemängeln vor allem fünf Punkte:
- Google platziere den Preisvergleichsdienst auf den eigenen allgemeinen Suchergebnisseiten systematisch an besonders sichtbarer Stelle, unabhängig von der Relevanz. Dieses Verhalten begann 2008.
- Der Konzern wende das Sanktionssystem, das es auf der Grundlage bestimmter Parameter auf andere Preisvergleichsdienste anwendet, nicht auf die eigenen Preisvergleichsdienst an, was dazu führen kann, dass sie auf den allgemeinen Suchergebnisseiten von Google auf einem niedrigeren Rang erscheinen.
- Froogle, der erste Preisvergleichsdienst von Google, kam nicht in den Genuss einer Vorzugsbehandlung und entwickelte sich schlecht.
- Infolge der systematischen Bevorzugung durch Google verzeichneten die beiden Nachfolgedienste, “Google Produktsuche” und “Google Shopping” höhere Zuwachsraten, zum Nachteil konkurrierender Preisvergleichsdienste.
- Das Verhalten von Google habe zudem negative Auswirkungen auf Verbraucher und Innovation. Konkurrenten haben nur einen geringen Anreiz für Innovationen, da sie wissen, dass der eigene Dienst unabhängig von seiner Qualität weniger sichtbar sein wird als der Dienst von Google.
Auch Android im Visier der EU
Unabhängig von der kartellrechtliche Untersuchung der Google-Suche, prüft die EU das Mobilbetriebssystem Android. Die Kommission will sich mit der Frage beschäftigen, ob Google in Bezug auf Betriebssysteme, Anwendungen und Dienste für Smartphones wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen oder eine etwaige marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt hat.
“Smartphones, Tablets und ähnliche Geräte spielen im täglichen Leben vieler Menschen eine immer wichtigere Rolle. Ich möchte sicherstellen, dass die Märkte in diesem Bereich sich entwickeln können, ohne dabei von einem Unternehmen durch wettbewerbswidrige Handlungen behindert zu werden”, kommentierte Vestager die Untersuchung von Android.
Google droht eine Milliardenstrafe
Die EU-Kommission könnte Google zu einer Strafe in Höhe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verurteilen. 2014 erzielte der Internetkonzern einen Umsatz von rund 66 Milliarden Dollar. Google kann gegen eine mögliche Strafe noch gerichtlich vorgehen. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass sich die beiden Parteien zuvor einigen.
Vestagers Amtsvorgänger Joaquin Almunia hatte im Februar 2014 eine vorläufige Einigung mit Google erzielt. Die Einigung kritisierten nicht nur die klagenden Konkurrenten sondern auch Mitglieder der Kommission. Aus diesem Grund forderte die Wettbewerbsbehörde im September von dem Konzern weitere Zugeständnisse. Einige Reaktionen auf Googles Lösungsvorschläge seien “sehr, sehr negativ” ausgefallen, sagte Almunia damals. Dies gebe der EU das Recht, weitere Zugeständnisse einzufordern.
Im November 2014 stimmt das EU-Parlament für einen Entschließungsantrag. Diese sie unter anderem eine “Entflechtung von Suchmaschinen von anderen kommerziellen Diensten” als mögliche Lösung angesichts der Marktdominanz Googles vor. Der Antrag ist zwar nicht rechtlich bindend, dennoch zeigten sich die USA “besorgt” über den Vorschlag.