Cisco und Deutsche Bahn stellen Medibus vor
Auf der Hausmesse Cisco Live 2017 in Berlin haben die Partner das gemeinsam mit der Charité seit November im Probebetrieb laufende Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Medibus soll Digitalisierung “erfahrbar” machen und die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum verbessern helfen.
Am Rande der Hausmesse Cisco Live 2017 in Berlin haben der Netzwerkausrüster und die Deutsche Bahn auch das gemeinsame Projekt Medibus der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit dem Bus, von dem es derzeit zwei unterschiedlich große Prototypen gibt, soll ein anschauliches Beispiel gegeben werden, wie sich Digitalisierung positiv auf die Lebenswirklichkeit auswirken kann. Konkret ist angedacht, damit medizinische Leistungen auf Lande zu verbessern.
Vom Medibus gibt es zwei Ausführungen: Einmal als Niederflurbus, wie man ihn aus dem Stadt- und Regionalverkehr kennt, einmal in der Größe eines Lieferwagens (Mercedes Sprinter). Der erste “Medibus” in Niederflurausführung wurde mit Unterstützung der Berliner Charité, von DB Regio, Cisco und der Firma SAVD Videodolmetschen aus Wien seit November in und um Berlin für Impfaktionen an Flüchtlingsheimen eingesetzt. Rund 10.000 Personen wurden damit versorgt.
Dabei habe sich das Fahrzeug und seine Ausstattung grundsätzlich bewährt, wie Dr. Christian Gravert, Leitender Arzt der Deutschen Bahn, auf der Cisco-Hausmesse erklärte. Der eigentliche Einsatzzweck des Medibus ist aber eine verbesserte Versorgung der ländlichen Bevölkerung mit sowohl gängigen medizinischen Leistungen als auch fachärztlichen Rat, für den dann auch auf moderne Kommunikationsmittel oder Diagnoseverfahren wie der Hautkrebsfrüherkennung durch IBM Watson zurückgegriffen werden kann.
Spannend wird es da nun, den Kostenträger zu finden. Zwar ist es nicht Ziel der Bahn, mit dem Angebot Gewinne zu erwirtschaften, wie ein Sprecher gegenüber silicon.de erklärt, sondern diene das Projekt der Imagepflege und dem Ziel, als Mobilitätsdienstleister im ländlichen Raum wahrgenommen zu werden, dennoch müssen Arzt, Fahrer und Fahrzeug irgendwie bezahlt werden. Das könnten Landkreise, Krankenhäuser oder Krankenkassen sein – wer sich der Aufgabe aber für welche Region genau annehmen wird, ist noch unklar. Zahlreiche Gespräche mit ganz unterschiedlichen potenziellen Partnern laufen aber offenbar.
Umso wichtiger ist es laut Oliver Tuszik, Vice President und Vorsitzender der Geschäftsführung Cisco Deutschland, gewesen, dass zusammen mit der Charité nun einfach einmal angepackt und das erste Projekt umgesetzt wurde, um Digitalisierung für die Menschen erfahrbar zu machen. Der Bus ist über LTE vernetzt und kann auch mit ausfahrbarer Antenne ausgerüstet werden. Wenn er wie gedacht vor Vereinsheimen, Gaststätten oder anderen wichtigen Punkten des sozialen Lebens auf dem Land Station macht, sollen diese Standorte so ausgewählt werden, dass die erreichbare Bandbreite auch Zweifler überzeugt.
Während im Probebetrieb die verbaute Videokonferenzlösung für die Übersetzungsdienste zum Einsatz kam, könnten im Regelbetrieb darüber Fachärzte aus der Ferne zugeschaltet werden. Eine weitere Möglichkeit demonstrierte IBM mit einer auf die Früherkennung von Hautkrebs ausgelegten Instanz seiner künstlichen Intelligenz Watson. Die nimmt dazu Bilder durch den Arzt als möglicherweise verdächtig eingestufter Hautstellen auf, überträgt die an Watson, der sie dann analysiert und das Ergebnis zurückgibt.
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Alle beteiligten Parteien versichern, damit weder Stellen reduzieren noch Ärzten die Arbeit wegnehmen zu wollen. Vielmehr solle das Problem angegangen werden, dass es in Deutschland zwar grundsätzlich genug Ärzte gibt, die aber “falsch” verteilt sind. Diese Auffassung vertritt zum Beispiel auch der GKV-Spitzenverband, die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland.
Der Verband teilte im Nachgang zu der 2013 vorgenommenen Bedarfsplanung mit: “Vor allem in ländlichen Gebieten können jedoch vereinzelt Versorgungsprobleme bestehen. Zwar hat sich seit Einführung der Bedarfsplanung auch in diesen Gebieten die Versorgung oft deutlich verbessert. Dennoch gibt es weiterhin Allokationsprobleme: Nach wie vor lassen sich Ärzte bevorzugt in städtischen Gebieten nieder und weniger gern in ländlichen Gegenden mit geringer Bevölkerungsdichte und schlechter Infrastruktur. Nach wie vor ist die fachärztliche Tätigkeit für viele Ärzte attraktiver als die hausärztliche und nach wie vor gibt es Regionen in denen Ärzte fehlen und Regionen in denen es viel zu viele Ärzte gibt.”
Auch die Bundesärztekammer sorgt sich um die kontinuierliche Versorgung einer älterwerdenden Bevölkerung in Deutschland: Deren im Fordern geübter Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, stellte Ende 2015 fest: “Gerade im Hinblick auf die Patientensicherheit müssen Bund und Länder daher in den Krankenhäusern für eine ausreichende Personalausstattung und Personalfinanzierung sorgen.” Notwendig seien darüber hinaus Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsverhältnisse, zur Reduktion der Arbeitsverdichtung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade zu Letzterem könnte der Medibus beitragen. Jetzt muss sich nur noch einer finden, der ihn bestellt.