Online-Werbung: Mobilfunkanbieter planen Adblock in ihren Netzen
Ziel der Blockade ist es, an Werbeeinnahmen von Konzernen wie Google beteiligt zu werden. Seit längerem erheben die Netzbetreiber Vorwürfe gegen Internet- und Medienunternehmen, sie würden von ihren Netzen profitieren, ohne sich an den hohen Infrastrukturkosten zu beteiligen.
Angeblich wollen Mobilfunkanbieter in Zukunft Werbeblocker in ihren Netze integrieren. Dieses Vorhaben stößt höchstwahrscheinlich auf großen Widerstand von Internetfirmen wie Google, Yahoo oder AOL. Ein europäischer Netzbetreiber habe bereits eine Blocking-Software in seinen Rechenzentren installiert, berichtet die Financial Times. Das Programm soll noch in diesem Jahr aktiviert werden. Aus dem Bericht geht hervor, dass es die meisten Werbearten auf Webseiten oder in Apps blockieren kann. Davon sollen sogenannte “In-feed”-Anzeigen, wie sie auf Facebook und Twitter zu finden sind, nicht betroffen sein.
Der Carrier werde vorerst auf Opt-in-Basis einen werbefreien Service für Kunden starten, erklärte ein Vertreter des Mobilfunkanbieters. Aber auch eine weitergehende Methode sei in Planung. Sie umfasse das Vorhaben, sein gesamtes Mobilfunknetz mit Millionen Kunden werbefrei zu machen. Vor allem auf Google habe es man dabei abgesehen. Mit dem Blockieren von Werbung auf dessen Websites wolle man den Internetkonzern dazu zwingen, einen Teil seiner Werbeeinnahmen an die Carrier abzutreten.
Verstoß gegen Netzneutralität
Die als “Die Bombe” bezeichnete Radikallösung könnte sowohl aus legaler als auch aus PR-Sicht riskant sein, gab der Manager des Carriers zu. Damit würde man schließlich gegen die Richtlinien zur Netzneutralität verstoßen, die in der Europäischen Union und in den USA gelten. Diese legen fest, dass Telekommunikationsunternehmen jeglichen Datenverkehr, der durch ihre Netze geleitet wird, gleich behandeln müssen.
Doch selbst in diesen Märkten sei es möglich, Google-Anzeigen “nur für eine Stunde oder einen Tag” zu blockieren, um das Unternehmen an den Verhandlungstisch zu bringen, so der Manager weiter. Bereits seit längerer Zeit vertreten viele Netzbetreiber die Ansicht, dass Internet- und Medienkonzernen mit ihren Netzen viel Geld verdienen, ohne sich an den hohen Infrastrukturkosten zu beteiligen. Mit der Ankündigung Googles mit Project Fi ein eigenes Mobilfunkangebot in den USA zu starten, befeuerte es die Diskussion wieder.
Adblock-Technik aus Israel
Das israelische Start-up Shine hat die Technik für den Werbeblocker entwickelt. Einer der Investoren ist auch Horizon Ventures. Dies ist der Investmentfonds von Li Ka-shing, dem reichsten Mann Asiens. Unter seiner Kontrolle ist mit Hutchison Whampoa auch einer der weltgrößten Telekommunikationskonzerne. Pikanterweise will angeblich auch Google mit Hutchison Whampoa zusammenarbeiten, um sein globales Mobilfunk-Roamingangebot zu realisieren.
“Millionen Mobilfunkkunden weltweit werden bis Ende des Jahres die Opt-in-Option nutzen, um Werbung zu blockieren”, sagte Roi Carthy, Chief Marketing Officer von Shine, der Financial Times. “Wenn dies Schule macht, könnte es eine verheerende Wirkung auf die Online-Werbebranche haben.” Nach eigenen Angaben arbeitet Shine mit einer Reihe Netzbetreibern zusammen, darunter auch einem mit knapp 40 Millionen Kunden.
Google argumentiert dagegen, dass es unvernünftig von Mobilfunkanbietern wäre, Werbung zu blockieren. “Die Leute zahlen für mobile Internettarife, so dass sie auf Apps, Videostreaming, Webmail und andere beliebte Dienste zugreifen können, von denen viele werbefinanziert sind. Google und andere Firmen investieren viel in die Entwicklung dieser Dienste – und in die zugrundeliegende Infrastruktur, um sie bereitzustellen.”
Carthy hält dagegen, dass die Eliminierung aufdringlicher Anzeigen ein “Verbraucherrecht” sei, selbst wenn dies das Geschäftsmodell einiger Online-Verlage untergrabe, die auf Werbung setzten. “Online-Werbung ist außer Kontrolle und zerstört die Nutzererfahrung”, sagt er. Pop-ups, selbststartende Videos und andere Formen digitaler Werbung verschlängen 10 bis 50 Prozent des verfügbaren Datenvolumens eines Kunden.
[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]
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